
Diskoider Lupus erythematodes
Zusammenfassung
- Definition:Der diskoide Lupus erythematodes (DLE) ist die häufigste chronische Form des kutanen Lupus erythematodes, einer Autoimmunerkrankung der Haut.
- Häufigkeit:Selten, Prävalenz < 5/10.000 in Europa, jedoch 2- bis 3-mal häufiger als der systemische Lupus erythematodes. Typisches Erkrankungsalter zwischen 20 und 40 Jahren. Frauen sind 2- bis 3-mal häufiger betroffen als Männer.
- Symptome:Scharf begrenzte, gerötete, schuppende Plaques vor allem am Kopf. Im Verlauf Narbenbildung, bei Befall der Kopfhaut narbige Alopezie. Kein Juckreiz, keine Schmerzen. Erhöhte Lichtempfindlichkeit.
- Befunde:Typische Hautbefunde insbesondere in Gesicht und Kopfhaut, seltener auch an Hals, Rumpf, Ohren und Streckseiten der Extremitäten. Köbner-Phänomen (Provokation der Läsionen durch mechanische Irritation).
- Diagnostik:Klinische Verdachtsdiagnose, Bestätigung durch Hautbiopsie. Ausschluss systemischer Formen.
- Therapie:UV-Schutz, Rauchstopp. Topisch: Kortikosteroide und Calcineurininhibitoren. Systemisch: Antimalariamittel.
Allgemeine Informationen
Definition
- Der diskoide Lupus erythematodes ist die häufigste chronische Form des kutanen Lupus erythemathodes, einer Autoimmunerkrankung, die sich an der Haut manifestiert.1-2
- Typisch sind scharf abgegrenzte, scheibenförmige (diskoide) erythematöse Plaques mit lokaler Schuppenbildung und Berührungsempfindlichkeit, die zu Narbenbildung neigen.
- Prädispositionsstellen sind das Gesicht und die behaarte Kopfhaut.
- Das Auftreten von Juckreiz und und Schmerzen sprechen gegen einen diskoiden Lupus.
- Hauterscheinenungen können auch eine Manifestation des systemischen Lupus erythematodes (SLE) sein, der zwar verwandt mit den kutanen Formen ist, jedoch eine eigenständige Krankheitsentität darstellt.1-2
Klassifikation
- Man unterscheidet 4 Unterformen des kutanen Lupus erythematodes nach ihrem zeitlichen Verlauf:1-2
- akut kutaner LE (ACLE)
- subakut kutaner LE (SCLE)
- chronisch kutaner LE
- diskoider Lupus erythematodes (DLE)
- Lupus erythematodes profundus (LEP; Synonym: Lupus erythematodes panniculitis)
- Chilblain Lupus erythematodes (CHLE)
- intermittierend kutaner LE (ICLE; Synonym: Lupus erythematodes tumidus).
Häufigkeit
- Selten. Die Prävalenz wird auf < 5 pro 10.000 Einwohnern in Europa geschätzt.2
- Belastbare epidemiologische Studien existieren nicht.2
- Das typische Manifestationsalter liegt zwischen 20 und 40 Jahren.3
- Frauen sind 2- bis 3-mal häufiger betroffen als Männern, somit ist das Geschlechterverhältnis ausgeglichener als beim systemischen Lupus erythematodes.2-3
- Häufiger bei Personen afrikanischer Abstammung4
Ätiologie und Pathogenese
- Es handelt sich um eine Autoimmunerkrankung, deren Pathophysiologie zu weiten Teilen nicht verstanden ist.
- Histologisch werden Immunglobulin- und Komplement-Ablagerungen an der dermo-epidermalen Übergangszone („Lupus-Band“) und eine T-Zell-Infiltration der Dermis nachgewiesen.5
- Eine Schlüsselrolle vermutet man im Absterben von Keratinozyten, gefolgt von einer Hyperproliferation mit Verhornungsstörung.
Histologie2
- Ortho- und Parahyperkeratose, follikuläre Hyperkeratose
- Nekrotische/apoptotische Keratinozyten in der basalen Epidermis (Kolloidkörperchen) mit einer verwaschenen Grenze zwischen Dermis und Epidermis, auch als Interface-Dermatitis bezeichnet.
- Verbreiterte, verschmierte PAS-positive Basalmembran
- In der Dermis lymphozytäres Infiltrat
- Direkte Immunfluoreszenz
- Feingranuläre, bandförmige Ablagerungen entlang der Basalmembran („Lupus-Band"), bestehend aus Immunglobulinen (IgG, IgA, IgM) und Komplementfaktoren (z. B. C3) in betroffenen Hautabschnitten.
- Typischerweise ist das Lupus-Band lediglich in betroffenen Hautarealen nachweisbar, während es beim systemischen Lupus erythematodes auch in nicht betroffenen Abschnitten zu finden ist.2
Prädisponierende Faktoren
- Ultraviolettes Licht ist einer der wichtigsten Provokationsfaktoren. UV-A/B-Strahlung kann zum Auftreten von neuen oder Zunahme vorhandener Läsionen führen.1-3
- Rauchen gilt als Risikofaktor für einen diskoiden Lupus erythematodes. Nikotinkonsum ist darüber hinaus assoziiert mit einem schweren Verlauf und einem schlechten Ansprechen auf die Behandlung mit systemischen Antimalariamitteln.1-2,6-7
ICPC-2
- S99 Hautkrankheit, andere
ICD-10
- L93 Lupus erythematodes
- L93.0 Diskoider Lupus erythematodes
Diagnostik
Diagnostische Kriterien
- Typische Anamnese und klinischer Befund
- Zur Diagnosesicherung sollte eine Hautbiopsie erfolgen.
- Blutuntersuchungen inklusive Serologie zum Ausschluss von Differenzialdiagnosen
- Wichtig ist insbesondere eine sorfältige Abgrenzung vom systemischen Lupus erythematodes, da dieser sich in Prognose und Therapie unterscheidet.
Differenzialdiagnosen
- Systemischer Lupus erythematodes, medikamenteninduzierte Formen
- Andere Formen des kutanen Lupus erythematodes
- Chronische polymorphe Lichtdermatose
- Rosazea
- Lupus vulgaris (Hauttuberkulose)
- Psoriasis
- Tinea faciei
- Sarkoidose
- Lichen ruber planus
- Senile Keratosen und Karzinome (solitäre Läsionen bei älteren Patienten)
Anamnese2
- Chronische gerötete und schuppende Läsionen an Gesicht und Hals, die sich allmählich vergrößern.
- Starker Juckreiz oder Schmerzen sprechen gegen einen diskoiden Lupus erythematodes.
- Möglicherweise Provokation der Läsionen durch Lichtexposition (Sonnenlicht, Solarium) oder Irritationen (z. B. Kratzen)
- Kein allgemeines Krankheitsgefühl, keine weiteren Symptome
- Raucheranamnese
- Eine ausführliche Anamnese ist wichtig, um Hinweise auf eine systemische Beteiligung nicht zu übersehen.1
Klinische Untersuchung
Hautbefund
- Scheibenförmige, scharf begrenzte, gerötete Plaques mit festhaftenden Schuppen in Gesicht, auf den Ohren, auf der Kopfhaut, am Nacken und an den Streckseiten der Extremitäten2-3,8
- Hyperästhesie der Läsionen
- Das Ablösen der Schuppen ist schmerzhaft; es zeigen sich darunter kleine Hornzapfen, die die Schuppen in den Follikelöffnungen fixieren (Tapeziernagelphänomen).
- Im weiter Verlauf kann es unbehandelt zu zentraler Narbenbildung kommen, die bei Befall der Kopfhaut mit Haarausfall einhergeht.
- Ein disseminierter Befall auch abseits des Kopfes macht einen systemischen Lupus erythematodes wahrscheinlicher.
- Selten: Schleimhautbeteiligung, insbesondere Wangenschleimhaut
- Köbner-Phänomen: Provokation von Läsionen durch mechanische Irritation wie Kratzen, Impfungen, Bissverletzungen2
- typisch beim diskoiden Lupus erythematodes
Weitere körperliche Untersuchung
- Hinweise auf systemische Beteiligung?
- Arthritis
- Perikarditis
- Pleuritis
- Aszites
- neurologischer Status
Ergänzende Untersuchungen in der Hausarztpraxis2
- Basislabor: Blutsenkungsgeschwindigkeit, CRP-Wert, Differenzialblutbild, Nierenfunktion, Elektrolyte, Transaminasen, Cholestaseparameter (GGT, AP), Kreatinkinase (CK), Laktatdehydrogenase. 2
- Eine erhöhte Blutsenkungsgeschwindigkeit spricht für einen systemischen Lupus erythematodes und gegen eine kutane Form.
- Ein erhöhter CRP-Wert spricht für ein infektiöses Geschehen oder Serositis.
- Zytopenien, insbesondere eine Thrombozytopenie, sprechen für eine systemische Form.
- Erhöhungen von CK und LDH können für eine begleitende Myositis sprechen.
- Urindiagnostik
- Mikrohämaturie?
- Urinsediment – dysmorphe Erythrozyten, Akanthozyten, Erythrozytenzylindern als Hinweis auf eine Glomerulonephritis.
- Serologie
- Screening durch Bestimmung von anti-nukleären Antikörpern (ANA) und anti-Doppelstrang-DNA-Antikörpern (anti-dsDNS)
- ANA können beim kutanen Lupus nachweisbar sein; hohe Titer sprechen für eine Systemerkrankung.
- anti-dsDNS-Antikörper sprechen für einen systemischen Lupus erythematodes.
- ggf. nach Diagnosesicherung: ANA-/ENA-Blot, Komplementfaktoren C3 und C4, Antiphospholipid-Antikörper, PTT, Immunglobuline, Rheumafaktor
Diagnostik beim Spezialisten
- Hautbiopsie2
- 4 mm Stanzbiopsie
- Entnahme aus dem aktiven Zentrum oder dem aktiven Randbereich eines nicht vorbehandelten Areals
- In der Regel reicht eine einfache histopathologische Untersuchung aus.
- in Einzelfällen: direkte Immunfluoreszenz aus nicht lichtexponierten Läsionen zum Nachweis eines Lupus-Bandes
- Erfordert einen speziellen Transport in flüssigem Stickstoff oder Transportpuffer.
- Apparative Untersuchungen
- nur bei klinischem Verdacht indiziert2
Indikationen zur Überweisung
- Bei Verdacht auf diskoiden Lupus erythematodes: Überweisung zum Dermatologen
- Bei Hinweis auf eine Systemerkrankung: Überweisung zum Rheumatologen
- Bei Therapierefraktärität
Therapie
Therapieziel
- Linderung der Entzündung
- Begrenzung der Narbenbildung
- Prävention von neuen Läsionen
Allgemeines zur Therapie
- Es ist wichtig, einen diskoiden Lupus erythematodes frühzeitig zu erkennen und zu behandeln. Unbehandelt steigt die Gefahr der Narbenbildung, der permanenten Alopezie und der Hypo- und Hyperpigmentierung.
- Es gibt keine offiziell für diese Indikation zugelassenen Präparate; die Therapie erfolgt somit meist „off label“.1 Methodisch hochwertige Studien gibt es kaum.1-2,9
- Die Therapie umfasst in erster Linie topische Steroide und Präparate gegen Malaria. Bei schlechtem Ansprechen auf diese Arzneimittel kommen systemische Steroide und Immunsuppressiva zum Einsatz.
- Ein großer Stellenwert kommt der Prophylaxe von neuen Läsionen durch konsequenten Lichtschutz und Rauchstopp zu.1-2
- Eine die Photosensitivität erhöhende Therapie, z. B. mit Thiaziden, Piroxicam oder Doxycyclin, sollte vermieden werden.
Empfehlungen für Patienten
Medikamentöse Therapie
Verlauf, Komplikationen und Prognose
Verlauf
- Meist chronischer Verlauf
- Remissionen und neue Ausbrüche wechseln sich ab.
- In den meisten Fällen bleiben die Erkrankung auf die Haut begrenzt. Ein Übergang des diskoiden Lupus erythematodes in einen systemischen Lupus erythematodes ist selten (< 5 %).2
- Die Ausdehnung der Hautbeteiligung gilt als prognostischer Marker.12-13
- Für einen Übergang in systemische Formen sprechen darüberhinaus immunologische Befunde (s. o.) und Zeichen einer Nierenschädigung wie Hämaturie und Proteinurie.2
Komplikationen
- Narbenbildung mit Hypo-/Hyperpigmentierung und Alopezie
- Psychische Belastung
- Übergang zu systemischem Lupus erythematodes
- Entwicklung eines Plattenepithelkarzinoms in abgeheilten Narben (selten)
Prognose
- Gut, insbesondere bei lokalisierten Formen
Patienteninformationen
Patienteninformationen in Deximed
Illustrationen
Quellen
Leitlinien
- European Dermatology Forum. S2k guideline for treatment of cutaneous lupus erythematosus, Stand 2016. www.euroderm.org
- Deutsche Dermatologische Gesellschaft. Kutaner Lupus Erythematodes. S1-Leitlinie, AWMF-Registernummer 013-060, Stand 2008. www.awmf.org
Literatur
- Kuhn A, Aberer E, Bata-Csörgő Z, Caproni M, Dreher A, Frances C, Gläser R, Klötgen HW, Landmann A, Marinovic B, Nyberg F, Olteanu R, Ranki A, Szepietowski JC, Volc-Platzer B. S2k guideline for treatment of cutaneous lupus erythematosus - guided by the European Dermatology Forum (EDF) in cooperation with the European Academy of Dermatology and Venereology (EADV). J Eur Acad Dermatol Venereol. 2017 Mar;31(3):389-404. PubMed PMID: 27859683. PubMed
- Deutsche Dermatologische Gesellschaft (DDG): Kutaner Lupus Erythematodes, S1-Leitlinie, AWMF-Nr. 013/060, Stand 01.11.2008, http://www.awmf.org www.awmf.org
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Autoren
- Dietrich August, Arzt, Freiburg
- Ove Bäck, professor emeritus och överläkare, Hudkliniken, Skånes universitetssjukhus (Medibas)
- Terje Johannessen, professor i allmennmedisin, Institutt for samfunnsmedisinske fag, Norges teknisk-naturvitenskapelige universitet, Trondheim
- Sylvi Torvund, spesialist i allmennmedisin, Nidarvold legesenter, Trondheim
- Kristin Ryggen, overlege, Hudavdelingen, Regionsykehuset i Trondheim