Allergieprävention
Bei einer Allergie handelt es sich um eine Überempfindlichkeit des Immunsystems gegenüber bestimmten Substanzen. Allergische Erkrankungen sind in Deutschland recht häufig, die Ursachen für eine Allergie sind jedoch bis heute nicht endgültig geklärt. Es gibt aber Empfehlungen, die das Risiko für Allergien senken können, insbesondere in Familien mit häufigen Allergieerkrankungen.
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https://deximed.de/home/klinische-themen/allergien/patienteninformationen/allergien-allgemeines/allergiepraevention/Was ist eine Allergie?
Als Allergie bezeichnet man eine Überempfindlichkeit (Hypersensitivität) des körpereigenen Immunsystems gegenüber bestimmten Stoffen, mit denen der Körper beispielsweise über die Luft oder die Nahrung in Kontakt kommt. Diese Substanzen, die bei gesunden Personen keine gesundheitlichen Probleme verursachen, bezeichnet man als Allergene. Zu den häufigsten allergischen Erkrankungen gehören Heuschnupfen, Asthma, Nahrungsmittelallergien und Neurodermitis. Die meisten Allergien treten zuerst im Kindes- und Jugendalter auf.
Die Ursachen für die Entstehung einer Allergie sind nicht endgültig geklärt. Ein nachgewiesener Faktor für die Entstehung einer Allergie ist eine erbliche Veranlagung. Kinder, die ein Elternteil oder Geschwister mit allergischer Erkrankung in der Familie haben, tragen ein erhöhtes Risiko für Allergien. Die Häufigkeit von Allergien in der Familie sowie die Art und der Schweregrad sind in diesem Zusammenhang von Bedeutung. Nichtsdestoweniger treten Allergien auch ohne andere Betroffene in der Familie auf. Als weitere Faktoren werden Tabakrauch, eine gestörte Hautbarriere und Stress diskutiert.
Häufigkeit
Studien zufolge sind 28,1 % der Erwachsenen in Deutschland aktuell von einer allergischen Erkrankung (ausgenommen allergisches Asthma) betroffen. 8,6 % der Erwachsenen leiden im Lauf ihres Lebens an Asthma. Während bei Kindern und Jugendlichen oft mehr Jungen als Mädchen an Allergien leiden oder das Verhältnis ausgeglichen ist, sind im Erwachsenenalter für alle allergischen Erkrankungen mehr Frauen als Männer betroffen.
Vorbeugung (Prävention) von Allergien
Es existieren viele Theorien und Empfehlungen, wie man der Entstehung von Allergien vorbeugen kann (Primärprävention). Im Folgenden finden Sie einige Empfehlungen, die einen nachgewiesenen Effekt in der Vorbeugung von Allergien und allergischen Erkrankungen haben.
Ernährung
Bezüglich der Ernährung gibt es keine eindeutigen Hinweise auf bestimmte Lebensmittel, die das Risiko für Allergien stark beeinflussen. Generell wird Schwangeren und Stillenden eine normale, ausgewogene und vollwertige Ernährung empfohlen. Diese beinhaltet auch den Verzehr von Gemüse, Milch/Milchprodukten (einschl. fermentierter Milchprodukte wie Joghurt), Obst, Nüssen, Eiern und Fisch. Von der mütterlichen Vermeidung bestimmter Lebensmittel zur Allergieprävention wird während der Schwangerschaft und Stillzeit abgeraten.
Stillen
Das Stillen hat viele positive Effekte, sowohl für die Mutter als auch das Kind. Auch bezüglich allergischer Erkrankungen hat die Muttermilch günstige Eigenschaften und verringert die Wahrscheinlichkeit für Allergien. Für den Zeitraum der ersten 4–6 Monate soll daher nach Möglichkeit ausschließlich gestillt werden. Auch bei der Einführung von Beikost soll weitergestillt werden.
Muttermilchersatz
In Fällen, in denen nicht oder nicht ausreichend gestillt werden kann, wird den Kindern zusätzliche Säuglingsnahrung gegeben. Bei Kindern aus Familien mit häufigen allergischen Erkrankungen wird geprüft, ob bis zur Einführung von Beikost eine Säuglingsanfangsnahrung mit nachgewiesener Wirksamkeit zur Allergieprävention verfügbar ist. Sojabasierte Säuglingsnahrungen und Getreidedrinks sind im Hinblick auf Allergieprävention nicht geeignet und sollen folglich nicht zu diesem Zweck gegeben werden.
Beikost und Ernährung des Kindes im 1. Lebensjahr
In Deutschland wird aktuell empfohlen, abhängig von der Bereitschaft des Säuglings frühestens ab Beginn des 5. und spätestens ab Beginn des 7. Lebensmonats eine zusätzliche Beikost einzuführen, auch weil in dieser Zeit der Nährstoffbedarf des Kindes steigt. Diesen Schritt hinauszuzögern oder bestimmte Lebensmittel in der Beikost zu vermeiden, hat keinen nachgewiesenen Effekt bei der Entstehung von Allergien und wird daher nicht empfohlen. Durcherhitztes (z. B. verbackenes oder hartgekochtes), aber nicht „rohes“ Hühnerei (auch kein Rührei) sollte mit der Beikost eingeführt und regelmäßig gegeben werden. In Familien mit regelmäßigem Erdnusskonsum kann im Zuge der Beikosteinführung erwogen werden, altersgerechte Erdnussprodukte wie Erdnussbutter einzuführen und regelmäßig zu geben.
Körpergewicht
Übergewicht und Fettleibigkeit ist neben Asthma mit vielen anderen Erkrankungen verknüpft. Daher sollten Kinder sowie Frauen vor und in der Schwangerschaft Übergewicht auch zur Vorbeugung von allergischen Erkrankungen vermeiden.
Umgebung des Kindes
Einige Bedingungen in der häuslichen Umgebung des Kindes erhöhen das Risiko für allergische Erkrankungen. So kann eine zu hohe Luftfeuchtigkeit zu Schimmelpilz führen. Dies sollte z. B. durch regelmäßiges Lüften vermieden werden.
Haustiere stellen generell bei gesunden Kindern aus Familien ohne allergische Erkrankungen kein Problem dar. Familien mit erhöhtem Allergierisiko oder mit Kindern mit bereits bestehendem atopischem Ekzem sollten keine Katze neu anschaffen. Hunde stellen kaum Probleme für allergiegefährdete Kinder dar.
Rauchen soll während der Schwangerschaft und in der Anwesenheit von Kindern vermieden werden, auch weil es einen Risikofaktor für viele weitere Erkrankungen darstellt. Andere Luftschadstoffe, z. B. von Maler- oder Renovierungsarbeiten sowie Kfz-Emissionen, sollten gemieden werden.
Impfungen
Alle Kinder sollten die von der Ständigen Impfkommission (STIKO) empfohlenen Impfungen erhalten.
Kaiserschnitt
Es gibt Hinweise darauf, dass Kinder, die durch einen Kaiserschnitt auf die Welt kommen, ein erhöhtes Allergierisiko haben. Dies sollte bei der Wahl des Geburtsverfahrens berücksichtigt werden, sofern kein medizinischer Anlass für einen Kaiserschnitt besteht.
Weitere Einflussfaktoren
Es gibt eine Reihe weiterer möglicher Einflussfaktoren wie bestimmte Lebensmittel, Probiotika, Vitamin D, die Hygienegewohnheiten oder die psychosoziale Umgebung des Kindes, die unter Umständen einen Einfluss auf die Häufigkeit von Allergien haben könnten. Schwangere und gesunde Säuglinge oder ältere Kinder sollen nicht aus Gründen der Allergieprävention Probiotika, Präbiotika oder Vitaminsupplemente einnehmen. Säuglinge und Kinder mit sichtbar trockener Haut sollten regelmäßig eingecremt werden.
Maßnahmen bei Kindern, die bereits Allergien entwickelt haben
Bei Kindern, die bereits eine allergische Erkrankung haben, sollten möglichst früh Maßnahmen ergriffen werden (Sekundärprävention). Der wichtigste Ansatz ist dabei, die Allergene, also die auslösenden Stoffe, so weit wie möglich zu vermeiden. In manchen Fällen führt eine früh begonnene, effektive Therapie zu Beschwerdefreiheit und höherer Lebensqualität. Zudem haben Personen mit allergischen Erkrankungen ein erhöhtes Risiko, weitere Allergien/Symptome zu entwickeln. Das Ziel ist es daher, eine Verschlimmerung der Erkrankung sowie die Entwicklung anderer Allergien und Symptome im Verlauf des Lebens zu verhindern und notwendige Medikamente zu reduzieren.
Meidung von Allergenen
Bei Kindern mit allergischen Erkrankungen wie Heuschnupfen, Asthma und Nahrungsmittelallergien ist das Vermeiden des Kontaktes mit den auslösenden Stoffen (Allergene), auf die das Kind reagiert, ein logischer Teil der Therapie. Voraussetzung dafür ist, dass dieser Stoff vorher identifiziert wurde. Bei einer Allergie gegen Nahrungsmittel kann dann beispielsweise die Ernährung angepasst werden, bei einer Hausstaubmilbenallergie können spezielle Matratzenüberzüge helfen.
Umgebungsanpassungen
Das Innenraumklima, insbesondere Tabakrauch, spielt eine entscheidende Rolle für das Auftreten von Asthma-Symptomen bei Kindern. Belastungen durch Tabakrauch und andere Reizstoffe vermehren Beschwerden der Atemwege, sorgen für eine schlechtere Langzeitprognose und erhöhen den Bedarf an Medikamenten. Tabakrauch scheint eine der wichtigsten auslösenden Ursachen von Asthma-Symptomen zu sein, die vermeidbar sind.
Hyposensibilisierung
Bei manchen allergischen Erkrankungen, z. B. Heuschnupfen, hat sich eine hyposensibilisierende Therapie als wirksame Behandlungsmaßnahme erwiesen. Dies gilt vor allem, wenn eine solche Behandlung frühzeitig durchgeführt wird. Dabei werden die auslösenden Allergene in schrittweise steigender Konzentration und Menge bis zu einer bestimmten Höchstdosis verabreicht. Dadurch werden Antikörper, toleranzinduzierende Zellen und Botenstoffe aktiviert, die eine weitere Verstärkung der allergischen Immunantwort verhindern und die Entzündungsreaktion im Gewebe dämpfen.
Weitere Informationen
- Allergie
- Asthma
- Asthma bei Kindern
- Heuschnupfen (allergische Rhinitis)
- Nahrungmittelunverträglichkeit und Nahrungsmittelallergie
- Atopisches Ekzem (Neurodermitis)
- Rauchen schadet Ihrer Gesundheit
- Warum sollten Sie das Rauchen aufgeben, und wie gelingt es?
- Allergieprävention – Informationen für ärztliches Personal
Autor
- Markus Plank, MSc BSc, Medizin- und Wissenschaftsjournalist, Wien
Quellen
Literatur
Dieser Artikel basiert auf dem Fachartikel Allergieprävention. Nachfolgend finden Sie die Literaturliste aus diesem Dokument.
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