Zum Hauptinhalt springen

Hypogonadismus bei Männern

Unter Hypogonadismus bei Männern versteht man eine hormonelle (endokrine) Funktionsstörungen, die zu einem Testosteronmangel führt. Die Ursache kann in einer gestörten Testosteronproduktion in den Hoden selbst oder einer Störung von übergeordneten Hormonsteuerzentren im Gehirn liegen. Je nach Zeitpunkt des Eintretens des Testosteronmangels unterscheiden sich die körperlichen Auswirkungen.

Zuletzt bearbeitet: Zuletzt revidiert:


Was ist Hypogonadismus?

Definition

Hypogonadismus zählt zu den endokrinen (hormonellen) Funktionsstörungen und bedeutet, dass der Hoden nicht genug Testosteron produziert. Die Auswirkungen eines Hypogonadismus sind verschieden, je nachdem, zu welchem Zeitpunkt sie auftreten: vor oder nach der Pubertät, oder im höheren Lebensalter (sog. Late-Onset-Hypogonadismus). Es können mehrere Formen des Hypogonadismus unterschieden werden.

  • Primärer Hypogonadismus bedeutet, dass die Ursache der verminderten Produktion im Hoden selbst liegt. Der Hypothalamus und die Hypophyse versuchen dem entgegenzusteuern, indem sie vermehrt Freisetzungshormone – LH (Luteinisierendes Hormon) und FSH (Follikel-stimulierendes Hormon) – produzieren. Man spricht deshalb auch von einem hypergonadotropen Hypogonadismus, als Ausdruck der vermehrten Produktion von Hoden-stimulierenden Hormonen.
  • Sekundärer Hypogonadismus bedeutet, dass die Störung auf der Ebene der Hypophyse liegt. Dadurch wird zu wenig der Hoden-stimulierenden Hormone (LH, FSH und Gonadotropin-Releasing-Hormon = GnRH) ausgeschüttet.
  • Beim tertiären Hypogonadismus liegt das Problem auf der Ebene des Hypothalamus.

Symptome

Die Symptome sind abhängig davon, ob der Hypogonadismus vor oder nach der Pubertät auftritt. Handelt es sich um einen angeborenen Hypogonadismus, ist eine Entwicklungsverzögerung die Folge. Die normale Pubertät, bei der es zur Ausbildung maskuliner Züge kommt, bleibt aus. Ohne Therapie entsteht ein typischer Körperbau mit fehlendem Bartwuchs, langen Gliedmaßen, dem Wachstum der Brustdrüse (Gynäkomastie) und kleinen Geschlechtsteilen. Zudem besteht ggf. eine hohe Stimmlage. Die Ausprägung der Symptome ist variabel.

Tritt der Hypogonadismus erst nach der Pubertät auf, so zeigen sich andere Symptome. Dazu gehören ein verminderter Sexualtrieb (Libido), ein eingeschränktes Erektionsvermögens (erektile Dysfunktion), Gynäkomastie (verstärktes Wachstum der Brust), eingeschränkte Fertilität, schnelle Erschöpfbarkeit sowie Müdigkeit. Seltenere Symptome können Hitzewallungen, Schlaflosigkeit, Kopfschmerzen und je nach Ursache ggf. weitere Symptome sein. Später zeigen sich Symptome wie eine allgemeine Schwäche, eine reduzierte Muskelkraft und -masse sowie Knochendichte, Muskel- und Gelenkschmerzen, reduzierte Körperbehaarung, Blutarmut (Anämie) sowie eine Neigung zu Depressionen.

Ursachen

Ursachen können z. B. eine vorhergehende Infektion (z. B. durch Masern, HIV ) bzw. Entzündung des Hodens (Orchitis durch Mumps), äußere Verletzungen sowie eine Strahlentherapie oder eine Chemotherapie bei Krebserkrankungen sein. Es gibt auch angeborene Ursachen für einen Hypogonadismus, z. B. das Klinefelter-Syndrom.

Ein sekundärer Hypogonadismus bedeutet, dass die Störung auf der Ebene der Hypophyse liegt. Es wird zu wenig GnRH sowie LH und FSH ausgeschüttet, wodurch der Hoden weniger stimuliert wird. Als Ursache kommen u. a. Erkrankungen der Hypophyse (z. B. Infektionen, Verletzungen, gut- oder bösartige Tumoren, Prolaktinom), bestimmte Medikamente sowie Stoffwechselstörungen wie Diabetes oder Adipositas  infrage. Manchmal lässt sich keine eindeutige Ursache benennen.

Beim tertiären Hypogonadismus liegt das Problem auf der Ebene des Hypothalamus, sprich in einer verminderten Ausschüttung von GnRH.

Häufigkeit

Je nach Definition und Studienpopulation liegt die weltweite Häufigkeit des Testosteronmangels bei 10–40 %. Mit dem Alter steigt die Wahrscheinlichkeit (ca. 2 % in der Altersgruppe 40‒49 Jahre bis 34 % in der Altersgruppe 70‒79 Jahre). In Studien an Männern mit Erektionsstörung wurde ein Hypogonadismus bei 4 bzw. 10 % der Patienten unter bzw. über 50 Jahren festgestellt.

Untersuchungen

  • Neben der Schilderung der Beschwerden kann die körperliche Untersuchung den Verdacht auf einen Hypogonadismus erhärten.
  • Die Diagnose wird letztlich anhand der entsprechenden Hormonwerte (u. a. Testosteron, LH, FSH) gestellt.
  • In der Regel werden Blutwerte (u. a. Blutbild, Leber-, Entzündungs-, Nierenwerte) bestimmt.
  • Bei Patienten mit primärem Hypogonadismus kann nach entsprechender genetischer Beratung eine Chromosomenanalyse infrage kommen.
  • Besteht ein unerfüllter Kinderwunsch, kann ggf. die Untersuchung des Spermas (Spermiogramm) sinnvoll sein. Diese und weitere Untersuchungen erfolgen bei Spezialist*innen.

Behandlung

  • Durch eine Testosteronbehandlung kann der Testosteronmangel ausgeglichen werden. Wenn der Hypogonadimus vor der Pubertät einsetzt, soll hiermit die Entwicklung eines Hypogonadismus-typischen Körperbaus verhindert werden. Tritt der Hypogonadismus im Erwachsenenalter auf, können durch einen Testosteronersatz Symptome wie Libidoverlust, erektile Dysfunktion, Müdigkeit und Muskelverlust behandelt werden.
  • Testosteron kann wahlweise u. a. über eine Injektion, als Depotpflaster oder in Form eines Gels verabreicht werden. Ziel ist es, einen langfristig konstanten Testosteronspiegel im Körper zu erreichen. Falls ein unerfüllter Kinderwunsch besteht, können Gonadotropine verabreicht werden.
  • Eine Testosteronersatztherapie kann auch andere Organsysteme des Körpers beeinflussen. Es kann zu einer Zunahme der roten Blutkörperchen (Erythrozyten) kommen. Hautprobleme können auftreten. Durch die Testosteronzufuhr kann es zudem zu einer Hodenverkleinerung und zu einer Verringerung der Fertilität kommen. Letztere sind in der Regel nach dem Absetzen der Therapie rückläufig. Eine Testosteronbehandlung darf nicht durchgeführt werden, wenn ein Prostatakarzinom bekannt ist. Aufgrund der möglichen Nebenwirkungen bedarf es regelmäßiger Kontrolluntersuchungen.
  • Der altersbedingte Hypogonadismus (Late-Onset-Hypogonadismus) wird vorrangig durch eine Veränderung des Lebensstils behandelt. Vermehrte körperliche Aktivität und Gewichtsreduktion sind die ersten Schritte. Durch diese Maßnahmen kann der Testosteronspiegel oft schon deutlich erhöht werden.

Prognose

  • Bei sekundärem Hypogonadismus hängt die Prognose von der Ursache ab.
  • Kontrolluntersuchungen sind 3, 6 und 12 Monate nach Beginn der Testosteronersatztherapie, danach jährlich nötig.

Weitere Informationen

Autor

  • Markus Plank, MSc BSc, Medizin- und Wissenschaftsjournalist, Wien