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Was tun bei Gehirnerschütterung?

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Was ist eine Gehirnerschütterung?

Bei Gewalteinwirkung auf den Kopf (Schlag oder Aufprall) kann das Gehirn vorübergehend in seiner Funktion gestört werden. Auch der Schädelknochen, die Kopfschwarte oder Gefäße im Kopf können verletzt werden. In der Medizin wird häufig der Begriff leichtes Schädel-Hirn-Trauma verwendet.

Die Gehirnerschütterung entsteht, wenn das Gehirn bei einem Aufprall von innen gegen die Schädeldecke stößt.

Unfallmechanismen

Typische Unfallmechanismen bei Erwachsenen und Kindern sind:

  • Stürze und freier Fall 
  • Auto-, Fahrrad- und Motorradunfälle
  • Sportunfälle (z. B. Zusammenprall mit Mitspieler*innen), Kontaktsportarten (z. B. Boxen, Karate)
  • Schlag auf den Kopf mit Gegenständen (z. B. Ball oder Spielzeug)
  • Misshandlung.

Symptome

Je nach Schweregrad variieren die Beschwerden und das Verhalten der Betroffenen. Zu den typischen Symptomen gehören:

  • Kopfschmerzen
    • sehr häufiges Symptom
    • Bei Babys äußern sich Kopfschmerzen z. B. durch Reizbarkeit oder Weinen.
  • Störung des Bewusstseins
    • Nur 5 % der Betroffenen verlieren das Bewusstsein komplett (und dann meist weniger als 1 Minute).
  • Übelkeit und Erbrechen
  • Schwindel
  • Erinnerungslücken oder ein schlechteres Gedächtnis
  • Konzentrationsschwäche
  • Schwellung der Kopfhaut.

Wann sollten Sie ärztliche Hilfe suchen?

  • Bei jedem Verdacht auf eine Gehirnerschütterung sollten Sie schnellstmöglich Kontakt zu medizinischem Personal aufnehmen.
  • Kontaktieren Sie Ihre Ärztin/Ihren Arzt erneut, wenn sich die Beschwerden verschlechtern oder neue Symptome auftreten, z. B.:
    • zunehmende Kopfschmerzen 
    • schlechte Erweckbarkeit
    • wiederholtes Erbrechen
    • Verwirrtheit
    • Sprachprobleme oder Sehstörung
    • Krampfanfall
    • Austritt von Flüssigkeit oder Blut aus Ohr oder Nase
    • bei Kindern: Ungeschicktheit, verändertes Verhalten, unaufhaltsames Weinen.

Behandlung

Sofortmaßnahmen

  • Legen Sie sich hin. Der Oberkörper kann leicht erhöht gelagert werden.
  • Es sollte jemand bei Ihnen bleiben.
  • Bis zur ärztlichen Untersuchung sollte nichts gegessen oder getrunken werden.

Weitere Behandlung

  • Gegen Übelkeit, Schwindel und Kopfschmerzen können Medikamente verschrieben werden. Beginnen Sie nicht mit der Einnahme von Schmerzmitteln ohne ärztlichen Rat!
  • Je nach Schweregrad:
    • Überwachung im Krankenhaus 
    • Entlassung nach Hause mit Informationen an die Betroffenen und die Angehörigen.

Überwachung zu Hause

  • Auch nach einem Arztbesuch sollten Betroffene in den ersten 24 Stunden nicht alleine gelassen, sondern überwacht werden.
  • In manchen Fällen empfehlen Ärzt*innen ein regelmäßiges Wecken (z. B. stündlich). In diesen Fällen sollte die Person ihre Umgebung und die Bezugsperson erkennen.

Was können Sie selbst tun?

  • Ruhen Sie sich körperlich und geistig für 1 bis 2 Tage aus.
    • Vermeiden Sie Fernsehen, Lesen, Arbeiten, anregende Gespräche oder Spielen am Computer.
    • Vermeiden Sie Sport.
    • Halten Sie Bettruhe ein.
  • Beginnen Sie nach der Ruhezeit schrittweise mit leichten Aktivitäten, die Ihre Beschwerden nicht verschlimmern.
    • Eine zweite Kopfverletzung innerhalb kurzer Zeit hat ein höheres Risiko für einen schweren Verlauf.
  • Sportler*innen, die sich nur langsam erholen, können im Verlauf von leichter körperliche Belastung und Physiotherapie profitieren.

Vorbeugung

  • Tragen Sie einen gutsitzenden Helm beim Rad- und Skifahren, Bergsteigen, Klettern, Inline-Skaten, Skateboarden, Reiten oder anderen Aktivitäten mit erhöhtem Risiko für Kopfverletzungen.
  • Kinder sollten im Auto immer einen passenden Kindersitz haben.
  • Wenn kleinere Kinder im Haus sind, sollten Fenster-, Treppen- und Balkonbereich auf mögliche Gefahrenquellen überprüft werden.
  • Säuglinge auf einer Wickelkommode sollten nicht unbeobachtet gelassen werden.

Prognose

  • 85 % der Betroffenen haben höchstens 1 Woche lang Beschwerden. Spätestens nach 1 Monat sind bei den allermeisten die Symptome verschwunden.
  • Manche Menschen haben noch viele Wochen nach dem Unfall Beschwerden wie Kopfschmerzen, Schläfrigkeit, Ängstlichkeit oder Gedächtnislücken. Dies betrifft besonders:
    • Menschen mit Migräne, Lernstörungen, Gedächtnisstörungen, Angst oder Depression
    • Kinder, Jugendliche und Frauen
    • Sportler*innen, deren Kopf besonders häufig Schlägen ausgesetzt sind.

Weitere Informationen

Autorin

  • Hannah Brand, Dr. med., Ärztin, Berlin

Quellen

Literatur

Dieser Artikel basiert auf dem Fachartikel Kopfverletzungen. Nachfolgend finden Sie die Literaturliste aus diesem Dokument.

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Quellen