Zum Hauptinhalt springen

Stürze bei älteren Menschen

Stürze bei älteren Menschen kommen häufiger vor. Oft sind äußere Umstände wie Stolperfallen in der Wohnung oder schlechte Beleuchtung der Grund, aber auch die nachlassende Gesundheit kann zu Stürzen führen. Wichtig ist, die Ursachen für Stürze im Alltag zu erkennen und zu beseitigen. Auch Bewegungstraining kann helfen, Stürzen vorzubeugen.

Zuletzt revidiert:


Was sind Stürze bei älteren Menschen?

Definition

Ein Sturz ist ein Ereignis, bei dem Betroffene unbeabsichtigt auf dem Boden zu liegen kommen.

Stürze im Alter sind ein Zeichen für die nachlassende Gesundheit der Betroffenen und auch ein Risikofaktor für die Unterbringung in einer Pflegeeinrichtung.

Ältere Menschen, die stürzen, sind deutlich häufiger bei Ärzt*innen, im Krankenhaus oder in der Notfallambulanz als Menschen, die nicht davon betroffen sind.

Die Folgen von Stürzen sind u. a.:

  • Angst vor erneuten Stürzen
  • Verlust des Selbstvertrauens beim Gehen
  • soziale Isolation
  • Depressionen

Ursachen

Stürze sind meistens auf eine Kombination verschiedener Ursachen zurückzuführen. In etwa der Hälfte der Fälle sind äußere Bedingungen verantwortlich, z. B. Teppiche als Stolperfallen, schlechtes Licht, unpassendes Schuhwerk.

Wer sich aus Angst vor weiteren Stürzen weniger bewegt, kann in einen Teufelskreis geraten: Wird die körperliche Aktivität reduziert, steigt das Sturzrisiko.

Stürze können auch Folge gesundheitlicher Probleme sein, die im fortschreitenden Alter häufiger auftreten:

Außerdem haben einige Arzneimittel ein erhöhtes Sturzrisiko als Nebenwirkung (z. B. Schmerzmittel, Schlafmittel).

Risikofaktoren für (wiederholte) Stürze

  • Frauen über 80 Jahre
  • Vorherige Stürze und die Angst vor weiteren Stürzen
  • Kognitive Beeinträchtigung: Demenz, Verwirrtheit
  • Beeinträchtigte Mobilität
  • Schwindel, Verlust des Gleichgewichts
  • Beeinträchtigtes Sehvermögen
  • Niedriger Body-Mass-Index (Mangelernährung)
  • Gleichzeitige Einnahme von mehr als vier Medikamenten (Multimedikation)
  • Psychopharmaka
  • Drei oder mehr chronische Erkrankungen (Multimorbidität)

Häufigkeit

Etwa 1/3 aller Menschen im Alter über 65 Jahre hat mindestens ein Sturzerlebnis pro Jahr. Frauen stürzen häufiger als Männer.

Nur in wenigen Fällen treten Knochenbrüche auf, aber Frakturen sind mit einer höheren Sterblichkeitsrate bei den Betroffenen verbunden.

Untersuchungen

In der Hausarztpraxis

Bei der ärztlichen Anamnese wird der Ablauf des Sturzereignisses rekonstruiert:

  • Was ist passiert, wann, wo und warum ist der Sturz geschehen?
  • War die Person bewusstlos?
  • Gab es vorher bereits Stürze?
  • Welche Medikamente wurden eingenommen?
  • Gab es Begleitsymptome wie Schwindel oder Lähmungen?
  • Gibt es weitere gesundheitliche Probleme?
  • Wie sind die Bedingungen im Haushalt (Beleuchtung, Stolperfallen)?

Nach der körperlichen Untersuchung auf Verletzungen werden die möglicherweise zugrunde liegenden Ursachen erfasst, z. B. niedriger Blutdruck, Fieber, Schlaganfall, Medikamentennebenwirkungen.

Nach der Blutdruckmessung im Sitzen und im Stehen wird der kognitive Status der Patient*innen beurteilt (Orientierung, Aufmerksamkeit, Gedächtnis). Eine neurologische Untersuchung von Muskelfunktionen, Reflexen und der Koordination schließt sich an. Durch spezielle Tests kann das Sturzrisiko ermittelt werden.

Evtl. werden Blut und Urin untersucht, bei Verdacht auf einen Herzinfarkt oder Herzrhythmusstörungen kann ein EKG angezeigt sein.

Bei Spezialist*innen/im Krankenhaus

Weitere Untersuchungen bei Spezialist*innen (z. B. Kardiologie, Neurologie) können notwendig sein. Ist das Sehen oder Hören beeinträchtigt, wird eine augenärztliche oder Hals-Nasen-Ohren-ärztliche Untersuchung durchgeführt.

Fachärzt*innen für Geriatrie können bei wiederholten Stürzen, Multimorbidität (gleichzeitiges Auftreten mehrerer Erkrankungen) zu Rate gezogen werden. Es gibt verschiedene Mobilitätstests zur Einschätzung des Sturzrisikos.

Bei schweren Verletzungen durch den Sturz (z. B. Knochenbrüche, Kopfverletzungen) oder bei einer schweren Infektion (z. B. Sepsis) ist eine Einweisung ins Krankenhaus notwendig.

Maßnahmen und Empfehlungen

Ist eine Erkrankung der Auslöser gewesen, wird diese behandelt (niedriger Blutdruck, Schwindel, Stoffwechselstörungen etc.).

Medikamente

Medikamente, die das Sturzrisiko erhöhen können, werden von Ihren Ärzt*innen überprüft und ggf. durch andere Medikamente ersetzt.

Die Empfehlungen zur Vitamin-D-Substitution zeigen in wissenschaftlichen Untersuchungen sehr gemischte Resultate.

Bisphosphonate haben eine dokumentierte Wirkung gegen Osteoporose und zur Vorbeugung von Frakturen.

Bewegungsprogramme

Ein Kraft-, Gleichgewichts- und Bewegungstraining sowie Übungen zum Aufstehen vom Boden scheinen Stürzen am besten vorzubeugen, ggf. in Zusammenarbeit mit Physiotherapeut*innen.

Wohnverhältnisse und Hilfsmittel anpassen

Risikofaktoren beseitigen: Stolperfallen entfernen, für eine gute Beleuchtung sorgen, Türen beschriften zur besseren Orientierung.

Gehhilfen, Stützgriffe, ein Arbeitsstuhl, Hüftprotektoren und ein Hausnotruf können sinnvoll sein, evtl. in Zusammenarbeit mit Ergotherapeut*innen.

Weitere Informationen

Autorin

  • Ulrike Boos, Redakteurin von Deximed, Freiburg

Literatur

Dieser Artikel basiert auf dem Fachartikel Stürze im Alter. Nachfolgend finden Sie die Literaturliste aus diesem Dokument.

  1. Luk JK, Chan TY, Chan DK. Falls prevention in the elderly: translating evidence into practice. Hong Kong Med J. 2015 Apr;21(2):165-71. doi: 10.12809/hkmj144469. Epub 2015 Feb 27. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov 
  2. Factora R. Assessment of falls in the elderly. BMJ Best Practice, Last reviewed: 11 Apr 2023, Last updated: 11 Nov 2022. bestpractice.bmj.com 
  3. Clemson L, Stark S, Pighills AC, et al. Environmental interventions for preventing falls in older people living in the community. Cochrane library, 2023 Mar 10. doi.org 
  4. Just KS, Brockmöller J, Stingl JJC. Der Sturz als unerwünschte Arzneimittelwirkung im Alter – Bedeutung pharmakogenetischer Risikofaktoren. Bulletin zur Arzneimittelsicherheit 2017. www.bfarm.de 
  5. Delbaere K, Close JC, Brodaty H, et al. Determinants of disparities between perceived and physiological risk of falling among elderly people: cohort study. BMJ 2010; 341: c4165. BMJ (DOI) 
  6. Deutsche Gesellschaft für Geriatrie (DGG). Geriatrisches Assessment der Stufe 2 - Living Guideline. AWMF-Leitlinie Nr. 084-002LG. S1, Stand 2022. register.awmf.org 
  7. Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. Geriatrisches Assessment in der Hausarztpraxis. AWMF-Leitlinie 053-015. S1, Stand 2017 (abgelaufen). www.pmvforschungsgruppe.de 
  8. Menant JC, Wong AK, Trollor JN, et al. Depressive symptoms and orthostatic hypotension are risk factors for unexplained falls in community-living older people. J Am Geriatr Soc 2016; 64: 1073. pmid:27225359 PubMed 
  9. Kearney F, Moore A. Assessment of hypotension. BMJ Best Practice, Last reviewed: 16 Apr 2023, Last updated: 12 May 2022. bestpractice.bmj.com 
  10. Deutsche Gesellschaft für Neurologie. Synkopen. AWMF-Leitlinie Nr. 030-072. S1, Stand 2020. www.awmf.org 
  11. Jahn K, Zwergal A, Schniepp R. Gangstörungen im Alter- Klassifikation, Diagnostik und Therapie aus neurologischer Sicht. Dtsch Arztebl Int 2010; 107(17): 306–16. DOI: 10.3238/arztebl.2010.0306. www.aerzteblatt.de 
  12. Clemson L, Stark S, Pighills AC, et al. Environmental interventions for preventing falls in older people living in the community. Cochrane Database of Systematic Reviews, 10 March 2023. www.cochranelibrary.com 
  13. Sherrington C, FairhallNJ, Wallbank GK, et al. Exercise for preventing falls in older people living in the community. Cochrane Database of Systematic Reviews. 31 January 2019. www.cochranelibrary.com 
  14. Montero-Odasso MM, Kamkar N, Pieruccini-Faria F, et al. Evaluation of Clinical Practice Guidelines on Fall Prevention and Management for Older Adults: A Systematic Review. Task Force on Global Guidelines for Falls in Older Adults. JAMA Netw Open. 2021 Dec 1;4(12):e2138911. www.ncbi.nlm.nih.gov 
  15. Bischoff-Ferrari HA, Dawson-Hughes B, Staehelin HB, et al. Fall prevention with supplemental and active forms of vitamin D: a meta-analysis of randomised controlled trials. BMJ 2009; 339: b3692. BMJ (DOI) 
  16. Santesso N1, Carrasco-Labra A, Brignardello-Petersen R. Hip protectors for preventing hip fractures in older people. Cochrane Database Syst Rev. 2014;3:CD001255. doi: 10.1002/14651858.CD001255.pub5. DOI 
  17. Uusi-Rasi K, Patil R, Karinkanta S, et al. Exercise and Vitamin D in Fall Prevention Among Older Women: A Randomized Clinical Trial. JAMA Intern Med. 2015 Mar 23. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov 
  18. Sousa N, Mendes R, Silva A, et al. Combined exercise is more effective than aerobic exercise in the improvement of fall risk factors: A randomized controlled trial in community-dwelling older men. Clin Rehabil 2016; 31(4): 478-486. pmid:27353246 PubMed 
  19. Daoust R, Paquet J, Moore L, et al. Recent opioid use and fall-related injury among older patients with trauma. CMAJ 2018; 190: 500-6. pmid:29685910 www.ncbi.nlm.nih.gov