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Anlagebedingter Haarausfall

Anlagebedingter Haarausfall ist die häufigste Ursache für Haarverlust.

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Was ist anlagebedingter Haarausfall?

Definition

Die häufigste Form des Haarverlustes ist die androgenetische Alopezie, also anlagebedingter Haarausfall. Der Haarausfall zeigt sich in der Regel bei Frauen durch Schütterkeit im Mittelscheitel und bei Männern durch „Geheimratsecken“ und Haarverlust im Bereich des Haarwirbels.

Symptome

Bei Männern bilden sich an der Stirn zunehmende Geheimratsecken, die nach hinten wandern. Außerdem kann am Hinterhaupt eine Glatze entstehen.

Bei Frauen dünnt eher der Scheitel aus.

Ursachen

Jeder Mensch hat um die 100.000 Kopfhaare, die unabhängig voneinander wachsen. Die Wachstumsphase dauert normalerweise 2–6 Jahre. Nach einer 2- bis 4-monatigen Ruhephase fällt das Haar schließlich aus. Verschiedene Einflussfaktoren können einen synchronisiert vorzeitigen Übergang der Haarfollikel in die Ruhephase auslösen und so nach 2–4 Monaten zu einem spürbar stärkeren Haarausfall führen.

Der anlagebedingte Haarausfall wird durch eine vererbte erhöhte Empfindlichkeit gegenüber männlichen Geschlechtshormonen (Androgene) verursacht. 

Häufigkeit

In der europäischen Bevölkerung ist anlagebedingter Haarausfall eine häufige Erscheinung. In der Regel nehmen Häufigkeit und Schwere mit dem Alter zu. Im Alter ab 70 Jahren leiden 80 % der Männer und etwa 40 % der Frauen unter anlagebedingtem Haarausfall.

Untersuchungen

  • Bei Männern sind die Symptome des Haarausfalls meist eindeutig, sodass keine weiteren Untersuchungen erforderlich sind.
  • Bei Frauen kann eine Hormonuntersuchung sinnvoll sein.
  • Wenn die Diagnose unsicher ist, können weitere Untersuchungen in einer Hautarztpraxis erfolgen.

Behandlung

  • Ziel der Behandlung ist, den Haarausfall zu reduzieren und das Haarwachstum zu stärken.
  • Ob eine Behandlung erfolgen soll, wird von Ärzt*in und Patient*in gemeinsam entschieden. Dabei sollen der persönliche Leidensdruck, Nebenwirkungen und Kosten der Behandlung berücksichtigt werden.
  • Die Behandlung sollte beginnen, solange noch Haare vorhanden sind. Es gibt bislang keine Medikamente, die bewirken, dass auf einem kahlen Kopf wieder Haare wachsen.
  • Werden die Medikamente abgesetzt, fallen die Haare wieder aus. Die Behandlung muss daher kontinuierlich fortgeführt werden. 

Medikamente

  • Der Wirkstoff Finasterid verlangsamt den Haarausfall und verstärkt das Haarwachstum. Er ist mit einer Dosierung von 1 mg täglich für Männer zwischen 18 und 41 Jahren zugelassen.
  • Auch die Anwendung von 1 % Finasterid Gel führt zu guten Ergebnissen.
  • Finasterid wird auch zur Behandlung von gutartigen Vergrößerungen der Prostata verwendet, in diesem Zusammenhang nehmen die Patienten 5 mg täglich ein.
  • Auch die niedrige Dosis (1 mg täglich) führt dazu, dass sich die Produktion des prostataspezifischen Antigens (PSA) in der Prostata um etwa 50 % verringert. Dies sollte bei der Bestimmung des PSA-Werts im Blut berücksichtigt werden.
  • Das Risiko von Nebenwirkungen steigt mit der Dauer der Einnahme. Dazu zählen Potenzstörungen (erektile Dysfunktion) und verringerte Libido. In einigen Fällen bleiben diese Nebenwirkungen dauerhaft bestehen.
  • Minoxidil ist bei Frauen und Männern zur Behandlung des androgenetischen Haarausfalls zugelassen und ist rezeptfrei in Apotheken erhältlich.
  • Der Wirkstoff wird lokal als Lösung oder Schaum auf die Kopfhaut aufgetragen.
  • Bei der Anwendung von Minoxidil sind lokale Nebenwirkungen wie Reizungen der Kopfhaut beschrieben.
  • Zu Beginn der Behandlung kann der Eindruck entstehen, dass die Haare vermehrt ausfallen. Dies liegt jedoch nur daran, dass die älteren Haare ausfallen, um neuen, kräftigeren Haaren Platz zu schaffen.
  • Achten Sie darauf, dass nur die Kopfhaut mit der Lösung in Kontakt kommt, da sonst an anderen Hautstellen ebenfalls die Haare vermehrt wachsen
  • Eine Kombination von Minoxidil und Finasterid zum Einnehmen ist ebenfalls möglich.
  • Bei Frauen mit Hormonstörungen können ggf. andere Medikamente mit antiandrogener Wirkung eingesetzt werden.

Weitere Behandlungsmethoden

  • Von Friseur*innen angepasste Toupets können in manchen Fällen eine brauchbare Alternative sein.
  • Bei Haarausfall aufgrund einer androgenetischen Alopezie ist auch die Haartransplantation eine Behandlungsmöglichkeit. Hierbei werden Haare vom Hinterkopf entnommen und in die betroffenen Bereiche transplantiert.

Prognose

  • Der Haarausfall schreitet stetig voran, die Geschwindigkeit ist jedoch von Person zu Person unterschiedlich.
  • Insbesondere bei Frauen kann dies mit negativen psychischen Auswirkungen verbunden sein, wie herabgesetztes Selbstwertgefühl und psychosoziale Belastung.

Weitere Informationen

Autorin

  • Martina Bujard, Wissenschaftsjournalistin, Wiesbaden

Quellen

Literatur

Dieser Artikel basiert auf dem Fachartikel Androgenetische Alopezie. Nachfolgend finden Sie die Literaturliste aus diesem Dokument.

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