Übermäßiges Schwitzen (Hyperhidrose)
Schwitzen ist ein natürlicher Mechanismus des Körpers, um die Körperwärme zu regulieren. Übermäßiges Schwitzen kann jedoch für die Betroffenen sehr belastend sein und die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen.
Was ist übermäßiges Schwitzen?
Schwitzen ist ein natürlicher Mechanismus des Körpers, um die Körperwärme zu regulieren. Bei Hyperhidrose ist die Schweißproduktion übermäßig stark ausgeprägt, was für die betroffenen Menschen im Alltag sehr belastend sein kann.
Es wird zwischen der primären idiopathischen (ohne erkennbare Ursache) und der sekundären Hyperhidrose unterschieden, die durch andere Erkrankungen oder Medikamente hervorgerufen werden kann.
Wenn die folgenden Kriterien erfüllt sind, liegt sehr wahrscheinlich eine primäre idiopathische Hyperhidrose vor:
- sichtbares, exzessives Schwitzen für mindestens 6 Monate ohne ersichtlichen Grund plus mindestens zwei der folgenden Kriterien:
- beidseitig und symmetrisch
- Beeinträchtigung des Alltagslebens
- mindestens eine Episode pro Woche
- Beginn vor dem 25. Lebensjahr
- positive Familienanamnese für idiopathische Hyperhidrose
- kein Schwitzen während des Schlafs.
- Betroffene schwitzen verstärkt an bestimmten Körperstellen: vor allem in den Achselhöhlen, an den Handflächen, den Fußsohlen, der Stirn oder in der Leistenregion.
Was kann die Ursache sein?
Häufige Ursachen
- Fieber, eine erhöhte Außentemperatur oder „emotionales“ Schwitzen, z. B. bei Stress, Angst oder Panikattacke
- Verschiedene Infektionskrankheiten
- Hyperthyreose (Schilddrüsenüberfunktion)
- Eine Erkrankung des Hormonsystems, bei der es zu einer Überproduktion der Schilddrüsenhormone Thyroxin (T4) und Trijodthyronin (T3) kommt.
- Die Symptome sind Herzklopfen, Müdigkeit, Nervosität, Reizbarkeit, Gewichtsabnahme trotz gutem Appetit, Schwitzen und Wärmeintoleranz.
- Klimakterium (Wechseljahrbeschwerden)
- Viele Frauen sind in dieser Zeit von übermäßigem Schwitzen und Hitzewallungen betroffen.
- Meist kommt es zu einem Hitzegefühl und einem plötzlichen Schwitzen auf der Stirn, der Brust und den Armen. Derartige Anfälle treten täglich wenige bis viele Male auf und dauern jeweils einige Minuten an.
- Nebenwirkungen von Medikamenten
- z. B. Antidepressiva, Hormonpräparate
Seltene Ursachen
- Stoffwechselerkrankungen
- z. B. niedriger Blutzucker bei Diabetes (Hypoglykämie), diabetische Neuropathie (Nervenschäden durch dauerhaft erhöhten Blutzucker)
- Hodgkin-Lymphom
- Die Erkrankung kann in manchen Fällen zu übermäßigem Schwitzen führen.
- Neurologische Erkrankungen
- z. B. Parkinson-Krankheit, Rückenmarksverletzung, schwerer Schlaganfall
- Herz-Kreislauf-Erkrankungen
- z. B. Schock, Herzversagen
Wann sollten Sie ärztliche Hilfe suchen?
Sie sollten Ihre Ärztin oder Ihren Arzt aufsuchen, wenn Sie weitere Beschwerden haben (z. B. Herzklopfen, Gewichtsabnahme, Nachtschweiß), und wenn das Schwitzen Sie in Ihrem Alltag sehr belastet.
Untersuchungen
Im Anamnesegespräch werden die Ärzt*innen Fragen zur Häufigkeit der Schwitzanfälle, zum zeitlichen Auftreten (tagsüber, nachts, bestimmte Situationen?), zu Vorerkrankungen, zu den vom Schwitzen besonders betroffenen Körperstellen und zu weiteren Beschwerden (z. B. Gewichtsabnahme) stellen. Wichtig ist außerdem die Einordnung, wie belastend die Hyperhidrose für den Alltag der betroffenen Menschen ist.
Bei Verdacht auf eine Grunderkrankung werden eine gründliche körperliche Untersuchung und Blutuntersuchungen durchgeführt. Schwitzflecken auf der Kleidung können bereits einen Hinweis auf die vom Schwitzen besonders betroffenen Körperregionen geben.
In seltenen Fällen ist eine Überweisung zu Spezialist*innen angezeigt. Dort können weitere bildgebende Untersuchungen (z. B. Röntgen bei Verdacht auf Tuberkulose) und Tests zur Schwitzdiagnostik vorgenommen werden (Jod-Stärke-Test nach Minor, Gravimetrie).
Behandlung
Sekundäre Hyperhidrose
Bei der sekundären Hyperhidrose wird zuerst die Grunderkrankung behandelt. Wenn die Beschwerden nach der Behandlung immer noch bestehen, können sog. Anticholinergika versucht werden, die jedoch häufig Nebenwirkungen wie Mundtrockenheit, Harnverhalt und Verstopfung verursachen können.
Primäre idiopathische Hyperhidrose
Durch verschiedene Maßnahme wird versucht, ein Schwitzniveau zu erreichen, das für die Betroffenen erträglich ist. Außer allgemeinen Hygieneempfehlungen stehen weitere Behandlungsmaßnahmen zur Verfügung:
- Spezielle Deodorants, die vor Schweiß- und Geruchsbildung schützen.
- Medikamente (z. B. Neuroleptika, Psychopharmaka)
- Leitungswasser-Iontophorese: Durch schwache elektrische Ströme wird die Schweißdrüsenaktivität verringert.
- Injektionstherapie mit Botulinumtoxin A
- Behandlung mit Aluminiumsalzen, die eine Schweißreduktion durch Verschluss der Ausführungsgänge der ekkrinen Schweißdrüsen bewirken.
- Behandlung mit Radiofrequenz, Mikrowellen oder Ultraschall
- Chirurgische Schweißdrüsenentfernung.
Bei der Entscheidung für eine Behandlungsmaßnahme sollte berücksichtigt werden, dass übermäßiges Schwitzen oft zeitlich auf die Pubertät und das frühe Erwachsenenalter begrenzt ist und in vielen Fällen von allein vorüber geht.
Was können Sie selbst tun?
- Körperhygiene: Regelmäßig waschen und Wäsche wechseln.
- Deodorants verwenden.
- Die Achselhöhlen rasieren.
- Atmungsaktive, nicht zu eng anliegende Wäsche tragen.
Weitere Informationen
- Hyperhidrose – Informationen für ärztliches Personal
Autorin
- Ulrike Boos, Redakteurin von Deximed, Freiburg
Quellen
Literatur
Dieser Artikel basiert auf dem Fachartikel Hyperhidrose. Nachfolgend finden Sie die Literaturliste aus diesem Dokument.
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