Haarausfall (Alopezie)
Haarausfall wird in der medizinischen Fachsprache Alopezie genannt. Androgenetische Alopezie bezeichnet den Haarausfall, der bei vielen Männern und im höheren Alter auch bei Frauen auftritt.
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https://deximed.de/home/klinische-themen/haut/patienteninformationen/was-kann-das-sein/haarausfall-alopezie/Was ist Haarausfall?
Definition
Das Haar ist für viele Menschen von großer kosmetischer Bedeutung. Haarausfall wird daher oft als Problem angesehen. In der medizinischen Fachsprache wird Haarausfall auch Alopezie genannt. Die häufigste Form des Haarausfalls ist der erblich bedingte Haarausfall, auch als androgenetische Alopezie bezeichnet. Der androgenetische Haarausfall tritt bei vielen Männern und im höheren Alter auch bei Frauen auf. Er zeichnet sich bei Männern durch größer werdende Einbuchtungen auf der Stirn („Geheimratsecken“) und eine beginnende Glatze am Hinterkopf aus. Bei Frauen ist der Haarausfall geringer und diffuser, vor allem am Scheitel.
Normales Haarwachstum
Die Kopfhaare wachsen etwa 0,3 mm pro Tag, also 1 cm pro Monat. Wir verlieren etwa 100 Haare pro Tag.
Häufigkeit
- Im Alter von 70 Jahren sind über 80 % der europäischen Männer und bis zu 40 % der Frauen von androgenetischem Haarausfall betroffen.
- Bei 5 % beginnt der Haarausfall im Alter von unter 20 Jahren.
- Im 7. Lebensjahrzehnt leiden 10–41 % der Frauen an einem Haarausfall, den sie als kosmetisch störend empfinden.
- Von einem stellenweisen Haarausfall sind ca. 2 % der Bevölkerung zu irgendeinem Lebenszeitpunkt betroffen.
Was kann die Ursache sein?
Häufige Ursachen
- Anlagebedingter Haarausfall
- Der androgenetische Haarausfall tritt vor allem bei Männern auf. Er macht die Mehrzahl der Fälle von Haarausfall aus und betrifft die Hälfte der Bevölkerung in unterschiedlichem Ausmaß. Der androgenetische Haarausfall ist erblich.
- Durch den Haarausfall weicht der Haaransatz nach hinten, oben auf dem Kopf lichten sich die Haare und schließlich entsteht eine Glatze.
- Androgenetischer Haarausfall kann auch bei Frauen vorkommen. Diese Form des Haarausfalls führt bei Frauen dazu, dass der Haarwuchs auf der ganzen Kopfhaut dünner wird, besonders am Scheitel. In der Regel tritt keine vollständige Kahlheit ein.
- Traumatischer Haarausfall
- z. B. durch Lockenwickler oder übermäßige Hitze, Haarbehandlungen wie Bleichen, Färben oder Dauerwelle
- Psychische und körperliche Belastungen
- starker Stress
- Operationen
- rascher Gewichtsverlust und Unterernährung
- hohes Fieber
- Blutungen
- emotionale Belastungen
- Medikamente
- Zytostatika (Chemotherapie) führen häufig zu fast vollständigem Haarausfall. Die Haare wachsen in der Regel 2–6 Monate nach Ende der Therapie wieder nach.
- Nach Absetzen von oralen Kontrazeptiva („Pille“) oder von Kortisontabletten kann bei manchen Personen ein vorübergehender Haarausfall auftreten.
- Eine Reihe anderer Medikamente kann Haarausfall auslösen, z. B. Betablocker, blutgerinnungshemmende Medikamente, Medikamente gegen Herzrhythmusstörungen, Hormone, Antiepileptika, Antidepressiva und Schilddrüsenmedikamente.
- Nach der Schwangerschaft
- Bei manchen Frauen tritt vorübergehender Haarausfall auf.
- Chronische Erkrankungen
- Auch sie können Haarausfall verursachen.
Krankheitsverlauf
Außer bei androgenetischer Alopezie tritt der Haarausfall in der Regel 3 Monate nach der auslösenden Erkrankung oder Stressbelastung auf. Bei den meisten wächst das Haar nach einer Weile wieder nach, in der Regel innerhalb von 6–12 Monaten.
Häufige Ursachen für örtlichen oder begrenzten Haarausfall
- Kreisrunder Haarausfall (Alopecia areata)
- Kreisrunder Haarausfall ist auf Autoimmunerkrankungen zurückzuführen. Er kann familiär gehäuft auftreten.
- Die Erkrankung kommt bei Männern und Frauen gleichermaßen vor.
- Rückfälle sind häufig.
- Haarausfall durch zu heftiges Frisieren
- Infolge von Frisuren, bei denen die Haare eingedreht oder fest gebundenen werden, z. B. Rastalocken oder Zöpfe.
- Trichotillomanie (Haareausreißen)
- Dabei handelt es sich um eine psychische Störung der Impulskontrolle, die mit wiederholtem nervösem Ziehen oder Ausreißen der Haare einhergeht.
- Die Erkrankung tritt vorrangig bei Kindern zwischen 8–12 Jahren auf.
- Infektionen der Kopfhaut
- Pilzerkrankungen der Kopfhaut
- bakterielle Infektionen (Follikulitis)
Seltenere Ursachen
- Hormonelle Störungen können zu Haarausfall führen:
- Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose)
- Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose)
- Diabetes mellitus Typ 1 oder Typ 2
- polyzystisches Ovarialsyndrom
- andere sehr seltene Erkrankungen.
- Mangelzustände, z. B. Mangel an Eisen, Zink, Kupfer
- Vergiftung mit Thallium, Borsäure oder Arsen
- Haarausfall mit Narbenbildung
- Dieser ist auf eine Hautverletzung oder eine Hauterkrankung mit stark ausgeprägtem Verlust von Haarfollikeln zurückzuführen.
- Ursachen können Verletzungen, Strahlenschäden, tiefe Follikulitis, Lichen planopilaris oder diskoider Lupus erythematodes sein.
Wann sollten Sie ärztlichen Rat suchen?
Bei ungewöhnlich starkem und plötzlichem Haarausfall sollten Sie ärztlichen Rat suchen. In einigen Fällen gibt es eine zugrunde liegende Erkrankung, die behandelt werden kann.
Auch örtlich begrenzter Haarausfall ist ein Grund, eine Arztpraxis aufzusuchen. Die Ursache dafür kann manchmal eine behandelbare Erkrankung sein.
Untersuchungen
- In der Hausarztpraxis wird die Kopfhaut untersucht.
- Bei Verdacht auf eine zugrunde liegende Krankheit wird eine gründliche körperliche Untersuchung durchgeführt.
- Beim sog. Zupftest wird leicht und gleichmäßig an einem Büschel Haare (10–20 Stück) gezogen, um zu sehen, wie viele der Haare dabei herausgezogen werden. Wenn sich mehr als 40 % der Haare lösen, liegt ein ungewöhnlich starker Haarausfall vor, während unter 20 % als normal gelten.
- Bei der androgenetischen Alopezie besteht in der Regel keine Notwendigkeit für weitere Untersuchungen.
Laboruntersuchungen
- Bei Verdacht auf eine lokale Erkrankung, eine Infektion der Kopfhaut, kann eine Hautprobe unter dem Mikroskop untersucht und für das Anlegen einer Kultur an ein Labor (Mikrobiologie) gesendet werden.
- In Ausnahmefällen kann eine Gewebeprobe (Biopsie) erforderlich sein.
- Auch Blutuntersuchungen werden gelegentlich durchgeführt, um mögliche Erkrankungen zu erkennen.
- Mineralanalysen der Haare haben keinen diagnostischen Wert.
Behandlung
- Evtl. vorliegende Grunderkrankungen sollen behandelt werden.
- Wenn Medikamente die Ursache des Haarausfalls sind, sollte die Therapie angepasst werden.
- Anlagebedingter Haarausfall kann medikamentös oder durch Haartransplantation behandelt werden.
- Infektionen der Kopfhaut werden mit antimykotischen Mitteln oder Antibiotika behandelt.
Was können Sie selbst tun?
- Verwenden Sie schonende Haarpflegemittel und vermeiden Sie chemische Behandlungen wie Dauerwelle oder Bleichen!
Weitere Informationen
- Anlagebedingter Haarausfall
- Stellenweiser Haarausfall (Alopecia areata)
- Pilzerkrankungen der Kopfhaut
- Follikulitis
- Haarausfall – Informationen für ärztliches Personal
Autorin
- Martina Bujard, Wissenschaftsjournalistin, Wiesbaden
Quellen
Literatur
Dieser Artikel basiert auf dem Fachartikel Haarausfall. Nachfolgend finden Sie die Literaturliste aus diesem Dokument.
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