Arterielle Verschlusskrankheit
Bei der arteriellen Verschlusskrankheit sind die Gefäße, die Blut in das Gewebe transportieren, verengt oder verschlossen. Das Gewebe erhält nicht ausreichend Sauerstoff und Nährstoffe. Dadurch wird es geschädigt, und es kommt zu Schmerzen.
Was ist die arterielle Verschlusskrankheit?
Definition
Arterien transportieren Blut vom Herzen in den Körper. Verschiedene Ursachen können zu einer Verengung der Arterien führen, wodurch weniger Blut durch die Gefäße fließen kann. Bei der arteriellen Verschlusskrankheit erhält das Gewebe, das normalerweise von dem betroffenen Gefäß versorgt wird, nicht mehr genügend Sauerstoff und Nährstoffe und wird so geschädigt. Patient*innen bemerken dies häufig in Form von Schmerzen, die anfallsartig auftreten können.
Die akute Extremitätenischämie (ALI) bezeichnet die plötzliche arterielle Durchblutungsstörung einer Extremität, wobei eine Extremitätenischämie innerhalb der ersten zwei Wochen nach Symptombeginn als akut gilt. Meist treten die Beschwerden innerhalb von Minuten bis Stunden auf.
Symptome
Klassisch sind die Symptome der „5 P“:
- „Pain“ (Schmerz)
- „Paleness“ (Blässe)
- „Pulselessness“ (Pulsverlust)
- „Paresthesia“ (Verlust der Sensibilität)
- „Paralysis“ (Verlust der Motorik)
z. T. 6. : „Prostration“ (Schock)
Ursachen
Bei der arteriellen Verschlusskrankheit kommt es zu einer Verkalkung und Verengung der Herzkranzgefäße, auch Arteriosklerose genannt. Dies führt zu Fettablagerungen (Plaque) und Entzündungen in den Gefäßwänden, die den Blutfluss durch die Gefäße behindern. Rauchen, hohe Blutfette, Diabetes und Bluthochdruck können die Entwicklung einer Arteriosklerose beschleunigen.
Eine Verengung der Beinarterien führt zur peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (PAVK), auch Schaufensterkrankheit genannt, mit Schmerzen in den Beinen bei Anstrengung. Pausen – wie das Verweilen vor einem Schaufenster beim Spazierengehen – lindern die Beschwerden.
Die häufigste Ursache für den vollständigen Verschluss einer Arterie ist das Festsetzen eines Blutgerinnsels im Gefäß. Das Blutgerinnsel kann sich vor Ort bilden, es kann aber auch von einer anderen Stelle des Blutkreislaufs stammen und mit dem Blut bis zu der Stelle transportiert werden, an der es sich letztlich festsetzt.
Blutgerinnsel bilden sich leichter bei Personen, die unter Herzerkrankungen leiden, z. B. Vorhofflimmern, Ausbuchtungen (Aneurysmen) in einer oder mehreren Arterien oder künstliche Herzklappen. Der Blutstrom kann sich an solchen Stellen etwas stauen, sodass das Blut kurz ins Stocken gerät und dadurch gerinnt.
Häufigkeit
Pro Jahr erleiden 7–15 Personen pro 100.000 eine ALI, wobei die Häufigkeit mit steigendem Alter zunimmt. Zu 85 % sind die unteren Extremitäten betroffen, selten die oberen.
Untersuchungen
- Die Diagnose kann meist anhand der Schilderungen der Beschwerden und anfallsartigen Schmerzen durch die Patient*innen gestellt werden (die „5 P“, siehe oben).
- Sind die Beinarterien betroffen, sind die Füße oft kalt und blass oder bläulich. Der Puls ist nicht oder nur schwach tastbar.
- Es kann zu neurologischen Beschwerden z. B. des Berührungs-, Temperatur- oder Schmerzempfindens oder der Muskelkraft kommen.
- Es werden Blutdruckmessungen an Armen und Beinen durchgeführt.
- Laboruntersuchungen des Blutes können Gewebeschädigungen zeigen.
- Ultraschalluntersuchungen oder eine spezielle Herzultraschalluntersuchung können sinnvoll sein.
- Bildgebende Verfahren wie Computertomografie oder Magnetresonanztomografie werden insbesondere bei diagnostischer Unsicherheit und vor Amputationen zur Abklärung von Gefäßprozessen eingesetzt.
Behandlung
- Die Extremität sollte tief gelagert und gepolstert sowie Druck auf die betroffenen Bereiche vermieden werden.
- Im Krankenhaus wird versucht, das Blutgerinnsel operativ aus dem Gefäß zu entfernen oder durch Medikamente aufzulösen, um die Durchblutung wieder herzustellen.
- Auch gerinnungshemmende Medikamente werden eingesetzt.
Was können Sie selbst tun?
- Die wichtigsten Maßnahmen zur Vorbeugung oder Vermeidung erneuter Vorfälle können Sie selbst ergreifen. Insbesondere ist es wichtig, mit dem Rauchen aufzuhören.
- Regelmäßige Bewegung trägt dazu bei, die Blutgefäße offen zu halten und die Durchblutung der Füße zu verbessern.
- Wichtig sind außerdem eine Behandlung von Bluthochdruck, Diabetes und Fettstoffwechselstörung (erhöhtes Cholesterin).
- Darüber hinaus kann die regelmäßige Einnahme von sog. Plättchenhemmern wie Acetylsalicylsäure (z. B. Aspirin) günstig sein.
- Bei starken Beschwerden versucht man, die Durchblutung durch operative Eingriffe zu verbessern, beispielsweise durch Erweiterung der Arterien und Einsetzen von Stents mittels Katheter oder die Überbrückung von Engstellen mittels Bypass-Operation.
Prognose
- Bei Patient*innen, die Beschwerden aufgrund von Verengungen der Gefäße haben, besteht ein erhöhtes Risiko, im Laufe der Zeit einen Herzinfarkt oder Schlaganfall zu erleiden.
- Eine ALI ist ein Notfall, der innerhalb von 30 Tagen zu 10–15 % tödlich verläuft. Ab dem 80. Lebensjahr ist diese Zahl noch höher.
- Nach 1 Jahr sind 15–20 % der Patient*innen verstorben.
- Das Amputationsrisiko innerhalb von 30 Tagen beträgt 10–30 %.
Weitere Informationen
Autor
- Markus Plank, MSc BSc, Medizin- und Wissenschaftsjournalist, Wien
Quellen
Literatur
Dieser Artikel basiert auf dem Fachartikel Extremitätenischämie (ALI), akute. Nachfolgend finden Sie die Literaturliste aus diesem Dokument.
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