Vergrößerter Herzmuskel (hypertrophe Kardiomyopathie)
Personen mit einer hypertrophen Kardiomyopathie haben einen vergrößerten Herzmuskel. Die Erkrankung ist meist genetisch bedingt, verursacht nur selten Beschwerden und ist eine der häufigsten Ursachen für einen plötzlichen Herztod, insbesondere bei Leistungssportler*innen.
Was ist die hypertrophe Kardiomyopathie?
Definition
Es handelt sich um eine Erkrankung des Herzmuskels (Kardiomyopathie), bei welcher dieser bzw. die Muskulatur der linken Herzkammerwand vergrößert ist. Häufig ist v. a. die Herzscheidewand (Septum) verdickt. Bei 70 % der Betroffenen ist der Herzmuskel so vergrößert, dass er den Blutfluss im Herzen behindert (hypertroph obstruktive Kardiomyopathie, HOCM). Bei den anderen 30 % handelt es sich um eine hypertrophe nicht-obstruktive Kardiomyopathie (HNCM).
Diese Veränderungen können Rhythmusstörungen des Herzens verursachen. In manchen Fällen können solche Rhythmusstörungen schwerwiegend sein und zu einem Herzstillstand führen. Auch eine fortschreitende, tödlich verlaufende Herzinsuffizienz und Schlaganfälle sind möglich. In anderen Fällen kann die Erkrankung einen asymptomatischen Verlauf mit normaler Lebenserwartung zeigen.
Symptome
Patient*innen mit hypertropher Herzerkrankung sind in den meisten Fällen über viele Jahre völlig beschwerdefrei. Wenn Symptome auftreten, handelt es sich meist um Atemnot und Brustschmerzen bei Anstrengung (Angina pectoris). Manche Betroffene leiden auch unter Herzklopfen, Schwindel oder Ohnmachtsanfällen.
Gefürchtete Komplikation sind schwere Herzrhythmusstörungen wie Vorhof- oder Kammerflimmern, die zum plötzlichen Herztod führen können.
Ursachen
Die Erkrankung ist in den meisten Fällen vererbt, wird also durch einen Gendefekt verursacht. Bei vielen Patient*innen sind Familienmitglieder am plötzlichem Herztod verstorben. Man geht davon aus, dass sich die Krankheit während der Wachstumsphase im Jugendalter entwickelt; Symptome einer Herzerkrankung treten jedoch meist erst nach dem 20. Lebensjahr auf.
Auch andere Erkrankungen oder Drogen können zu einer hypertrophen Kardiomyopathie führen. In 25–30 % der Fälle kann keine Ursache gefunden werden.
Häufigkeit
Eine hypertrophe Kardiomyopathie tritt bei etwa 2–5 von 1.000 Erwachsenen auf. Auch wenn Neugeborene und Kleinkinder darunter leiden können, so sind in erster Linie Erwachsene über 20 Jahren betroffen, besonders im Alter zwischen 20 und 30 Jahren. Die meisten Fälle treten zwischen der 3. und 6. Lebensdekade auf.
Eine HCM ist die häufigste vererbte Herzerkrankung. Sie ist bei jungen Wettkampfsportler*innen die häufigste Ursache für einen plötzlichen Herztod.
Untersuchungen
- Der wichtigste Hinweis auf eine hypertrophe Kardiomyopathie sind Fälle von plötzlichem Herztod in der Familie. In diesen Fällen sollte eine eingehende Untersuchung erfolgen. Darüber hinaus können die genannten Symptome Hinweise liefern.
- Beim Abhören mit dem Stethoskop fallen bisweilen Herzgeräusche auf.
- Die körperliche Untersuchung kann vollkommen unauffällig sein.
- In den meisten Fällen zeigen sich im Elektrokardiogramm (EKG) Zeichen einer Vergrößerung der Herzmuskulatur und Störungen der elektrischen Herzaktivität. Auch ein Langzeit-EKG oder Belastungs-EKG kann zur Abklärung eingesetzt werden.
- Bestimmte Stoffe im Blut können ein erhöhtes Risiko anzeigen.
- Ein Ultraschall des Herzens (Echokardiografie) ist das wichtigste bildgebende Verfahren für die Diagnose. Hier können Verdickungen des Herzmuskels, insbesondere der Herzscheidewand (Septumhypertrophie), gesehen werden. Auch kann festgestellt werden, ob die Verdickungen den Blutfluss behindern. Da die Behinderung des Blutflusses nicht immer in Ruhe auftritt, ist es wichtig, auch unter Belastung ein sog. „Herzecho“ durchzuführen.
- Weitere mögliche Untersuchungen sind eine Magnetresonanztomografie (MRT) des Herzens, Computertomografie (CT) oder Koronarangiografie (Röntgenuntersuchung der Gefäße im Herzen mithilfe von Kontrastmittel).
- Genetische Untersuchungen nehmen einen immer größeren Stellenwert ein, können jedoch eine HCM weder ausschließen noch die genaue Prognose vorhersagen.
- Eine Gewebeentnahme (Biopsie) aus dem Herzmuskel wird nur in gewissen Fällen durchgeführt.
- Bei gesicherter Diagnose ist es aufgrund der Erblichkeit wichtig, auch weitere Familienmitglieder auf eine hypertrophe Kardiomyopathie zu untersuchen.
Behandlung
- Das Ziel der Behandlung ist es, die Symptome zu reduzieren, den Fortschritt der Erkrankung zu vermeiden und nach Möglichkeit Komplikationen zu verhindern, vor allem einen plötzlichen Herztod.
- Es werden Medikamente eingesetzt, die die Kraft des Herzmuskels hemmen, in erster Linie Betablocker. Falls diese nicht vertragen werden, finden sog. Kalziumantagonisten Anwendung.
- Einige Blutdruckmedikamente können die Erkrankung verschlechtern, weshalb sie üblicherweise vermieden werden.
- In einigen Fällen wird eine Abtragung von Teilen des Herzmuskels per Herzkatheter durchgeführt.
- Bei gewissen Patient*innen kann die Implantation eines Defibrillators (implantierbarer Cardioverter Defibrillator) sinnvoll sein.
- Die Therapie bei symptomatischen Patient*innen ohne Obstruktion des Blutausflusses des Herzens zielt vor allem auf die Behandlung von Herzinsuffizienz, Vorhofflimmern oder Angina pectoris ab.
Was können Sie selbst tun?
- Patient*innen mit hypertropher Kardiomyopathie sollten schwere körperliche Belastungen vermeiden. Sie sollten also keinen Leistungssport ausüben.
- Die meisten Patient*innen können jedoch unter ärztlicher Abstimmung sportlich aktiv sein und damit die körperliche Belastbarkeit verbessern.
- Im Einzelfall kann bei niedrigem Gesamtrisiko und engmaschiger sportkardiologischer Überwachung auch eine Fortsetzung intensiver sportlicher Aktivitäten gerechtfertigt sein.
- Darüber hinaus werden Allgemeinmaßnahmen empfohlen, die das Auftreten von Beschwerden verhindern sollen. Hierzu zählen die Vermeidung von exzessivem Alkoholkonsum sowie von Flüssigkeitsmangel und bei Übergewicht eine Gewichtsabnahme. Auch eine gute Zahnhygiene wird empfohlen.
Prognose
- Viele Patient*innen mit hypertropher Kardiomyopathie haben über Jahre keine Beschwerden.
- In den meisten Fällen nehmen die Beschwerden allmählich zu, und es kann sich eine Herzinsuffizienz, Vorhofflimmern oder eine infektiöse Endokarditis entwickeln.
- Gefürchtete Komplikation ist der plötzliche Herztod, der durch Herzrhythmusstörungen wie Kammerflimmern auftritt und das erste und einzige Symptom der Erkrankung sein kann. Die jährliche Sterblichkeitsrate durch plötzlichen Herztod beträgt ca. 1 %.
- Andere Patient*innen haben eine normale Lebenserwartung.
- Schwangere Patientinnen mit HCM haben ein erhöhtes Risiko und werden deshalb speziell beraten.
Weitere Informationen
- Chronische koronare Herzerkrankung
- Herzschwäche (Herzinsuffizienz)
- Hypertrophe Kardiomyopathie – Informationen für ärztliches Personal
Autor
- Markus Plank, Medizin- und Wissenschaftsjournalist, Wien