Zum Hauptinhalt springen

Karotissinussyndrom

Beim Karotissinussyndrom reagieren bestimmte Rezeptoren an der Halsschlagader überempfindlich: Schon bei leichtem Druck signalisieren sie dem Herz, langsamer zu schlagen und den Blutdruck zu senken. Dies löst Schwindel und möglicherweise Bewusstseinsstörungen aus.

Zuletzt bearbeitet: Zuletzt revidiert:


Was ist das Karotissinussyndrom?

Definition

Beim Karotissinussyndrom funktionieren Druckrezeptoren im Bereich des sog. Karotissinus der Halsschlagader (Arteria carotis communis) fehlerhaft. Sie reagieren zu empfindlich und senden bereits bei geringem mechanischem Druck von außen auf den Hals Signale an das Herz, langsamer zu schlagen und den Blutdruck zu senken. Dadurch werden Schwindel oder auch Bewusstseinsstörungen bis zur Ohnmacht ausgelöst.

Symptome

Akute Anfälle des Karotissinussyndroms zeichnen sich häufig vorab durch Herzrasen, Übelkeit, Kopfschmerzen, Blässe und Schweißausbrüche ab.

Während eines Anfalls ist der Puls meist verlangsamt, es kommt möglicherweise zu einem kurzen Aussetzen des Herzschlages und einem Blutdruckabfall. Kurze Episoden von Schwindel und Bewusstseinsstörungen bis zur Ohnmacht mit Stürzen sind möglich. Sobald die Patient*innen dadurch aber in liegende Position gelangen, kommen sie meist unmittelbar wieder zu Bewusstsein.

Ursachen

Die Druckrezeptoren im Herz und der Karotissinusreflex spielen eine wichtige Rolle bei der Regulation des Blutdrucks. Die Sensitivität der Rezeptoren nimmt in der Regel mit dem Alter ab, bei einigen Menschen ist sie aber in der Halsschlagader erhöht. Dann kann schon ein leichter Druck darauf zu langsamem Puls und/oder Blutdruckabfall führen.

Die Symptome werden häufig durch schnelles Drehen oder Schütteln des Kopfes ausgelöst, möglicherweise beim Rasieren oder durch ein Hemd mit eng sitzendem Kragen.

Steigendes Alter, Bluthochdruck, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Arteriosklerose und bestimmte Medikamente begünstigen ein Karotissinussyndrom.

Häufigkeit

Die Erkrankung tritt selten bei Personen unter 50 Jahren auf, und die Häufigkeit nimmt mit dem Alter und dem gleichzeitigen Auftreten anderer Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie Erkrankungen des zentralen Nervensystems zu.

Die Krankheit betrifft häufiger Männer. Das Syndrom äußert sich bei bis zu 45 % der älteren Patient*innen durch Bewusstseinsstörungen, Stürze und Schwindelanfälle, allerdings wird es wahrscheinlich in vielen Fällen nicht erkannt.

Untersuchungen

  • Die Krankengeschichte (Anamnese) weist auf die Erkrankung hin.
  • Es können Tests durchgeführt werden, die auf einen Schwindelanfall anderer Ursache hinweisen.
  • Zudem steht der sog. „Karotisdruckversuch“ zur Verfügung.
    • Dabei soll durch vorsichtiges Drücken mit den Fingern für einige Sekunden auf die Halsschlagader einer Seite ein Schwindelanfall ausgelöst werden. Falls keine Symptome auftreten, wird dies etwas später auf der anderen Seite wiederholt.
    • Dieser Versuch wird nur unter genauer EKG- und Blutdrucküberwachung der Patient*innen vorsichtig durchgeführt, während bereits ein venöser Zugang gelegt ist, um bei Bedarf sofort Notfallmedikamente verabreichen zu können.
    • Außerdem darf der Test nicht durchgeführt werden, wenn verengte Halsschlagadern vorliegen (Karotisstenose) oder in den vorangegangenen 3 Monaten Symptome eines Herzinfarkts oder Durchblutungsstörungen des Gehirns (reversible Störung oder Schlaganfall) stattgefunden haben.
    • Wenn durch den Test ein Schwindelanfall ausgelöst wird, so bestätigt das die Diagnose.
  • Bei Bedarf kann eine erweiterte Elektrokardiografie-Untersuchung (EKG) erfolgen.
  • Weitere mögliche Untersuchungen hängen davon ab, ob andere Erkrankungen ausgeschlossen werden sollen.

Behandlung

  • Das Ziel der Behandlung ist es, das Risiko für neue Schwindel- und Ohnmachtsanfälle zu verringern.
  • In den meisten Fällen ist es ausreichend, dass Patient*innen mit Karotissinussyndrom darüber Bescheid wissen und Situationen vermeiden, die einen Anfall auslösen können.
  • Betroffene, die vor dem Bewusstseinsverlust die typischen Warnsymptome wie schnellen Puls, Schwitzen oder Übelkeit spüren, können versuchen, vorbeugende Maßnahmen zu ergreifen.
    • Um der Ohnmacht bzw. Sturzverletzungen vorzubeugen, kann es hilfreich sein, sich hinzuhocken oder vorsichtig hinzulegen.
    • Es kann auch helfen, die Bein-, Gesäß-, Bauch- oder Armmuskeln anzuspannen oder die Beine zu überkreuzen, um den Blutdruck etwas erhöht zu halten.
  • Wenn bestimmte Formen des Karotissinussyndroms vorliegen, häufige Ohnmachtsanfälle auftreten und die betroffene Person älter als 40 Jahre ist, kann es sinnvoll sein, einen Herzschrittmacher einzusetzen.

Prognose

  • Es sind keine Einschränkungen der körperlichen Aktivität notwendig.
  • Auslösende Faktoren wie enge Kragen oder plötzliche Drehungen des Kopfes sollten vermieden und bei auftretenden Warnzeichen Gegenmaßnahmen ergriffen werden.
  • Bei häufig auftretenden, unvorhersehbaren Ohnmachtsanfällen ohne Kontrolle der Symptome kann es nötig sein, die Kraftfahreignung zu überprüfen.
  • Die Sterblichkeit ist nicht erhöht.
  • Bei symptomatischen Patient*innen, die nicht behandelt werden, beträgt die Rückfallhäufigkeit innerhalb von 4 Jahren über 60 %.
  • Patient*innen mit einem Schrittmacher haben eine niedrigere Rückfallhäufigkeit.

Weitere Informationen

Autor

  • Markus Plank, MSc BSc, Medizin- und Wissenschaftsjournalist, Wien