Beinödeme (geschwollene Beine)
Beinödeme sind einseitig oder beidseitig auftretende Wassereinlagerungen an den Beinen. Man spricht auch von geschwollenen Beinen oder Wasser in den Beinen. Beinödeme können viele Ursachen haben.
Was sind Beinödeme?
Definition
Beinödeme sind Wassereinlagerungen in den Beinen. Man spricht auch von „geschwollenen Beinen“ oder „Wasser in den Beinen“.
Ursache ist eine Zunahme der Gewebsflüssigkeit, die sich außerhalb der Zellen im Zwischengewebe (z. B. Bindegewebe) befindet. Die Schwellungen können an einem (einseitig) oder an beiden Beinen auftreten.
Symptome
Man unterscheidet zwischen akuten (seit weniger als 72 Stunden), langsam voranschreitenden und chronischen Beinödemen. Die Verteilung kann einseitig oder beidseitig sein, und die Schwellungen können Fußrücken und Zehen, die Knöchel, Unterschenkel sowie Oberschenkel betreffen. Je nachdem, ob sich die Symptome beim Hochlagern der Beine verringern, lassen sich Ursachen herleiten.
Die Schwellungen können verschiedene Formen annehmen und in unterschiedlicher Ausprägung auftreten:
- Die Schwellung kann an den Füßen oder am Oberschenkel stärker ausgeprägt sein.
- Die Schwellung kann das ganze Bein betreffen oder nur einzelne Regionen; die Füße können ausgespart oder ebenfalls geschwollen sein.
- Die Schwellungen können eindrückbar sein, sodass nach Druck mit dem Finger eine Delle sichtbar bleibt.
- Möglicherweise besteht eine Druckempfindlichkeit.
- Rötungen und warme Hautstellen oder Pigmentveränderungen können auftreten.
- Die betroffene Haut kann verdickt sein.
- Es kann zu Fuß- und Unterschenkelgeschwüren kommen.
Hinzu können weitere Beschwerden kommen:
- Schweregefühl
- Schmerzen
- Juckreiz
- Atemnot
- Gewichtsverlust oder -zunahme
- Oligurie (reduziertes Harnvolumen) oder Anurie (keine Harnproduktion)
- Fieber
Bei einer plötzlich auftretenden einseitigen Beinschwellung sollten Sie schnell ärztliche Hilfe suchen. Auch wenn eine Schwellung in den Beinen über mehrere Tage oder Wochen anhält, sollten Sie ärztlichen Rat einholen. Wenn eine plötzliche beidseitige Schwellung in Zusammenhang mit einer Herz- oder Nierenerkrankung auftritt, sollten Sie den Rettungsdienst rufen (112).
Ursachen
Beinödeme können zahlreiche Ursachen haben, die den gesamten Körper oder nur die Beine betreffen. Man unterscheidet zwischen ein- und beidseitigen sowie akuten und chronischen Ödemen.
Einseitige akute Ödeme
- Tiefe Venenthrombose (Bildung eines Blutgerinnsels in einer großen Vene)
- Erysipel (bakterielle Infektion der Haut)
- Phlegmone (bakterielle Infektion der Haut und des darunter liegenden Bindegewebes)
- Muskelfaserriss mit Hämatombildung (Bluterguss)
- Traumatisches Ödem nach Prellung, Verstauchung, Operation o. Ä.
- Begleitödem bei Arthritis (entzündliche Gelenkerkrankungen) oder aktivierter Arthrose (Gelenkverschleiß mit Entzündungszeichen)
- Gerissene Baker-Zyste (Teil der Gelenkkapsel im Bereich der Kniekehle)
Beidseitige akute Ödeme
- Akute Verschlechterung einer Grunderkrankung (z. B. Herz- oder Niereninsuffizienz)
- Beidseitige Becken- oder Beinthrombose (Bildung von Blutgerinnseln im Bereich von Becken oder Bein)
Einseitige chronische Ödeme
- Chronisch venöse Insuffizienz (Venenschwäche)
- Venöses Kompressionssyndrom (z. B. durch Tumore oder Aneurysmen, also Gefäßerweiterungen, verursachter Druck auf eine oder mehrere Venen)
- Lymphödem (vermehrte Ansammlung von Lymphflüssigkeit im Gewebe)
- Acrodermatitis atrophicans (Hauterkrankung bei Borreliose)
Beidseitige chronische Ödeme
- Chronische Herzinsuffizienz (Herzschwäche)
- Pulmonale Hypertonie (Bluthochdruck im Lungenkreislauf) mit Cor pulmonale (Rechtsherzbelastung aufgrund einer Lungenerkrankung)
- Nierenprobleme, z. B. akute Niereninsuffizienz (Unterfunktion der Niere) oder chronische Nierenkrankheiten
- Funktionsstörung der Leber
- Hypoalbuminämie (niedrige Konzentration des Proteins Albumin im Plasma)
- Schilddrüsenerkrankungen
- Hyperkortisolismus (Cushing-Syndrom: hohe Konzentration von Glukokortikoiden im Blut)
- Lipödem (Fettverteilungsstörung)
- Schwangerschaft
- Prämenstruelles Ödem in der zweiten Zyklushälfte
Medikamente
Darüber hinaus können Ödeme als Nebenwirkungen von Medikamenten auftreten. Mögliche Auslöser sind u. a.:
- Kalziumantagonisten (Kalziumblocker)
- Nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR)
- Kortikosteroide
- Östrogene
- Antidepressiva
Hintergrund
Wasser kann im Körper innerhalb und außerhalb der Zellen vorkommen. Etwa 1/3 des Körperwassers befindet sich außerhalb. Davon befinden sich rund 25 % innerhalb der Blut- oder Lymphgefäße (intravasale Flüssigkeit), während 75 % zwischen den Gefäßen sind (interstitielle Flüssigkeit). Diese Flüssigkeiten tauschen sich miteinander aus, wobei normalerweise ein Gleichgewicht zwischen Aus- und Eintritt von Flüssigkeit in die Gefäße herrscht. Ödeme entstehen, wenn dieses Gleichgewicht gestört ist und das Volumen der interstitiellen Flüssigkeit zunimmt.
Häufigkeit
Hinsichtlich der Häufigkeit von Beinödemen als Grund für einen Besuch der Hausarztpraxis liegen wenig Daten vor. Die Häufigkeit liegt schätzungsweise bei 4–8 %.
Bei Betroffenen über 50 Jahre treten Beinödeme vermutlich am häufigsten in Zusammenhang mit Venenschwäche auf.
Typische Arten von Ödemen sind:
- Venöses Ödem: erhöhter Austritt von Flüssigkeit aus den Gefäßen, den das Lymphsystem nicht mehr ausgleichen kann.
- Lymphödem: Einlagerung von Flüssigkeit im Bindegewebe durch Funktionsstörung im Lymphsystem
Untersuchungen
In der Hausarztpraxis
Wichtige Informationen für das Arztgespräch sind beispielsweise vor Kurzem durchgeführte Operationen, insbesondere im Bauch- oder Beckenbereich, Traumata und Hautverletzungen.
Für Ärzt*innen sind folgende Informationen besonders wichtig:
- Ist nur ein Fuß bzw. Bein geschwollen oder beide?
- Seit wann leiden Sie unter geschwollenen Beinen? Wie haben sich die Beschwerden entwickelt?
- Leiden Sie an anderen Beschwerden oder Erkrankungen?
- Leiden oder litten Sie früher unter einer Beinvenenthrombose?
- Leiden oder litten Sie früher an einer Erkrankung des Herzens?
- Nehmen Sie Medikamente ein? Falls ja, welche?
Wichtig sind insbesondere auch Vorerkrankungen, die möglicherweise das Beinödem verursacht haben. Folgende Erkrankungen sollten beim Arztbesuch zur Sprache kommen:
- Thrombosen oder Gerinnungsstörungen
- Herzerkrankung, insbesondere Herzschwäche
- Lungenerkrankungen und Schlafapnoe-Syndrom
- Chronische Nierenerkrankungen und Niereninsuffizienz
- Erkrankungen von Leber, Darm oder Schilddrüse
- Bösartige Tumore und damit verbundene Operationen sowie Strahlenbehandlung und Chemotherapie
Die Ärztin/der Arzt führt eine gründliche Untersuchung der Beine und des Leistenbereichs durch. Weitere Untersuchungen betreffen:
- Gewicht und Body-Mass-Index (Liegt Übergewicht vor?)
- Temperatur
- Pulsstatus (Prüfung der Durchblutung an Armen und Beinen)
- Zeichen einer schwerwiegenden Erkrankung
Eventuell können weitere Untersuchungen notwendig sein, z. B. Blutabnahme, Urinprobe, EKG, Ultraschall des Bauchraums, Spirometrie (Untersuchung der Lungenfunktion).
Bei Spezialist*innen
Folgende Untersuchungen können ergänzend sinnvoll sein – vor allem, um Begleiterkrankungen zu erkennen: Ultraschall der Beinvenen, Röntgen der Lunge, Echokardiografie, CT und MRT, Lymphszintigrafie (nuklearmedizinische Untersuchung des Lymphsystems), Schlaflabor (bei Verdacht auf Schlafapnoe-Syndrom).
Behandlung
Eine mögliche Behandlung hängt von der Ursache der Beinödeme ab. Bei vorliegender Grunderkrankung geht es zunächst darum, diese zu behandeln. Je nach Art des Ödems können sind folgende Maßnahmen und Behandlungen möglich:
- eingeschränkte Verwendung von Salz (z. B. bei Nierenerkrankung)
- Diuretikatherapie (entwässernde Medikamente, z. B. bei Herzschwäche)
- Kompressionstherapie (durch Stützstrümpfe oder Bandagen, z. B. bei chronisch venöser Insuffizienz)
- komplexe physikalische Entstauungstherapie (Lymphdrainage, z. B. beim Lymphödem)
- Bei Bedarf: Umstellung der Medikation, wenn das Ödem als Nebenwirkung eines Medikaments auftritt.
Weitere Informationen
- Beinödeme – Informationen für ärztliches Personal
Autorin
- Nina Herrmann, Wissenschaftsjournalistin, Flensburg