Lungenkrebs (Bronchialkarzinom)
Lungenkrebs ist ein besonders gefährlicher Krebs; oft befindet sich die Erkrankung zum Zeitpunkt der Diagnose bereits im fortgeschrittenen Stadium. Operation, Strahlentherapie sowie Chemotherapie zählen zu den üblichen Behandlungsmethoden.
Was ist Lungenkrebs?
Definition
Lungenkrebs bezeichnet bösartige Tumore in der Lunge bzw. in den Bronchien, also den Atemwegen. Bronchialkarzinome lassen sich je nach Aussehen der Krebszellen in der mikroskopischen Untersuchung in zwei Gruppen unterteilen: kleinzellige und nicht-kleinzellige Tumore. Kleinzellige Bronchialkarzinome machen 15–20 % aller Bronchialkarzinome aus. Bei der häufigeren nicht-kleinzelligen Art unterscheidet man weiter zwischen Adenokarzinom (25–30 %), Plattenepithelkarzinom (30–40 %) und großzelligem Karzinom (< 10 %).
Zusätzlich zu Bronchialkarzinomen, deren Zellen aus Bronchialgewebe abstammen, können in der Lunge auch Tumore von Lungenfell (Pleura) oder anderem Lungengewebe vorkommen. Zudem entwickeln sich Metastasen (Tochtergeschwulste) anderer Tumore manchmal im Bereich der Lunge.
Symptome
Ein Bronchialkarzinom im Frühstadium verursacht oft keine Beschwerden. Ansonsten sind die Symptome abhängig von der Lage und Größe sowie davon, ob es auf umliegende Gewebe und benachbarte Organe übergegriffen oder Fernmetastasen (Tochtergeschwulste) gebildet hat. Treten die ersten Symptome auf, ist der Lungenkrebs in der Regel bereits weit fortgeschritten.
Zu den ersten Symptomen zählen Husten (65 % der Betroffenen) und blutiger Auswurf (35 %). Im fortgeschrittenen Krankheitsverlauf können Symptome wie Schmerzen im Bereich der Brust (50 %), erschwerte Atmung (60 %), nicht ausheilende oder immer wiederkehrende Lungenentzündungen, Müdigkeit und Gewichtsverlust auftreten. Auch Heiserkeit kann auf ein vorhandenes Lungenkarzinom hindeuten.
Lungenkrebs kann zudem auf die Speiseröhre drücken und Schluckstörungen auslösen. Befindet sich der Tumor im Bereich einer Lungenspitze (also etwas unterhalb des Schlüsselbeins), leiden die Betroffenen oft an Schmerzen und/oder Gefühlsstörungen in dem entsprechenden Arm bzw. im Schulterbereich. Hat der Tumor gestreut, sind z. B. Lymphknoten unter dem Schlüsselbein geschwollen. Metastasen im Gehirn treten bei 10 % aller Patient*innen auf und lösen Kopfschmerzen, Sehstörungen, Krampfanfälle oder andere neurologische Auffälligkeiten aus. Knochenmetastasen führen zu Knochenschmerzen und häufigeren Brüchen.
Wie bei anderen Krebserkrankungen auch können weitere Beschwerden auftreten, wie z. B. Hautveränderungen.
Ursachen
Rauchen ist sowohl bei Frauen als auch Männern die mit Abstand häufigste Ursache für Lungenkrebs (80–90 % der erkrankten Personen haben in der Vergangenheit geraucht). Auch andere Tabakprodukte wie Pfeife oder Zigarren gehen mit einem erhöhten Lungenkrebsrisiko einher. Passivrauchen gehört ebenfalls zu den Risikofaktoren für Lungenkrebs.
Zu den häufigsten arbeitsbedingten Risikofaktoren zählt die berufliche Exposition mit Asbest. Wer raucht und zudem Asbest ausgesetzt war oder ist, trägt ein enorm erhöhtes Risiko, an Lungenkrebs zu erkranken. Andere potenziell krebserregende Substanzen sind Feinstaub (Autoabgase), Chemikalien wie Schwermetalle, Kohlenwasserstoffe in Ruß und Teer und radioaktive Strahlung, z. B. Radon aus dem Erdboden.
Menschen mit bereits bestehenden chronischen Lungenkrankheiten wie chronisch obstruktiver Lungenerkrankung (COPD), Lungenfibrose oder Tuberkulose erkranken häufiger an einem Bronchialkarzinom als andere.
Häufigkeit
Lungenkrebs zählt zu den häufigsten Krebsarten. In Deutschland wird diese Diagnose bei 21 von 100.000 Frauen und 65 von 100.000 Männern im Jahr gestellt. Der Tumor ist bei Männern die häufigste, bei Frauen die dritthäufigste Ursache krebsbedingter Todesfälle. Die meisten Erkrankten sind zwischen 75 und 80 Jahren alt. Parallel mit dem zunehmenden Zigarettenkonsum über die letzten Jahrzehnte steigt auch die Anzahl der Erkrankungen bei Frauen.
Untersuchungen
- Am Anfang der Untersuchung wird nach den genauen Beschwerden, deren Dauer und Schwere sowie nach dem Zigarettenkonsum, anderen Risikofaktoren, früheren und aktuellen weiteren Krankheiten oder Krebsfällen in der Familie etc. gefragt.
- In der körperlichen Untersuchung werden v. a. auch Herz und Lungen abgehört.
- Zu den notwendigen Untersuchungen, um eine Verdachtsdiagnose auf Lungenkrebs zu sichern, gehören das Röntgen und die Computertomografie (CT). In der Regel umfasst die CT auch Leber und andere Organe des Oberbauchs, da Lungenkrebs oft früh auf diese Organe übergreift.
- Die sog. Bronchoskopie, bei der die Atemwege mithilfe eines durch die Luftröhre eingeführten dünnen Schlauchs mit einer Kamera untersucht werden, führt zusammen mit der dabei durchgeführten Biopsie (Entnahme einer kleinen Gewebeprobe) meist zu einer gesicherten Diagnose. Befindet sich der Tumor im Randbereich der Lunge und ist per Bronchoskopie nicht zu erreichen, kann eine Biopsie von außen mithilfe einer langen Nadel durchgeführt werden. Die Gewebeproben werden anschließend im Labor mikroskopisch untersucht.
- Eine Knochen- oder Skelettszintigrafie dient dazu, potenzielle Metastasen im Skelett zu entdecken. Mit einer Magnetresonanztomografie (MRT) werden Querschnittsaufnahmen vom Gehirn erstellt, sofern der Verdacht besteht, dass der Tumor dorthin gestreut haben könnte. Mithilfe der Positronen-Emissionstomografie (PET) kann die Diagnose manchmal noch früher und genauer gestellt werden.
- Hat der Tumor das Lungenfell (Pleura) infiltriert, tritt ggf. ein Pleuraerguss auf, d. h. es sammelt sich Gewebeflüssigkeit zwischen den beiden Häuten des Lungenfells. Diese Flüssigkeit lässt sich mit einer feinen Nadel punktieren (Pleurapunktion) und untersuchen. Sind andere Organe durch Fernmetastasen befallen (z. B. Lymphknoten), wird möglicherweise auch davon eine Gewebeprobe zur Untersuchung entnommen.
- Diese Untersuchungen dienen neben der eigentlichen Diagnose dazu, Ausmaß, Ausbreitung und genauen Gewebetyp des Lungenkarzinoms festzustellen, da hiervon die Art der Therapie abhängt.
- Daneben werden verschiedene Bluttests durchgeführt und wichtige Organe wie Leber und Nieren auf ihre Funktion hin geprüft.
- Im Blut sind zudem oft sog. Tumormarker nachweisbar – bestimmte Substanzen, die bei Vorhandensein eines Tumors im Blut erhöht sind. Je nach Lokalisation und Ausbreitung des Tumors können weitere Untersuchungen nötig werden.
- Vor allem für die Planung der Therapie wird zusätzlich die Lungenfunktion geprüft und untersucht, wie körperlich fit und belastbar die Patient*innen sind.
Behandlung
Nicht-kleinzelliger Lungenkrebs
- Beim nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinom ist eine vollständige operative Entfernung des Tumors die zunächst wirksamste Therapie. Leider ist der Tumor bei vielen Patient*innen für eine Operation aber schon zu groß, sodass ein solcher Eingriff nur bei etwa 25 % der Betroffenen möglich ist.
- Je nach Ausbreitung des Tumors erfolgt die Operation in unterschiedlicher Technik und Größenordnung.
- Nach der Operation oder auch ohne Operation wird eine Chemotherapie mit 1–2 Substanzen und/oder eine Strahlentherapie empfohlen. Auch wenn diese Therapien den Tumor in sehr vielen Fällen nicht heilen können, können sie doch das Wachstum des Krebses abbremsen und v. a. krebsbedingte Beschwerden lindern, darunter Atembeschwerden, Knochenschmerzen oder neurologische Störungen.
- Forschungen in den letzten Jahren haben gezeigt, dass einige nicht-kleinzellige Bronchialkarzinome über bestimmte genetische Merkmale verfügen, die eine sehr spezielle, sog. zielgerichtete Therapie mit neu entwickelten Substanzen ermöglicht. Kommt ein*e Patient*in für eine solche Therapie infrage, bedeutet dies oft einen zusätzlichen Überlebensgewinn.
Kleinzelliger Lungenkrebs
- Bei kleinzelligen Lungenkarzinomen wird ebenfalls zuerst eine Operation empfohlen.
- Je nach Krankheitsstadium wird zusätzlich zu einer Chemotherapie mit verschiedenen Substanzen oder im Verlauf eine Strahlentherapie durchgeführt. Häufig wird vorsorglich auch das Gehirn bestrahlt, um Metastasen vorzubeugen oder diese zu verkleinern.
- Auch beim kleinzelligen Lungenkarzinom gibt es inzwischen verschiedene Wirkstoffe, die eine zielgerichtete Therapie entsprechend den Merkmalen der Tumorzellen darstellen. Für dieses Karzinom sind diese Substanzen jedoch bisher nicht zugelassen, sondern werden (noch) nur im Rahmen von Studien angewendet.
Vorbeugung
- Am wichtigsten ist es, nicht zu rauchen; es ist aber auch nie zu spät, mit dem Rauchen aufzuhören. Auch wer erst mit etwa 45–50 Jahren das Rauchen aufgibt, kann das Lungenkrebsrisiko noch um 90 % verringern. In einem sehr frühen Stadium kann selbst bei bereits entstandenem Lungentumor ein Rauchstopp die Prognose verbessern.
- Sind Sie beruflich krebserregenden Substanzen ausgesetzt, informieren Sie sich über entsprechende Sicherheitsrichtlinien.
- Eine ausgewogene Ernährung und regelmäßige körperliche Aktivität reduzieren ganz allgemein das Risiko, an Krebs zu erkranken.
- Für langjährige starke Raucher*innen in höherem Alter, die evtl. zusätzlich noch weitere Risikofaktoren für Lungenkrebs aufweisen, empfehlen Expert*innen, Vorsorgeuntersuchungen in Form einer Computertomografie. Die Rahmenbedingungen für ein Lungenkarzinom-Früherkennungsprogramm in Deutschland werden derzeit erarbeitet (Stand April 2023).
Prognose
- Bei Lungenkrebs handelt es sich um eine sehr ernste Erkrankung mit insgesamt eher schlechter Prognose. Diese Krebsart tendiert stark dazu, schon im Frühstadium auf andere Organe überzugreifen, weshalb sich die Symptome oftmals nicht auf die Lunge beschränken.
- Mehr als die Hälfte aller Patient*innen mit Lungenkrebs stirbt innerhalb eines Jahres nach Diagnosestellung. Die durchschnittliche Überlebenszeit liegt bei 10–12 Monaten, die 5-Jahres-Überlebensrate unter 20 %.
- Nach einer chirurgischen Behandlung beträgt die 5-Jahres-Überlebensrate für Männer ca. 40 % und für Frauen > 50 %.
- Dies variiert allerdings von Patient*in zu Patient*in sowie von Tumor zu Tumor. Wird der Tumor frühzeitig entdeckt, können einige Patient*innen dank Operation sowie Chemo-/Strahlentherapie ein langfristiges Überleben erreichen.
- Wie sehr das tägliche Leben durch ein Erkranken an Lungenkrebs beeinflusst wird, hängt vom Grad der Beschwerden ab. Kurzatmigkeit und Müdigkeit sind sehr häufig und können zu deutlichen Einschränkungen im Alltag führen.
- Patient*innen mit Lungenkrebs, die keine Aussicht auf komplette Heilung haben, müssen meist lernen, mit verschiedenen Beschwerden umzugehen. Für diese Probleme, z. B. Schmerzen, Atembeschwerden, Husten, Übelkeit und Angst, gibt es jedoch Möglichkeiten der Linderung. Sprechen Sie mit Ihrer Ärztin/Ihrem Arzt.
- Die Diagnose Lungenkrebs stellt für die meisten Betroffenen einen schweren Schock dar. Viele Krankenhäuser verfügen über ein Angebot an aktiver und gut organisierter Unterstützung für Krebspatient*innen. Darüber hinaus wird die Klinik auch bei der Vermittlung von Kontakten zu anderen Betroffenen und mit weiteren Informationen zur Krebserkrankung behilflich sein.
Weitere Informationen
- Rauchen schadet Ihrer Gesundheit
- Warum sollten Sie das Rauchen aufgeben, und wie gelingt es?
- Bronchialkarzinom – Informationen für ärztliches Personal
Autor
- Markus Plank, MSc BSc, Medizin- und Wissenschaftsjournalist, Wien
Quellen
Literatur
Dieser Artikel basiert auf dem Fachartikel Bronchialkarzinom. Nachfolgend finden Sie die Literaturliste aus diesem Dokument.
- Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP), Deutsche Krebsgesellschaft (DKG). Prävention, Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Lungenkarzinoms. AWMF-Leitlinie Nr. 020-007OL S3, Stand 2022. www.awmf.org
- Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie (DGHO). Lungenkarzinom, kleinzellig (SCLC) - Empfehlungen der Fachgesellschaft zur Diagnostik und Therapie hämatologischer und onkologischer Erkrankungen. Stand Januar 2023. www.onkopedia.com
- Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie (DGHO). Lungenkarzinom, nicht-kleinzellig (NSCLC) - Empfehlungen der Fachgesellschaft zur Diagnostik und Therapie hämatologischer und onkologischer Erkrankungen. Stand November 2022. www.onkopedia.com
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