Leberzirrhose und chronisches Leberversagen
Was ist eine Leberzirrhose?
- Patienteninformation.de: Leber-Erkrankungen: Information in Leichter Sprache
Definition
Von einer Leberzirrhose sprechen Fachleute, wenn das für Entgiftung und Energiestoffwechsel zuständige weiche Gewebe der Leber immer weiter verschwindet. Stattdessen bleibt Bindegewebe zurück, das diese Funktionen nicht erfüllen kann. Ursache des Umbaus ist eine chronische Entzündung.
Die Leber ist die Stoffwechselzentrale des Körpers. Aus giftigen Stoffen macht sie gut verträgliche. Und vor allem ist sie ein Drehkreuz des Energiestoffwechsels, verwandelt, verwaltet und speichert Nährstoffe. Die Leberzellen, die diese komplexen Aufgaben erfüllen, sterben bei einer Zirrhose ab. Die weiche, fast den gesamten Bereich unter den Rippenbögen ausfüllende Leber wird dabei nicht nur immer kleiner und härter. Sie kann ihre Funktion auch nur noch eingeschränkt erfüllen. Die Folge: Die Verdauung von Fett, die Speicherung von Kohlenhydraten oder die Verarbeitung von Cholesterin als Baustein der Zellmembranen ist beeinträchtigt. Wenn Lebergewebe schrumpft, dann kann auch die Blutgerinnung aus dem Gleichgewicht geraten. Denn bestimmte Stoffe, die das Blut flüssig halten beziehungsweise Wunden verschließen helfen, stammen aus Leberzellen.
Ohne Behandlung werden die Zellen des Organs immer weiter zerstört. Die Leber kann ihre Aufgabe immer schlechter erfüllen, bis sie schließlich ganz ausfällt. Diese "Leberversagen" ist "chronisch", denn es handelt sich im einen schleichenden, Monate oder Jahre dauernden Prozess.
Symptome
Weil die übrig gebliebenen Zellen in der Leber möglichst viele Aufgaben der abgestorbenen übernehmen, kann eine sich entwickelnde Leberzirrhose erstmal unentdeckt bleiben. Zunächst macht sie vor allem müde. Andere erste Symptome wie Völlegefühl, Blähungen oder Übelkeit können leicht mit einer Magenverstimmung verwechselt werden.
Wenn dann ein Druck im rechten Oberbauch dazukommt, man plötzlich Gewicht verliert, ohne weniger gegessen zu haben, oder die Haut ohne ersichtlichen Grund juckt, sind das schon klarere Anzeichen für eine eingeschränkte Leberfunktion. Genau wie dunkel gefärbter Urin bei gleichzeitig zu hell gefärbtem Stuhl. Spätestens jetzt sollten Sie die Symptome ärztlich abklären lassen.
Typische Zeichen sind auch Veränderungen an den Blutgefäßen. Als Schaltzentrale des Stoffwechsels hat die Leber einen großen Zustrom von Blut aus Richtung des Darms, über ihre Pfortader. Das einströmende Blut verteilt sich auf die verschiedenen Bereiche der Leber. Sterben dort immer mehr Zellen ab, entstehen Engstellen im Blutstrom, Blut staut sich zurück. Venen reagieren auf den Druck mit Ausstülpungen, es entstehen Krampfadern, die an der Bauchoberfläche aks dicke bläuliche Linien deutlich zu sehen sind, oder rote Punkte mit roten Äderchen rundherum.
Schreitet die Schädigung der Leber voran, verfärbt sich die Haut – das Weiße in den Augen und die Haut am Körper – gelblich. Gleichzeitig können der Harn eine dunklere, der Stuhl eine hellere Farbe bekommen. Typisch ist auch: Der Körpergeruch verändert sich, ein Geruch, der an abgestandenen Urin erinnert. Ursache ist das beißend riechende Ammoniak, das beim Abbau von Proteinen entsteht und nun von der Leber nicht mehr gut aus dem Blut herausgefiltert wird.
Ist schon viel Lebergewebe abgestorben, kann sich durch die Stauungen in den Blutgefäßen Flüssigkeit im Bauchraum sammeln: der Bauch, oft auch der Bauchnabel, wölben sich prall nach vorn, Ärzt*innen sprechen von Aszitis. Es sind Umstände, unter denen Sie sehr zeitnah Kontakt zu Ihrer Arztpraxis oder einer Klinik suchen sollten.
Auch in der Speiseröhre können durch den Rückstau in der Pfortader Krampfadern entstehen, platzen sie, besteht akute Lebensgefahr.
Ebenfalls ein lebensbedrohlicher Notfall, dessen Zeichen Sie kennen sollten: das so genannte Leberkoma: Dabei reichert sich so viel Ammoniak im Blut an, dass das die Gehirnfunktion beeinträchtigt. Ein Leberkoma beginnt mit Schläfrigkeit, Verwirrtheit oder Sprachstörungen und führt ohne Behandlung schließlich zu Bewusstlosigkeit und Tod.
Häufigkeit
In Deutschland ist Leberzirrhose eine häufige Erkrankung. Pro Jahr werden 23.000 Menschen damit in Kliniken eingewiesen (www.gbe-bund.de), Forscher schätzen, dass einer von 2000 Einwohner:innen betroffen sein könnte (www.gbe-bund.de).
Ursachen
Vor 20 Jahren war Alkoholkonsum die mit Abstand häufigste Ursache, vier von fünf Fälle wurden hierzulande durch das Zellgift verursacht (www.gbe-bund.de). Aktuelle Daten gibt es dazu für Deutschland nicht.
Es ist aber bekannt, dass nun immer mehr Leberzirrhosen durch Übergewicht ausgelöst werden. Wer sich zu energiereich ernährt, vor allem zu viel Zucker und Stärke und zu wenig Ballaststoffe isst, sich gleichzeitig kaum bewegt, der riskiert, dass die Leber ihre Funktion als Energiespeicher übererfüllt. Die Leberzellen lagern überschüssige Energie als Fett ein. Das kann sie mit der Zeit überlasten, sei absterben lassen.
Der zweithäufigste Grund für den Untergang von Leberzellen sind Virusinfektionen, die länger als sechs Monate bestehen, also chronisch geworden sind. Meistens ist dann das Hepatitis-C-Virus beteiligt. Eine Hepatitis-C-Infektion (RKI ) ist am wahrscheinlichsten durch kontaminiertes Blut, etwa wenn man sich mit anderen Injektionsbesteck teilt, auch Hepatitis-B-Viren (RKI ) können dahinterstecken, sie sind außer durch Blut auch relativ leicht sexuell übertragbar.
Bestimmte Medikamente wie Paracetamol können die Leberzellen ebenfalls dauerhaft schädigen. Genau wie eine Reihe anderer Erkrankungen. Auch bestimmte Autoimmunerkrankungen, Erbkrankheiten, Infektionen mit dem Fuchsbandwurm oder chronische Gallenwegserkankungen können hinter einer Leberzirrhose stecken.
Untersuchungen
Ihre Ärztin oder Ihr Arzt wird zunächst Ihren Bauch abtasten, die Größe der Leber bestimmen und nach Hautzeichen einer Leberzirrhose suchen, also nach der Gelbfärbung und den charakteristisch verdickten Blutgefäßen.
Bei einer Ultraschalluntersuchung ist zu sehen, wie viel gesundes Gewebe es in der Leber gibt und ob das Blutgefäßsystem dort Engstellen hat. Außerdem lässt sich mit einem Schallkopf die Menge von Wasser im Bauchraum abschätzen.
Eine Blutuntersuchung gibt schließlich Aufschluss darüber, wie gut das Organ seine Funktion erfüllt. Zusätzlich kann das medizinisches Labor auch nach Werten suchen, die verraten, ob die Leberzellen gestresst und entzündet sind.
Um noch genauer hinzusehen, ist es manchmal nötig, auch noch CT- oder MRT-Aufnahmen zu machen. Im CT kann man innere Organe dreidimansional abbilden. Im MRT werden Weichteile und Wassereinlagerungen besonders genau aufgezeichnet.
Fällt bei diesen Untersuchungen etwas auf, das auf einen Tumor hinweisen könnte, dann wird eine Gewebeprobe aus der Leber genommen werden. Für diese Leberpunktion mit einer Nadel reicht eine örtliche Betäubung, sie kann ambulant in einer Facharztpraxis stattfinden.
Behandlung
Ziel der Behandlung ist es, das Fortschreiten der Krankheit aufzuhalten. Einmal verschwundene Zellen wachsen leider nicht mehr nach.
Ganz wichtig ist es, nun alle Stoffe, die die Leber belasten könnten zu vermeiden. Neben Alkohol sind das bestimmte Schmerzmittel, Psychopharmaka und antibiotische Arzneimittel, die die Leber schädigen. Bei welchen Wirkstoffen Sie aufpassen müssen, wird Ihre Hausarztpraxis mit Ihnen besprechen.
Geht die Lebererkrankung auf eine Infektion mit Hepatitis-Viren zurück, dann kann diese mit bestimmten virushemmenden Mitteln behandelt werden (https://www.dgvs.de/wissen/leitlinien/leitlinien-dgvs/hepatitis-c/ ).
Da sich der Stoffwechsel bei einer Leberzirrhose stark verändert, ist es wichtig, dass Sie bei Ihrer Ernährung Rat in einer Fachpraxis für Gastroenterologie oder Ernährungsmedizin suchen. Viele Betroffene haben einen erhöhten Grundumsatz und leiden unter Proteinmangel (www.dgem.de ), was zu Muskelabbau führt. Hinzu kommen Schwierigkeiten, den eigenen Zuckerhaushalt zu steuern, und mitunter schwere Mangelzustände für eine ganze Reihe von Vitaminen. Um Ihnen eine konkrete Empfehlung für Ihre Ernährung und Zusatzstoffe zu geben, muss erst bekannt sein, welche Probleme bei Ihnen genau vorliegen.
Auch bei Infektionen wie Erkältungen sollten sie vorsichtshalber Ihre Arztpraxis konsultieren. Oft ist es sinnvoll, frühzeitig mit (leberverträglichen) Antibiotika oder entzündungshemmenden Stoffen zu intervenieren, bevor zum Beispiel bakterielle Infektionen den Körper und damit auch die Leber zu stark belasten.
Es gibt eine ganze Reihe von Medikamenten, die die Symptome der Leberzirrhose und ihre Risiken lindern. Entwässernde Tabletten lassen das Bauchwasser schwinden, leicht abführende Medikamente wie Lactulose verringern die Ansammlung von Ammoniak im Blut, Blutdruck senkende Mittel senken das Risiko, dass die überlasteten Gefäße reißen. Sinnvoll kann auch sein, zur Entlastung der Pfortader eine chirurgische Umgehung zu bauen, einen so genannten transjugulären intrahepatischen portosystemischen Shunt (TIPS).
Vielleicht setzt Sie Ihre Arztpraxis auf die Liste für eine Lebertransplantation. Das ist dann der richtige Schritt wenn sich der Abbau der Leberzellen nicht anders aufhalten lässt. Es ist die Chance, mit einer gesunden Leber noch einmal anzufangen ist aber in Deutschalnd nur dann möglich, wenn Sie vorher mindestens sechs Moonate konsequent auf Alkohol verzichtet haben.
Leberzirrhose ist eine komplexe Erkrankung. Deswegen sollten Sie regelmäßige Verlaufskontrollen bei Ihrer Hausarztpraxis oder den behandelnden Fachärzt:innen wahrnehmen. So werden Veränderungen sofort bemerkt werden und man kann mit Ihnen rechtzeitig besprechen, was dagegen zu tun ist.
Was können Sie selbst tun?
Wenn Sie dazu in der Lage sind, dann unterstützen Sie Ihren Körper unbedingt durch Bewegung. Studien haben gezeigt, dass eine Umstellung auf einen aktiveren Lebensstil den Untergang des Lebergewebes aufhalten kann. Kraftsport oder Spaziergänge wirken dem krankheitsbedingten Muskelschwund entgegen, steigern die Leistungsfähigkeit und senken das Risiko für ein Leberkoma. Ärzte am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein empfehlen ihren Patient:innen zum Beispiel diese Übungen: Lebersport.
Vorbeugung
Der beste Schutz für die Leber ist, sie nicht zu überfordern. Dazu gehört, Giftstoffe wie Alkohol möglichst ganz zu meiden und Medikamente nur dann einzusetzen, wenn sie wirklich nötig sind. Dass Bewegung und Ernährung bei Ihnen in einer guten Balance sind, merken Sie daran, dass sie kein Übergewicht udn eine gut entwickelte Muskulatur haben.
Wenn Sie eine Abhängigkeitserkankung in Bezug auf Stoffe haben, die man sich injiziert, nutzen sie bitte immer nur die eigenen sauberen Spritzen. Infektionen mit dem Fuchsbandwurm vermeiden Sie, indem sie Früchte aus dem Wald oder dem Garten vor dem Essen gründlich abspülen. Leben Sie mit Hunden zusammen, die viel im Wald unterwegs sind, dann lassen Sie die Tiere alle drei Monate entwurmen.
Auch falls bei Ihnen eine Erkrankung mit einem erhöhten Risiko für eine Leberzirrhose besteht, wenn zum Beispiel eine Fettleber (Link) oder eine Leberfibrose (Link) diagnostiziert wurde, sollten Sie auf leberschädigende Stoffe (siehe Behandlung) verzichten und ein konsequentes Bewegungsprogramm starten. Bei den Vorstufen der Leberzirrhose hat auch die Umstellung der Ernährung einen günstigen Effekt. Vor allem zu viel zu essen und Nahrungsmittel mit Zucker oder Stärke sollte Sie meiden, durch ballaststoffreiches Gemüse und Vollkornprodukte ersetzen.
Prognose
Leberzirrhose ist eine ernste Erkrankung. Je nachdem, wie stark sie fortgeschritten ist, kann sie die Lebenserwartung deutlich verkürzen. Es gibt aber auch Fälle in denen menschen 20 Jahre ohne Verschlechterung überleben.
Betroffene sind nicht machtlos. Entscheidend ist, wie ernst Sie die Umstellung Ihres Lebenswandels nehmen. Diese Zahlen illustriern das: Zwar stirbt jeder Zweite mit alkoholbedingter Leberzirrhose innerhalb von 5 Jahren, wenn er weiter trinkt (https://www.internisten-im-netz.de/krankheiten/leberzirrhose/prognose-vorsorge.html ). Hören er oder sie aber auf, dann kann einer aktuellen Studie zu Folge (Studie ) das Leberversagen bei der Hälfte der Betroffenen verhindert werden.
Weitere Informationen
- Alkohol – Missbrauch oder Abhängigkeit?
- Übergewicht
- Diabetes mellitus
- Hepatitis C (Link)
- Hepatitis B
- Leberzellkarzinom
- Leberzirrhose und chronische Leberinsuffizienz – Informationen für ärztliches Personal
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Autorin
- Nike Heinen, Wissenschaftsjournalistin