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Chronisches Erschöpfungssyndrom (CFS)

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Definition:
Ein Syndrom, das mit einem schwerwiegenden und anhaltenden Gefühl der Erschöpfung sowie verschiedenen Zusatzsymptomen einhergeht. Es existieren viele Synonyme bzw. ähnliche Gesundheitsstörungen, z. B. chronisches Müdigkeitssyndrom, ME/CFS, systemische Belastungsintoleranzerkrankung (SEID). Inzwischen gibt es einen internationalen Konsens, dass PEM ein obligates, aber nicht das alleinige Symptom bei den Betroffenen ist. Die Ätiologie ist ungeklärt und möglicherweise heterogen. Auch der Verlauf ist heterogen und immer individuell zu erheben. Die Einordnung und Nomenklatur des CFS als eigene Krankheitsentität ist kontrovers. International ist die Bezeichnung ME/CFS, was für myalgische Enzephalomyelitis (oder Enzephalopathie)/chronisches Fatigue-Syndrom steht, am ehesten etabliert mit ICD Code G 93.3.
Häufigkeit:
Die Prävalenz liegt je nach Diagnosekriterien und Altersgruppe bei 0,002–2,5 % der Bevölkerung. Bei Vorliegen von PEM dürfte die Häufigkeit um 0,1 % liegen. Frauen sind häufiger betroffen als Männer. Auch ethnische Minderheiten, sozial Benachteiligte und Menschen mit niedrigem sozioökonomischem Status haben ein erhöhtes Erkrankungsrisiko.
Symptome:
Das Hauptsymptom ist eine anhaltende Erschöpfung nach Anstrengung, die zu einer wesentlichen funktionellen Einschränkung führt und sich nicht auf normale Weise durch Ruhe bessert mit nicht erholsamem Schlaf. Charakteristisch ist die Post-Exertional Malaise (PEM). Darunter versteht man eine langanhaltende Symptomverschlechterung nach leichter Anstrengung (geringfügiger Alltagsbelastung). Für das Kriterium PEM wird eine Symptomverschlechterung gefordert, die mindestens noch am Folgetag nach der Belastung oder länger besteht. Die Symptome haben zu einem konkreten Zeitpunkt begonnen, bestehen seit mindestens 6 Monaten und führen zu erheblichen funktionellen Beeinträchtigungen.
Untersuchung:
Es können folgende Zusatzbefunde vorliegen: Gedächtnis- und/oder Konzentrationsstörungen, Halsschmerzen, druckschmerzhafte Lymphknoten, orthostatische Dysregulation, Muskelschmerzen, Schmerzen in mehreren Gelenken, neu aufgetretener Kopfschmerz.
Diagnostik:
Die Diagnose kann nur gestellt werden, wenn es keine andere Erklärung für die Beschwerden gibt. Somit ist es eine Ausschlussdiagnose, die in der Regel aufgrund der Anamnese und körperlichen Untersuchung vermutet werden kann, ggf. flankiert durch einen CSF-spezifischen Fragebogen. Organmedizinische und Labor- sowie apparative Untersuchungen dienen vor allem der Abgrenzung von Differenzialdiagnosen. Hier gibt es bisher keine spezifischen Befunde für die Erkrankung.
Therapie:
Bisher gibt es keine gute Evidenz für die Wirksamkeit verschiedener Therapieformen. Kognitive Verhaltenstherapie kann insbesondere zur Behandlung von Begleitsymptomen angeboten werden. Es soll keine körperlichen Aktivierungen auf Basis des Dekonditionierungskonzeptes mit dem Ziel einer raschen Belastungssteigerung angeboten werden, da es hierbei zu anhaltenden Symptomverschlechterungen kommen kann. Vielmehr empfiehlt sich eine Beratung zur körperlichen Aktivität, die solche Überlastungen konsequent vermeidet (Pacing).
  • Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM). Müdigkeit. AWMF-Leitlinie Nr. 053-002. S3, Stand 2022. www.awmf.org 
  1. Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. Müdigkeit. DEGAM-Leitlinie Nr. 2 und AWMF-Leitlinie Nr. 053-002. S3. Stand 2022. www.degam.de  
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  • Erika Baum, Prof. Dr. med., Professorin für Allgemeinmedizin, Biebertal (DEGAM-Review)