Essenzieller Tremor (Zittern)
Ein essenzieller Tremor ist ein unwillkürliches, rhythmisches Zittern (Tremor) meist beider Hände und in einigen Fällen auch des Kopfes. Die Beschwerden entwickeln sich häufig langsam fort und sollten mit Medikamenten behandelt werden, wenn die Lebensqualität eingeschränkt ist.
Was ist ein essenzieller Tremor?
Definition
Als Tremor wird das unwillkürliche Zittern, meistens der Hände, bezeichnet. Aber auch andere Körperregionen können betroffen sein. Beim essenziellen Tremor handelt es sich um eine gutartige neurologische Bewegungsstörung. Im Gegensatz zu anderen Arten des Tremors tritt das Zittern nicht im Rahmen einer anderen Erkrankung oder der Einnahme von Medikamenten auf. Die Symptome bestehen über mindestens 3 Jahre.
Neuerdings wird der Essenzielle Tremor plus abgegrenzt. Dabei treten zusätzlich leichte neurologische Symptome auf, z. B. leichte Gangstörungen oder Gedächtnisstörungen. Auch ein Zittern in Ruhe kann vorkommen.
Symptome
Die Erkrankung tritt meist im Erwachsenenalter auf und schreitet oft im Laufe der Jahre langsam voran. Der essenzielle Tremor tritt fast immer an beiden Händen auf, in einigen Fällen kann jedoch auch ein anderes Körperteil betroffen sein:
- Hände, Unterarme
- Kopf (25 %)
- Stimme (13 %)
- Beine (8 %)
- andere Körperregionen (8 %)
Typischerweise tritt das Zittern der Hände beim essenziellen Tremor nicht in Ruhe auf, sondern eher, wenn man versucht, eine bestimmte Position zu halten. Schwierigkeiten kann z. B. das Halten eines vollen Glases in der Hand bereiten. Auch bei aktiven Bewegungen kann das Zittern deutlich werden, wenn z. B. Gegenstände ergriffen werden. Man spricht daher beim essenziellen Tremor von einem Halte- und Aktionstremor. Bei ca. 15–25 % der Betroffenen zeigt sich das Zittern jedoch auch in Ruhe.
Die meisten Menschen mit essenziellem Tremor haben nur leichte Beschwerden. Ein Teil der Betroffenen hat jedoch Schwierigkeiten mit bestimmten Tätigkeiten und kann Probleme entwickeln, den Alltag zu bewältigen. Ein Tremor kann zudem als sozial beschämend empfunden werden. Verrichtungen wie Trinken, Benutzen von Besteck oder das Schreiben können eingeschränkt sein.
Der Tremor kann willentlich nicht beeinflusst werden und kann sich bei Aufregung, emotionaler Belastung, Müdigkeit, Koffeinkonsum oder extremen Temperaturen verstärken.
Über die Hälfte der Betroffenen gibt an, dass kleine Mengen an Alkohol eine vorübergehende Abschwächung bewirken können. Während des Schlafes tritt typischerweise kein Tremor auf.
Ursachen
Die genaue Ursache der Erkrankung ist bis heute ungeklärt. Vermutlich spielen verschiedene Faktoren eine Rolle. Häufig besteht eine erbliche Veranlagung, mehrere beteiligte Gene konnten identifiziert werden. Es kommt zu Funktionsstörungen in bestimmten Gehirnbereichen.
Bei vielen Betroffenen gibt es Hinweise auf ähnliche Erkrankungen in der Familie.
Häufigkeit
Der essenzielle Tremor ist die häufigste Bewegungsstörung. Weltweit leidet etwa 1 % der Gesamtbevölkerung an essenziellem Tremor. Die Häufigkeit steigt mit dem Alter an, etwa 5 % der Menschen über 65 Jahre leiden an der Erkrankung.
Untersuchungen
Die Diagnose wird klinisch, das bedeutet anhand der geschilderten Beschwerden und der Art des Zitterns gestellt. Im Anamnesegespräch werden die Symptome, Erkrankungen in der Familie und eingenommene Medikamente erfasst.
Die Patient*innen werden gründlich neurologisch untersucht. Ärzt*innen unterscheiden zwischen Zittern in Ruhe, beim Halten der Hände oder bei gezielten Bewegungen. Auch die Frequenz ist ein wichtiges Kriterium.
Äußert sich das Zittern für die Erkrankung untypisch oder treten weitere Beschwerden auf, sollen andere zugrunde liegende Erkrankungen sorgfältig ausgeschlossen werden. Wichtig ist hier insbesondere die Abgrenzung zu einer beginnenden Parkinson-Krankheit, die üblicherweise mit weiteren charakteristischen Symptomen einhergeht. Da auch bestimmte Medikamente einen Tremor auslösen können, soll hierauf ebenfalls geachtet werden.
Um andere Erkrankungen (z. B. Schilddrüsenüberfunktion) auszuschließen, werden ggf. Blutuntersuchungen durchgeführt. Weitere Untersuchungen sind nur selten erforderlich.
Behandlung
Das Ziel der Behandlung ist es, den Tremor zu vermindern sowie Funktionseinschränkungen und die Lebensqualität zu verbessern. Eine Heilung ist bislang nicht möglich.
Ob eine Behandlung erwogen wird, richtet sich nach dem Leidensdruck der Patient*innen.
Medikamente
- Medikamente können das Zittern verringern. Sie sind jedoch nur bei gut der Hälfte der Patient*innen wirksam.
- Die erste Wahl für die medikamentöse Behandlung ist Propranolol, ein Betablocker, oder Primidon aus der Gruppe der Antiepileptika. Auch eine Kombination beider Medikamente ist möglich und wirksamer als die einzelnen Behandlungen.
- Alternativ kann der Wirkstoff Topiramat verschrieben werden.
- Insbesondere wenn Kopf und/oder Stimme betroffen sind, können Injektionen mit Botulinumtoxin verabreicht werden.
Weitere Behandlungsmöglichkeiten
Bei schwerem Tremor reichen Medikamente häufig nicht aus. Dann können spezielle Verfahren eingesetzt werden:
- Ausschaltung betroffener Hirnareale mittels hochintensivem MRT-gesteuertem Ultraschall (fokussierter Ultraschall)
- Elektrostimulation über Klebeelektroden, die auf die Kopfhaut aufgebracht werden.
- Eine chirurgische Behandlungsmöglichkeit ist die tiefe Hirnstimulation (THS), dabei werden Elektroden in ein bestimmtes Areal des Gehirns eingesetzt und mit einer programmierbaren Stromquelle gekoppelt.
Prognose
Es handelt sich beim essenziellen Tremor um eine chronische Erkrankung, die in den meisten Fällen ein Leben lang bestehen bleibt. Der Tremor kann im Laufe des Lebens zunehmen oder sich auf andere Körperstellen ausweiten.
Die Erkrankung kann zu einer Beeinträchtigung alltäglicher Verrichtungen und eingeschränkter Lebensqualität führen. Bis zu 25 % der Patient*innen wechseln im Verlauf ihren Beruf oder geben ihn auf. Patient*innen mit milden Verläufen hingegen benötigen evtl. keine spezifische Therapie.
Weitere Informationen
- Zittern
- Essenzieller Tremor – Informationen für ärztliches Personal
Autorin
- Martina Bujard, Wissenschaftsjournalistin, Wiesbaden