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Zervikogener Kopfschmerz – Kopf- und Nackenschmerzen

Zervikogene Kopfschmerzen werden durch eine Störung im Bereich der oberen Halswirbelsäule hervorgerufen. Der Schmerz zieht vom Hinterkopf nach vorn.

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Was sind Kopf- und Nackenschmerzen?

Definition

Zervikogene Kopfschmerzen beginnen am Hinterkopf und breiten sich über den Kopf nach vorn aus. Die Ursache dafür ist eine Erkrankung im Bereich der Halswirbelsäule (von lat. Zervix, der Hals, Nacken). Deshalb spricht man auch von sekundären Kopfschmerzen.

Symptome

Der meist dumpf-ziehende Schmerz beginnt am Hinterkopf und zieht über den Kopf nach vorn. Er wird meist als moderat empfunden und hält über Stunden bis Tage an, wobei er sich zuweilen plötzlich verstärken kann.

Oft lässt sich der Schmerz durch Druck auf die Nackenmuskulatur oder bestimmte Kopfbewegungen auslösen, u. a. durch längeres Beugen oder Strecken des Kopfes.

Zervikogener Kopfschmerz kann von verschiedenen Symptomen begleitet sein:

  • Nackenschmerzen kommen häufig vor, aber nicht immer.
  • Übelkeit, Erbrechen, Licht- und Geräuschempfindlichkeit, jedoch in geringerem Ausmaß als bei Migräne
  • diffuse Schmerzen in Schulter oder Arm
  • Selten treten Schluckstörungen, Schwindel, Tränenfluss, eine laufende Nase oder eine Schwellung im Augenbereich auf.

Ursachen

Der Schmerz entsteht durch die Reizung einer sensiblen Nervenwurzel eines oberen Halswirbels, die den Hinterkopf und Nacken versorgt. Über Nervenverbindungen strahlt der Schmerz weiter nach vorn aus.

Die Reizung kann hervorgerufen werden durch:

  • Entwicklungsstörungen am Übergang zwischen Wirbelsäule und Schädel
  • Tumoren im Bereich des Übergangs zwischen Wirbelsäule und Schädel oder der oberen Halswirbelsäule
  • Morbus Paget des Schädels – eine Knochenerkrankung, die zu Verformungen führt und sich auf die Halswirbel auswirken kann.
  • rheumatoide Arthritis der oberen Halswirbelsäule
  • Morbus Bechterew – eine chronisch-entzündliche Erkrankung der Wirbelsäule
  • Verschleißerscheinungen an der Halswirbelsäule (zervikale Spondylose)
  • Knochenbruch der oberen Halswirbelsäule
  • Schleudertrauma
  • eine bakterielle Infektion der oberen Wirbelkörper (Osteomyelitis)
  • Verletzungen oder degenerative Veränderungen (Verschleißerscheinungen) der Gelenke der oberen Halswirbel
  • eine Sehnenentzündung im Halsbereich (retropharyngeale Tendinitis) 
  • eine Störung der Muskelspannung im Halsbereich (Dystonie)

Kopfschmerzen durch banale „Nackenschmerzen“ werden nicht als zervikogener Kopfschmerz bezeichet.

Häufigkeit

Etwa 0,4–4 % der Bevölkerung haben zervikogene Kopfschmerzen, Frauen häufiger als Männer. Das mittlere Erkrankungsalter liegt bei 33 Jahren.

Untersuchungen

Ärzt*innen fragen Sie zunächst nach den Merkmalen der Kopfschmerzen, Begleitsymptomen sowie möglichen Auslösern. Bei einer körperlichen Untersuchung von Kopf, Hals, Wirbelsäule und Schulter werden u. a. die Beweglichkeit der Halswirbelsäule, Verhärtungen der Muskulatur, Druckempfindlichkeit oder Schmerzen bei bestimmten Bewegungen überprüft.

Um mögliche Ursachen näher abzuklären, werden u. U. bildgebende Verfahren verwendet (Röntgen/CT/MRT). Je nach vermuteter Ursache erfolgt eine Überweisung an Neurolog*innen, Orthopäd*innen oder Schmerzspezialist*innen.

Neurolog*innen können die Signalübertragung eines gereizten Nervs mit einer Injektion von Kortison oder Mitteln zur örtlichen Betäubung in Nerven am Hinterkopf oder in Gelenke der Halswirbelsäule blockieren. Nehmen die Kopfschmerzen dadurch ab, so handelt es sich um zervikogenen Kopfschmerz.

Behandlung

Für den zervikogenen Kopfschmerz selbst gibt es bislang keine wirksame Therapie – nach Möglichkeit wird die zugrunde liegende Ursache behandelt.

Zur Schmerzlinderung können je nach Ursache Physiotherapie, manuelle Therapie, Entspannungstechniken wie progressive Muskelentspannung nach Jacobson, Bewegung und körperliche Aktivität eingesetzt werden.

Arzneimittel, die ohne eine Zulassung für zervikogenen Kopfschmerz verwendet werden (Off-Label-Therapie), sind:

  • Schmerzmittel wie Ibuprofen
  • Medikamente, die die Muskeln entspannen und dadurch Schmerzen lindern sollen (Muskelrelaxanzien).
  • bestimmte Antidepressiva
  • Krampflösende Wirkstoffe (Antikonvulsiva), die eigentlich zur Behandlung von Epilepsie dienen.

Schlägt eine probeweise Behandlung nicht an, so soll sie bald wieder abgesetzt werden, da ein Übergebrauch von Schmerzmitteln Kopfschmerzen verursachen kann.

Erwiesenermaßen unwirksam sind Botulinumtoxin und Opiate.

Eine Blockade der Signalübertragung eines gereizten Nervs, wie sie zur Diagnostik durchgeführt wird, kann Beschwerden lindern. Der Effekt hält jedoch durchschnittlich nur 24 Tage lang an.

Unter Umständen hilft eine Operation, um eine eindeutig zugrunde liegende Erkrankung zu bessern.

Prognose

Der Verlauf hängt von der Ursache des zervikogenen Kopfschmerzes ab.

Weitere Informationen

Autorin

  • Karen Zoufal, Medizinjournalistin, Helmstedt

Quellen

Literatur

Dieser Artikel basiert auf dem Fachartikel Zervikogener Kopfschmerz. Nachfolgend finden Sie die Literaturliste aus diesem Dokument.

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