Zervikogener Kopfschmerz – Kopf- und Nackenschmerzen
Der Schmerz beginnt in der Regel im Nacken und zieht über den Kopf in die Stirn, wo er meist am intensivsten erlebt wird.
Patienteninformationen teilen
https://deximed.de/home/klinische-themen/neurologie/patienteninformationen/kopfschmerzen/zervikogener-kopfschmerz/Was sind Kopf- und Nackenschmerzen?
Bei zervikogenen Kopfschmerzen handelt es sich um einen Kopfschmerztyp mit meist einseitig auftretenden Schmerzen. Diese Art von Kopfschmerzen haben ihren Ursprung in den knöchernen Strukturen oder im Weichteilgewebe der Halswirbelsäule (von lat. cervix, der Hals, Nacken). Es ist in aller Regel immer die gleiche Kopfseite betroffen.
Der Schmerz beginnt im Nacken und zieht über den Kopf in die Stirn, wo er meist am intensivsten erlebt wird. Die Schmerzen können auch in Schulter und Arm ausstrahlen.
Zervikogene Kopfschmerzen sind häufiger bei Frauen als bei Männern anzutreffen. Bis zu 4 % aller Menschen sind betroffen.
Ursache
Die Beschwerden sind häufig auf eine herabgesetzte Beweglichkeit im Bereich des Nackens oder des oberen Rückens zurückzuführen. Ursache hierfür können Krankheiten, Verletzungen oder Verschleißerscheinungen in diesem Bereich sein. Eine frühere Kopf- oder Nackenverletzung kann als Auslöser der Beschwerden in Betracht kommen. Einseitige Belastungen, z.B. am Arbeitsplatz (Computerarbeit), aber auch innere Spannungszustände wie Angst, Depression oder Stress können zur Krankheitsentstehung beitragen („Die Angst sitzt mir im Nacken!“).
Funktionsstörungen oder Schäden an den Gelenken zwischen dem zweiten und dritten Halswirbel scheinen die häufigste Ursache für zervikogene Kopfschmerzen darzustellen, sie machen rund 70 % aller Fälle aus. Das Gelenk zwischen dem ersten (Atlas) und zweiten Halswirbel (Axis) ist wahrscheinlich am zweithäufigsten für die Schmerzen verantwortlich. Erster und zweiter Halswirbel bilden die sogenannten „Kopfgelenke“, von hier ziehen viele Nerven zum Kopf und zum Nacken.
Diagnose
Diese Art von Kopfschmerz wird im Rahmen einer allgemeinen ärztlichen Untersuchung diagnostiziert, wobei unter Umständen anamnestisch weit in die Vergangenheit des Patienten zurückzugehen ist.
Charakteristisch sind einseitige Kopfschmerzen, die meist auf der gleichen Seite auftreten. Die Schmerzen stehen häufig im Zusammenhang mit der Position des Kopfes und bestimmten Bewegungen des Halses. Bei der weiteren Untersuchung wird die Beweglichkeit des Nackens kontrolliert, die häufig eingeschränkt ist. Dabei wird untersucht, ob die Schmerzen durch spezielle Positionen oder Bewegungen ausgelöst werden.
Blutuntersuchungen tragen nicht zur Diagnosestellung bei. Auch bildgebende Verfahren wie Röntgen, CT oder MRT sind wenig aufschlussreich. Durch einen Neurologen können die Nerven im Nacken mit einer Spritze betäubt werden. Ziel ist, eine Blockade des eingeklemmten Nervs zu erreichen, der für die Schmerzen verantwortlich ist. Wenn diese Behandlung erfolgreich ist, gilt die Diagnose als gesichert.
Auch nach einem Schleudertrauma können Kopfschmerzen auftreten, die teils lang anhaltend sein können. Für diese Kopfschmerzen gilt im Wesentlichen das Gleiche wie das für zervikogene Kopfschmerzen Gesagte.
Therapie
Therapieziel ist eine Linderung der Symptome sowie die Vorbeugung von möglichen zukünftigen Beschwerden. Als wichtige Maßnahmen haben sich Entspannungsübungen und die Anleitungen zu einem schonenden rücken- und nackengerechten Verhalten bewährt. Körperliche Aktivität ist ebenfalls wichtig! Versuchen Sie, still sitzende Tätigkeiten und Passivität zu vermeiden. Lokale Wärme kann lindernd sein.
Schmerzmittel und entzündungshemmende Medikamente (NSAR) können bei phasenweise starken Schmerzen wirkungsvolle Hilfe leisten. In manchen Fällen kann eine Nervenblockade versucht werden. Den Betroffenen wird ein Lokalanästhetikum in den Nacken injiziert, um die Schmerzsignale zu blockieren.
Physiotherapie kann bei sanfter Anwendung hilfreich sein. Zu Beginn kommt es nicht selten zu einer kurzzeitigen Verschlechterung, die jedoch bei sachgerechter Anwendung vorübergehend ist. Es ist daher wichtig, insbesondere zu Beginn der Behandlung Vorsicht walten zu lassen. Die Physiotherapie wird besser vertragen, wenn die Patienten mit sanften Muskeldehnungen beginnen und ein behutsames Stretching des Nackenbereiches vorgenommen wird. In einer groß angelegten Studie zum Vergleich der Wirkung einer manuellen Therapie, Übungen oder einer Kombination aus beiden zeigte sich, dass bei allen drei Varianten die Kopfschmerzen im Vergleich zur Kontrollgruppe, die keine physiotherapeutische Behandlung erhalten hatte, zurückgingen.
Physiotherapie, manuelle Therapie und mobilisierende Manipulationen (z.B. Chirotherapie) sind an der Halswirbelsäule immer schonend und sehr vorsichtig anzuwenden! Eine Atlastherapie sollte nur von erfahrenen, in der Regel ärztlichen, Therapeuten durchgeführt werden.
Eine Operation ist nur sehr selten angezeigt, wenn bildgebend strukturelle Veränderungen nachweisbar sind, die für die Beschwerden eindeutig verantwortlich gemacht werden können.
Prognose
Zu Beginn klagen die Patienten häufig über episodische Attacken, die mehrere Tage andauern. Nach und nach können die Beschwerden chronisch werden, wenn eine wirksame Therapie ausbleibt.
Eigene Bewegung und Entspannungsübungen können entscheidenden Einfluss auf den weiteren Verlauf haben.
Weitere Informationen
- Zervikogener Kopfschmerz – Informationen für ärztliches Personal
Autoren
- Caroline Beier, Dr. med., Fachärztin für Allgemeinmedizin, Hamburg
Quellen
Literatur
Dieser Artikel basiert auf dem Fachartikel Hodepine, cervikogen . Nachfolgend finden Sie die Literaturliste aus diesem Dokument.
- Headache Classification Committee of the International Headache Society (IHS) The International Classification of Headache Disorders, 3rd edition. Cephalalgia. 2018 Jan;38(1):1-211. PMID: 29368949 PubMed
- Frese A, Evers S. Biological markers of cervicogenic headache. Cephalalgia 2008; 28 (Suppl 1): 21.
- Bogduk N, Govind J. Cervicogenic headache: an assessment of the evidence on clinical diaganosis, invasive tests, and treatment. Lancet Neurol 2009; 8: 959. PubMed
- Sjaastad O. Cervicogenic headache: comparison with migraine without aura; Vaga study. Cephalalgia 2008; 28 (Suppl 1): 18.
- Haldeman S, Dagenais S. Cervicogenic headaches: a critical review. Spine J 2001; 1: 31. PubMed
- Knackstedt H, Bansevicius D, Aaseth K, Grande RB, Lundqvist C, Russell MB. Cervicogenic headache in the general population: The Akershus study of chronic headache. Cephalalgia 2010;30: 1468-76. PMID: 20974607 PubMed
- Schrader H, Stovner LJ, Ferrari R. Nakkeslengsyndrom - en oversikt Tidsskr Nor Lægeforen 2002; 122: 1296 - 9.
- Obelieniene D, Bovim G, Schrader H, Surkiene D, Mickeviaiene D, Miseviaiene I et al. Headache after whiplash: a historical cohort study outside the medico-legal context. Cephalalgia 1998; 18: 559 - 64. PubMed
- Biondi DM. Cervicogenic headache: a review of diagnostic and treatment strategies. J Am Osteopath Assoc 2005; 105: 16-22. pmid:15928349 PubMed
- Fredriksen TA, Fougner R, Tangerud A, Sjaastad O. Cervicogenic headache. Radiological investigations concerning head/neck. Cephalalgia 1989; 9: 139. PubMed
- Racicki S, Gerwin S, Diclaudio S, Reinmann S, Donaldson M . Conservative physical therapy management for the treatment of cervicogenic headache: a systematic review. J Man Manip Ther 2013; 21: 113. pmid:24421621 PubMed
- Linde M, Hagen K, Salvesen Ø, Gravdahl GB, Helde G, Stovner LJ. Onabotulinum toxin A treatment of cervicogenic headache: a randomised, double-blind, placebo-controlled crossover study. Cephalalgia. 2011; 31: 797-807. PMID: 21300635 PubMed
- Boudreau GP, Marchand L. Pregabalin for the management of cervicogenic headache: a double blind study. Can J Neurol Sci. 2014; 41: 603-10: pmid: 25373811 PubMed
- Watson JC, Swanson JW. Cervicogenic headache. UpToDate, last updated Apr 28, 2021. UpToDate
- Jull G, Trott P, Potter H, et al. A randomized controlled trial of exercise and manipulative therapy for cervicogenic headache. Spine 2002; 27: 1835. PubMed
- Luedtke K, Allers A, Schulte LH, May A. Efficacy of interventions used by physiotherapists for patients with headache and migraine-systematic review and meta-analysis. Cephalalgia 2016; 36: 474-92. pmid:26229071 PubMed
- Posadzki P, Ernst E. Spinal manipulations for cervicogenic headaches: a systematic review of randomized clinical trials. Headache 2011; 51(7): 1132-9 PubMed
- Geurts JW, van Wijk RM, Stolker RJ, Groen GJ. Efficacy of radiofrequency procedures for the treatment of spinal pain: a systematic review of randomized clinical trials. Reg Anesth Pain Med 2001; 26: 389 - 93. PubMed
- Suer M, Wahezi SE, Abd-Elsayed A, et al. Cervical Facet Joint Pain and Cervicogenic Headache Treated With Radiofrequency Ablation: A Systematic Review. Pain Physician 2022; 25: 251-263. pmid:35652765 PubMed
- Grandhi RK, Kaye AD, Abd-Elsayed A . Systematic Review of Radiofrequency Ablation and Pulsed Radiofrequency for Management of Cervicogenic Headaches. Curr Pain Headache Rep 2018; 22: 18. pmid:29476360 PubMed
- Nagar VR, Birthi P, Grider JS, Asopa A. Systematic review of radiofrequency ablation and pulsed radiofrequency for management of cervicogenic headache. Pain Physician 2015; 18: 109. pmid:25794199 PubMed
- Cooper G, Bailey B, Bogduk N. Cervical zygapophyseal joint pain maps. Pain Med 2007; 8: 344. PubMed