Epilepsie, Schwangerschaftsverhütung
Probleme bei der Schwangerschaftsverhütung beziehen sich in erster Linie auf die Anwendung hormoneller Verhütungsmittel bei gleichzeitiger Behandlung mit Antiepileptika.
Was sollten Sie beachten?
Medikamente gegen Epilepsie können die Wirkung anderer Medikamente und Hormone beeinflussen, u. a. für bestimmte Kontrazeptiva. Daher ist es für Frauen mit Epilepsie wichtig, sich in Bezug auf Methoden zur Schwangerschaftsverhütung von ihren Ärzt*innen entsprechend beraten zu lassen. Je nach Antiepileptikum ist ggf. eine erhöhte Dosis des Kontrazeptivums nötig, um den erwünschten Effekt zu erhalten. Hinsichtlich der übrigen Verhütungsmittel gelten dieselben Regeln wie für alle Frauen ohne Medikation gegen Epilepsie, die eine sichere Schwangerschaftsverhütung wünschen.
Orale Kontrazeptiva
Einige Antiepileptika stimulieren die Leber zu einer vermehrten Enzymproduktion. Eine entscheidende Aufgabe dieser Leberenzyme ist es, Medikamente im Körper abzubauen. Die Einnahme entsprechender Antiepileptika führt demnach zu einem schnelleren Abbau der Hormone in der Verhütungspille. Dies gilt insbesondere für die Östrogenkomponente, die in modernen Pillen gering gehalten ist. Dadurch kann es passieren, dass die dem Körper über die Pille zugeführte Menge an Östrogen im Endeffekt zu niedrig ist, um eine Befruchtung effektiv zu verhindern. Die andere hormonelle Komponente der Pille, das Gestagen, wird weniger stark durch die gleichzeitige Einnahme von Antiepileptika beeinflusst. Anzeichen eines Östrogenmangels können Zwischenblutungen sein. Sofern Sie Zwischenblutungen bei sich beobachten, sollten Sie sich von Ihren Ärzt*innen beraten lassen und entweder das Verhütungsmittel wechseln oder ein Hormonpräparat mit höherer Östrogenkonzentration wählen.
Zu den Antiepileptika, die die Wirkungsweise der Pille besonders stark beeinträchtigen, zählen z. B. Phenytoin, Carbamazepin und Phenobarbital, aber auch einige weitere Präparate. Manche Antiepileptika führen erst in recht hoher Dosierung zu Wechselwirkungen mit der Pille.
Einige Antiepileptika stimulieren die Enzymproduktion der Leber hingegen nicht und beeinträchtigen daher auch die Wirkungsweise hormoneller oder anderer Verhütungsmittel nicht. Bei wieder anderen ist eine solche Beeinflussung nur wenig wahrscheinlich.
Patientinnen, die Antiepileptika einnehmen, welche zu einer erhöhten Enzymproduktion in der Leber führen, sollten gegebenenfalls zu einem Verhütungspräparat mit höherem Östrogengehalt (z. B. 50 µg statt 30 µg Östrogen (Ethinylestradiol) wechseln. Entsprechende Pillen können unter bestimmten Voraussetzungen verschrieben werden.
Aufgrund der Vielzahl der Präparate gegen die unterschiedlichen Formen der Epilepsie ist es unbedingt zu empfehlen, dass betroffene junge Frauen sich in Bezug auf eine wirksame Verhütungsmethode von ihren Frauenärzt*innen und Neurolog*innen genau beraten lassen, damit eine sichere Verhütung gewährleistet ist. Besteht ein Kinderwunsch, ist es für Frauen mit Epilepsie wichtig, eine Schwangerschaft möglichst frühzeitig zu planen und die Medikamente ggf. anzupassen (Epilepsie und Schwangerschaft).
Unter Einnahme einer Pille ist auch die Wirksamkeit der Antiepileptika zu bedenken: Bei den meisten Wirkstoffen gegen Epilepsie besteht hier zwar kein Grund zur Sorge, bei einzelnen Präparaten jedoch können hormonelle Verhütungsmittel die Konzentration im Blut reduzieren. Das kann dazu führen, dass die antiepileptische Therapie nicht mehr so effektiv ist, d. h. es können unerwartet wieder Anfälle oder häufigere Krämpfe als zuvor auftreten. Auch in Bezug auf dieses Problem können Frauen sich von Neurolog*innen beraten lassen.
Bei vorschriftsgemäßer Anwendung stellen die Verhütungsspritze oder die Hormonspirale eine wirkungsvolle Alternative für die Pille für Frauen dar, die enzyminduzierende Antiepileptika einnehmen.
Minipille
In medizinischen Fachkreisen ist man sich mittlerweile einig, dass die Verhütungswirkung der Minipille bei gleichzeitiger Einnahme enzyminduzierender Antiepileptika sehr unsicher ist. Das Gleiche gilt für Gestagenimplantate. Die Schwangerschaftsverhütung mittels Hormonspirale oder Verhütungsspritze ist deutlich zuverlässiger.
Verhütungsspritze
Die 3-Monats-Spritze (Injektion von Gestagen) stellt eine Alternative zur Schwangerschaftsverhütung mittels Kontrazeptiva in Tablettenform dar. Diese Verhütungsmethode kann nach Absetzen der Behandlung zu unregelmäßigen Blutungen, Schmierblutungen oder zum Ausbleiben der Menstruation führen. Dies gilt allerdings nicht ausschließlich für Patientinnen mit Epilepsie.
Sollten Sie sich für diese Art der Verhütung entscheiden, kann es aufgrund der erhöhten Enzymproduktion in der Leber erforderlich sein, die Abstände zwischen den einzelnen Injektionen von den üblichen 12 auf 8–10 Wochen zu verkürzen.
Aufgrund des mit der Verhütungsspritze einhergehenden Osteoporoserisikos eignet sich diese Methode nicht für sehr junge Frauen und ebenfalls nicht für Frauen mit weiteren Risikofaktoren für Osteoporose.
Hormonspirale
Die Hormonspirale sondert Gestagen ab (ein progesteronähnliches Hormon). Dieses Hormon reagiert weniger stark als Östrogen auf die Veränderungen in der Enzymproduktion der Leber. Zudem ist seine Wirkung überwiegend lokal auf die Gebärmutter beschränkt. Expert*innen zufolge besteht kein Grund zur Annahme, dass die Anwendung der Hormonspirale sich bei Frauen mit Epilepsie auf die Anfallshäufigkeit auswirkt, die Verhütungswirkung ist überdies gewährleistet. Demnach besteht aktuell kein Anlass, betroffenen Patientinnen von der Hormonspirale abzuraten.
Verhütungsring
Der Verhütungsring sondert geringe Mengen an Östrogen und Gestagen in den weiblichen Körper ab. Zuverlässige Forschungsergebnisse zur Verhütungswirkung bei Frauen mit Epilepsie existieren hier nicht. Allerdings ist der Hormongehalt so gering, dass eine Beeinträchtigung der Verhütungswirkung bei gleichzeitiger Einnahme von enzyminduzierenden Antiepileptika nicht ausgeschlossen werden kann. Betroffenen Frauen wird daher von der Verwendung des Verhütungsrings abgeraten.
Verhütungspflaster
Der Verhütungspflaster sondert ebenfalls Östrogen und Gestagen in den weiblichen Körper ab. Zuverlässige Forschungsergebnisse zur Verhütungswirkung bei Frauen mit Epilepsie existieren auch hier nicht. Eine Beeinträchtigung der Verhütungswirkung bei gleichzeitiger Einnahme von enzyminduzierenden Antiepileptika kann nicht ausgeschlossen werden. Betroffenen Frauen wird daher ebenfalls von der Verwendung des Verhütungspflasters abgeraten.
Kupferspirale
Die Kupferspirale ist eine wirkungsvolle Alternative zur Schwangerschaftsverhütung, deren Wirkung durch keines der Medikamente gegen Epilepsie beeinflusst wird.
Die „Pille danach“
Auch die Wirkung der beiden auf dem Markt befindlichen „Pillen danach“ werden durch gewisse Antiepileptika beeinflusst. Dies gilt sowohl für die „Pille danach“ mit dem Wirkstoff Levonorgestrel als auch mit Ulipristalacetat. Ggf. kann eine Dosisanpassung erfolgen. Alternativ kann als Notfallverhütung nach ungeschütztem Geschlechtsverkehr die Kupferspirale als „Spirale danach“ eingesetzt werden.
Weitere Informationen
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- Erste Hilfe bei einem epileptischen Anfall
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- Epilepsie, Empfehlungen für Patient*innenen
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- Epilepsie, Führerschein und Berufswahl
- Epilepsie bei Kindern und Jugendlichen
- Epilepsie – Informationen für ärztliches Personal
Autor*innen
- Hannah Brand, Ärztin, Berlin
- Susanne Meinrenken, Dr. med., Bremen
- Julia Trifyllis, Dr. med., Fachärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe, Münster/W.