Akute interstitielle Nephritis
Die akute interstitielle Nephritis ist eine Entzündung der Niere, die überwiegend im Rahmen einer allergischen Reaktion auf Medikamente auftritt. Wird das auslösende Medikament nach Symptombeginn schnell abgesetzt, erholt sich die Niere bei den meisten Patient*innen vollständig. Als Komplikation gilt der Übergang von einer Nierenschwäche in ein Nierenversagen.
Was ist eine akute interstitielle Nephritis?
Definition
Eine akute interstitielle Nephritis ist eine Entzündung der Niere, die das Gewebe zwischen den Nierenkörperchen und -kanälchen (Interstitium) und meist auch die Tubuluszellen, die die Nierenkanälchen bilden, betrifft.
Die Erkrankung geht mit einer Verschlechterung der Nierenfunktion einher und kann zu einem akuten Nierenversagen führen.
Symptome
- Abgeschlagenheit
- Übelkeit und Erbrechen
- Bei etwa der Hälfte der Patient*innen ist die Urinausscheidung vermindert (Oligurie).
- Fieber tritt bei knapp 1/3 der Patient*innen auf.
- Etwa 15 % der Patient*innen entwickeln einen großflächigen Hautausschlag.
- Selten treten Gelenkschmerzen oder eine sichtbare Rotfärbung des Urins durch Blut auf.
Ursachen
Allergische Reaktion auf Medikamente
In den meisten Fällen (70–75 % der Patient*innen) entsteht eine akute interstitielle Nephritis im Rahmen einer allergischen Reaktion auf ein Medikament. Es sind zahlreiche Medikamente bekannt, die eine akute interstitielle Nephritis auslösen können. Am häufigsten handelt es sich um Antibiotika (30–50 % der Fälle), danach folgen Schmerzmittel (nichtsteroidale Antirheumatika, NSAR) und magensäurehemmende Arzneimittel (Protonenpumpeninhibitoren). Die Erkrankung ist nicht dosisabhängig und tritt im Durchschnitt 10–14 Tage nach der Einnahme des Medikaments auf. Abweichungen sind möglich und reichen von einem Tag nach der Einnahme eines Antibiotikums bis hin zu 18 Monaten nach der Einnahme eines NSAR.
Autoimmunerkrankungen und Infektionen
Bei 10–20 % der Patient*innen ist die akute interstitielle Nephritis die Folge einer entzündlichen Erkrankung, die den gesamten Körper betrifft (Systemerkrankung). Dazu gehören z. B. die Sarkoidose, das Sjögren-Syndrom und der systemische Lupus erythematodes (SLE).
Seltener werden Infektionen durch Bakterien, Viren, Pilze oder Parasiten zum Auslöser. Sie finden sich bei 4–10 % der Patient*innen.
Häufigkeit
Die genaue Häufigkeit ist nicht bekannt, da sich die Diagnose nur durch die Entnahme einer Gewebeprobe (Biopsie) stellen lässt. Im Fall eines akuten Nierenversagens findet sich bei bis zu 18 % der Patient*innen eine akute interstitielle Nephritis.
Untersuchungen
Zu Beginn der Untersuchung wird Ihre Ärztin/Ihr Arzt einige Fragen zu Ihren Beschwerden sowie möglichen eingenommenen Medikamente stellen. Anschließend folgen eine körperliche, eine Urin- und Blutuntersuchung, bei denen auf die typischen Anzeichen eines Nierenversagens geachtet wird.
Weitere Untersuchungen der Niere (Ultraschall oder ggf. die Entnahme einer Gewebeprobe) werden durch Spezialist*innen durchgeführt.
Behandlung
Das Ziel der Behandlung ist, das Fortschreiten der Erkrankung zu verhindern und die Nierenfunktion zu normalisieren. Wie dies gelingt, hängt von der auslösenden Ursache ab. Wurde die akute interstitielle Nephritis durch ein Medikament ausgelöst, ist das Stoppen der Einnahme, die wichtigste Maßnahme. Nehmen Sie mehrere Medikamente ein, werden diese nacheinander abgesetzt. Eine Ausnahme besteht, wenn das Nierenversagen schwer ist. In diesem Fall werden alle Medikamente gleichzeitig abgesetzt. Dringend notwendige Medikamente, mit denen eine schwere Grunderkrankung behandelt wird, werden erst abgesetzt, wenn es eine alternative Behandlungsmöglichkeit gibt und die akute interstitielle Nephritis eindeutig nachgewiesen wurde.
Bei den meisten Patient*innen erholt sich die Nierenfunktion nach dem Absetzen des auslösenden Medikamentes innerhalb von 3–7 Tagen. Sollte dies nicht der Fall sein, wird eine Entnahme einer Gewebeprobe und bei Bestätigung der Diagnose eine Behandlung mit entzündungshemmenden Medikamenten (Kortikosteroide) empfohlen. Bei starker Verschlechterung der Nierenfunktion kann eine Blutwäsche (Dialyse) notwendig werden.
Ist die akute interstitielle Nephritis Folge einer Infektion oder systemischen Erkrankung, richtet sich die Behandlung nach der zugrunde liegenden Ursache. Sollten Symptome wie Fieber oder Schmerzen bestehen, können diese mit Medikamenten gelindert werden.
Vorbeugung
Wurde die akute interstitielle Nephritis durch ein Medikament ausgelöst, sollten Sie dieses künftig nicht mehr einnehmen, da es bei den meisten Patient*innen zu einem schnellen Wiederauftreten der Erkrankung kommt. Es erfolgt eine Eintragung in den Allergiepass.
Prognose
Bei der Behandlung der akuten interstitiellen Nephritis ist der Faktor Zeit entscheidend. Je früher die Diagnose gestellt und je früher das auslösende Medikament abgesetzt bzw. die zugrunde liegende Erkrankung behandelt wird, desto besser ist die Prognose.
Patient*innen mit einer durch Medikamente verursachten akuten interstitiellen Nephritis können mit einer Erholung der Nierenfunktion rechnen, wenn das auslösende Medikament frühzeitig abgesetzt wurde. Oft ist diese Erholung allerdings unvollständig.
Etwa 40–60 % der Patient*innen entwickeln eine chronische Nierenschwäche. Weitere Komplikationen sind der Übergang der akuten Nephritis in eine chronische Nephritis sowie akutes Nierenversagen.
Weitere Informationen
- Akutes Nierenversagen
- Chronische Nierenkrankheit
- Akute interstitielle Nephritis – Informationen für ärztliches Personal
Autorin
- Carina Steyer, Medizinjournalistin, Wien
Literatur
Dieser Artikel basiert auf dem Fachartikel Interstitielle Nephritis, akute. Nachfolgend finden Sie die Literaturliste aus diesem Dokument.
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