Fraktur des Handgelenks
Ein Bruch des Handgelenks ist der am weitesten verbreitete Knochenbruch und kommt in allen Altersstufen vor.
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https://deximed.de/home/klinische-themen/orthopaedie/patienteninformationen/knochenbrueche/handgelenkfraktur/Was ist eine Fraktur des Handgelenks?
Definition
Der Unterarm besteht aus zwei Knochen: der Speiche (Radius) auf der Daumenseite und der Elle (Ulna) auf der Seite des kleinen Fingers. Diese beiden Knochen sind durch Bindegewebe fest miteinander verbunden (Syndesmose). Zusammen mit dem Oberarmknochen (Humerus) bilden diese Knochen das Ellbogengelenk, zusammen mit dem Handwurzelknochen das Handgelenk.
Ein Bruch im unteren Teil der Speiche, weniger als 3 cm vom Knochenende entfernt, wird in der Fachsprache distale Radiusfraktur genannt. Diese Art des Knochenbruchs kann dazu führen, dass sich die beiden Bruchenden auseinanderbewegen oder sich im Verhältnis zueinander verschieben. Am häufigsten ist das äußerste Bruchende nach hinten verschoben („dorsal“ zum Handrücken) – diese Art der Fraktur wird auch als Colles-Fraktur bezeichnet.
Symptome
Handgelenkfrakturen führen typischerweise zu akuten Schmerzen und einer sichtbaren Schwellung. Häufig kommt es auch zu einer Fehlstellung des Handgelenks. Je nach Unfallhergang können Blutergüsse oder offene Wunden auftreten.
Ursachen
Bei Patient*innen unter 40 Jahren sind die Ursachen für Handgelenkfrakturen meist sog. Hochenergie-Verletzungen wie Stürze und Verkehrsunfälle. Dabei sind etwas mehr Männer betroffen. Bei mehr als der Hälfte der Patient*innen kommt es dabei zu Verschiebungen der gebrochenen Knochenenden.
Bei Patient*innen über 40 Jahre liegen vor allem Niedrigenergie-Verletzungen, z. B. ein Sturz aus dem Stand, zugrunde. Hier sind deutlich mehr Frauen als Männer (Risiko 6,2-mal höher) betroffen, da auch Osteoporose im höheren Alter bei Frauen häufiger auftritt.
Häufigkeit
Ein Bruch des Handgelenks ist der am weitesten verbreitete Knochenbruch und kommt in allen Altersstufen vor. Frauen und besonders ältere Frauen sind öfter betroffen als Männer. Bei Frauen, die älter sind als 35 Jahre treten etwa 370 Fälle pro 100.000 Personen/Jahr auf, bei Männern 90–160 Fälle pro 100.000 Personen/Jahr.
Untersuchungen
- Die Patient*innen stützen sich bei einem Sturz in der Regel mit der Hand ab, häufig mit ausgestrecktem Arm und nach oben abgewinkeltem Handgelenk. Unmittelbar danach treten Schmerzen im Handgelenk auf. Dabei ist bei Rechtshänder*innen oft die rechte, bei Linkshänder*innen die linke Hand betroffen.
- Bei der Untersuchung sind Schwellungen, eventuell eine bläuliche Verfärbung, Schmerzen beim Bewegen in der Bruchspalte und eine Fehlstellung des Handgelenks feststellbar. Die lokalen Schmerzen werden durch Druck auf die Bruchspalte verschlimmert. Die Bewegung des Handgelenks schmerzt. Die Ärzt*innen untersuchen auch, ob eine Nervenverletzung vorliegt.
- Häufig besteht bei den meist weiblichen, älteren Patient*innen ein Karpaltunnelsyndrom, das durch eine Fehlstellung oder einen Bluterguss akut Beschwerden verursachen kann.
- Röntgenbilder bestätigen die Diagnose.
- Zum Erkennen von Fehlstellungen, zur Therapieplanung oder zum Nachweis von Bandverletzungen kann eine Untersuchung per Computertomografie erfolgen.
- Eine Fraktur des Handwurzelknochens kann per Magnetresonanztomografie nachgewiesen/ausgeschlossen werden.
Behandlung
- Die Behandlung hat zum Ziel, die Schmerzen zu lindern und den Knochenbruch in der optimalen Position zu halten, sodass er ohne Fehlstellung heilen kann, die Funktion wiederhergestellt wird und die Gefahr späterer Beschwerden reduziert wird.
- Ein Bruch oder Riss in einem Knochen, der ordnungsgemäß positioniert ist, braucht keine weitere Behandlung als einen Gips. Ein Knochenbruch des Handgelenks mit keiner oder minimaler Fehlstellung wird ebenfalls gegipst.
- Der Bruch muss ggf. zuerst in eine ideale Position gebracht werden. Dies erfolgt unter örtlicher Betäubung direkt in den Bruchspalt oder in die Nähe eines schmerzleitenden Nervengeflechtes. So werden Schmerzen vermieden, wenn die Bruchstelle in Position gezogen wird. Der Arm wird in einer neutralen Position mit einer Gipsschiene immobilisiert; Finger und Ellbogen sollen sich dabei frei bewegen können und die Schwellung ausreichend Platz haben.
- Der Gips wird etwa 4–6 Wochen getragen.
- Eine Operation ist erforderlich, wenn eine instabile Fraktur oder eine Fraktur des Handgelenks mit Fehlstellung vorliegt, der Bruch sich nach dem Richten in eine nicht zufriedenstellende Position verschiebt, nach der Einrichtung Durchblutungsstörungen auftreten, begleitende Weichteil-, Gefäß- und/oder Nervenverletzungen vorliegen oder komplexe Begleitverletzungen des Handgelenkes und der Handwurzel vorhanden sind.
- Die Gipsruhigstellung ist abhängig vom gewählten Verfahren, beträgt aber in der Regel 1–2 Wochen.
Was können Sie selbst tun?
- Es ist wichtig, dass die Finger während des Gipstragens viel bewegt werden. Nachdem der Gips entfernt wurde, ist es wichtig, dass der Arm wieder trainiert wird. Das Arbeiten mit den Händen ist dabei die beste Form der Übung. Wenn sich die Hand wieder bewegen lässt, kann man die Belastung nach und nach erhöhen.
- Wie bei der konservativen Behandlung sollte auch nach einer Operation die verletzte Extremität hochgelagert und gekühlt werden. Das frühzeitige Bewegen der Fingergelenke durch Streckung und vollständigen Faustschluss ist wichtig, um Funktionsstörungen der Hand zu vermeiden.
- Bei Schmerzen und Schwellungen in den Fingern ist umgehend eine ärztliche Kontrolle erforderlich.
- Bei einem engen Gips kann eine Handgelenkfraktur chronische Schmerzen in Arm und Hand verursachen, das sog. komplexe regionale Schmerzsyndrom (CRPS). Daher ist es wichtig, den Gips sofort kontrollieren zu lassen, wenn der Gips drückt und vermutet wird, dass er zu eng sitzt.
Prognose
- Die Prognose ist in der Regel gut, wenn der Bruch von Anfang an stabil ist bzw. gerichtet wird.
- Die meisten Patient*innen werden durch eine angemessene Behandlung wieder vollständig gesund. Nach etwa 2 Monaten sind die Beschwerden normalerweise größtenteils verschwunden. Patient*innen mit Restbeschwerden können erwarten, dass 6 Monate nach der Fraktur nur noch minimale Beschwerden auftreten.
- Ältere Patient*innen passen sich besser an die verbliebene Fehlstellung des Speichenknochens und die daraus folgende Funktionseinschränkung an.
- Mögliche Komplikationen sind Knochenfehlstellungen, Nervenschädigungen sowie das Kompartmentsyndrom mit Verletzungen von Muskeln und Sehnen in Arm und Hand.
- Vor allem für Frauen, nach Trümmerfrakturen oder nach Hochenergie-Verletzungen besteht ein erhöhtes Risiko für das komplexe regionale Schmerzsyndrom (CRPS).
- Bei einer sog. posttraumatischen Arthrose besteht die Gefahr anhaltender und chronischer Beschwerden mit Bewegungseinschränkungen und Schmerzen.
- Einige Wochen nach der Entfernung des Gipsverbands sollte es zu Fortschritten im Hinblick auf die Funktion und die Schmerzen gekommen sein. Ist dies nicht der Fall, kann eine Überweisung zur operierenden Einrichtung nötig sein.
- Die Funktionalität sollte am Tag nach der Repositionierung/dem Anlegen des Gipsverbandes untersucht werden.
Weitere Informationen
- Komplexes regionales Schmerzsyndrom (CRPS)
- Karpaltunnelsyndrom
- Distale Radiusfraktur – Informationen für ärztliches Personal
Autor
- Markus Plank, MSc BSc, Medizin- und Wissenschaftsjournalist, Wien
Quellen
Literatur
Dieser Artikel basiert auf dem Fachartikel Radiusfraktur, distale. Nachfolgend finden Sie die Literaturliste aus diesem Dokument.
- Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie. Distale Radiusfraktur. AWMF-Leitlinie Nr. 187-019, Stand 2021. www.awmf.org
- Thelen S, Grassmann JP, Jungbluth P, et al. Die distale Radiusfraktur. Der Chirurg 2018; 89: 798-812. link.springer.com
- Nelson DL. Distal radius fractures. Medscape, last updated Jul 11, 2022. emedicine.medscape.com
- Unglaub F, Langer MF, Hohendorff B, et al. Distale Radiusfraktur. Der Orthopäde 2017; 1: 93-109. www.springermedizin.de
- Handoll HHG, Elliott J. Rehabilitation for distal radial fractures in adults. Cochrane Database of Systematic Reviews 2015, Issue 9. Art. No.: CD003324. DOI: 10.1002/14651858.CD003324.pub3. DOI