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Angeborene Hüftgelenksdysplasie

Hüftdysplasie ist ein Oberbegriff für verschiedene Fehlbildungen der Hüfte und umfasst bei Säuglingen sowohl die Instabilität als auch die Ausrenkung (Luxation) des Hüftgelenks.

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Was ist eine Hüftgelenksdysplasie?

Definition

Hüftgelenksdysplasie ist ein Oberbegriff für verschiedene Fehlbildungen der Hüfte und umfasst bei Säuglingen sowohl die Instabilität als auch die Ausrenkung (Luxation) des Hüftgelenks. Die Fehlbildung ist normalerweise angeboren, kann sich aber auch noch nach der Geburt entwickeln.

Beim Hüftgelenk handelt es sich um ein Kugelgelenk: Dabei liegt der kugelige Hüftkopf (Caput femoris) in einer Vertiefung im Becken, die als Hüftpfanne (Azetabulum) bezeichnet wird. Die Dysplasie kann sich auf eine anomale Größe, Form, Ausrichtung oder Platzierung des Hüftkopfes, der Pfanne oder von beiden beziehen.

Symptome

Bei Neugeborenen zeigen sich zunächst keine Symptome. Wenn die Kinder zu laufen beginnen, kann Humpeln oder breitbeiniger Gang auf eine nicht entdeckte Dysplasie hinweisen.

Ursachen

Die Hüftgelenksdysplasie ist eine meist angeborene Fehlstellung der Hüfte, die familiär gehäuft auftritt und vererbt wird. Die linke Seite der Hüfte ist häufiger betroffen.

Weiterhin kommt die Fehlbildung bei Kindern, die in Beckenendlage geboren werden, häufiger vor. Die mechanische Belastung hierbei kann zu einer Hüftgelenksdysplasie führen. Mädchen sind deutlich häufiger betroffen als Jungen. Auch die ethnische Herkunft spielt eine Rolle, bei amerikanischen Ureinwohner*innen tritt die Hüftgelenksdysplasie besonders häufig auf. Als weiterer Risikofaktor gilt Pucken, eine spezielle Wickeltechnik, bei der Säuglinge in ein Tuch eingebunden werden.

Häufigkeit

In Mitteleuropa kommt eine Hüftdysplasie bei 2–4 % der Neugeborenen vor. Von einer Hüftluxation sind 0,5–1 % betroffen. Bei Mädchen tritt die Hüftdysplasie 4-mal häufiger auf als bei Jungen.

Untersuchungen

  • Alle Neugeborenen werden in den ersten Tagen nach der Geburt ärztlich untersucht. Dabei wird auch geprüft, ob das Hüftgelenk des Kindes instabil oder leicht ausrenkbar ist.
  • Unterschiedlich lange Oberschenkel und eine eingeschränkte Beweglichkeit des Hüftgelenks weisen auf eine Hüftgelenksdysplasie hin.
  • In der 4.–6. Lebenswoche wird die Hüfte im Rahmen der Kindervorsorgeuntersuchung U3 mit Ultraschall untersucht. Im Ultraschall ist erkennbar, ob das Hüftgelenk eine Instabilität oder anatomische Abweichungen aufweist.
  • Bei erhöhtem Risiko für eine Hüftgelenksdysplasie (z. B. Geburt aus Beckenendlage) soll die Ultraschalluntersuchung der Hüfte bereits bei der U2 erfolgen.
  • In seltenen Fällen wird die Hüftgelenksdysplasie erst zu einem späteren Zeitpunkt festgestellt. Betroffene Kinder haben häufig Schwierigkeiten beim Gehen. 
  • Bei Erwachsenen wird die Diagnose mit einer Röntgenuntersuchung oder MRT der Hüfte gestellt.

Behandlung

  • Das Ziel der Therapie ist, das Hüftgelenk so zu stabilisieren, dass es sich normal entwickelt. Dazu sollte die Behandlung so früh wie möglich begonnen werden.
  • Die Hüftgelenksdysplasie wird mit einer speziellen Hüftschiene oder -bandage behandelt, die die Beine in einer abgespreizten Stellung hält. Durch diese Maßnahme soll der Hüftkopf weit innen in der Hüftpfanne zentriert werden. Die Hüftpfanne passt sich dann mit zunehmendem Wachstum dem Hüftkopf an, wodurch die Hüftgelenksdysplasie behoben wird.
  • Die Schiene sollte so lange getragen werden, bis sich bei einer Kontrolluntersuchung im Ultraschall kein Hinweis auf eine Instabilität mehr zeigt. 
  • Wenn das Hüftgelenk ausgerenkt ist, wird es zunächst wieder in die richtige Lage gebracht und mit einem Becken-Bein-Gips oder einer Orthese ruhiggestellt.
  • Lässt sich das ausgerenkte Hüftgelenk nicht manuell in die richtige Stellung bringen, ist eine Operation erforderlich.

Vorbeugung

  • Die Verwendung von Tragetüchern, die ein Tragen des Kindes in Sitz-Hock-Stellung gewährleisten, wirkt vorbeugend.
  • Auf klassisches Pucken mit gestreckten Beinen sollte dagegen verzichtet werden.

Prognose

Wenn eine Instabilität bzw. Ausrenkung des Hüftgelenks bereits in den ersten Lebenswochen erkannt und frühzeitig behandelt wird, ist die Prognose sehr gut. In diesem Fall ist davon auszugehen, dass der Normalzustand der Hüfte hergestellt werden kann und zeitlebens erhalten bleibt.

Je später die Fehlbildung behandelt wird, desto größer ist das Risiko einer bleibenden Hüftdysplasie, die auch im Erwachsenenalter Beschwerden verursacht, u. a. durch vorzeitigen Verschleiß der Hüftgelenke (Hüftgelenksarthrose).

Weitere Informationen

Autorin

  • Martina Bujard, Wissenschaftsjournalistin, Wiesbaden

Quellen

Literatur

Dieser Artikel basiert auf dem Fachartikel Hüftgelenksdysplasie (DDH). Nachfolgend finden Sie die Literaturliste aus diesem Dokument.

  1. Tamai J. Developmental dysplasia of the hip. Medscape, last updated Apr 11, 2022. emedicine.medscape.com 
  2. Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie e.V. (DGOU). Hüftdysplasie. S2k, AWMF-Leitlinie Nr. 187-054. Stand 2021. www.awmf.org 
  3. Chiari C, Felsing C. Inzidenz, Biomechanik und Diagnostik der Hüftgelenkdysplasie. Arthroskopie 2022; 35: 3-11. link.springer.com 
  4. Kolb A, Windhager R, Chiari C. Kongenitale Hüftdysplasie, Screening und Therapie. Monatsschr Kinderheilkd (2016) 164: 323. doi:10.1007/s00112-016-0064-4. link.springer.com 
  5. Terjesen T, Horn J. Have Changes in Treatment of Late-detected Developmental Dysplasia of the Hip During the Last Decades Led to Better Radiographic Outcome?. Clin Orthop Relat Res 2016 May; 474(5): 1189-98. pmid:26290341 PubMed 
  6. Sankar WN, Young CR, Lin AG, et al. J Pediatr Orthop B 2011; 31(3): 232-9. www.ncbi.nlm.nih.gov