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Schizophrenie

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Was ist eine Schizophrenie?

Definition

Eine Schizophrenie (oder schizophrene Psychose) ist eine schwere psychische Störung, die gekennzeichnet ist durch folgende psychotische Symptome:

  • Halluzinationen
  • Wahnvorstellungen
  • Einschränkungen der geistigen Fähigkeiten (z. B. Verlangsamung im Denken, Veränderung der Wahrnehmung, herabgesetzte Handlungsplanung).

Sie führt in der Regel zu sozialem Rückzug und zu deutlichen Beeinträchtigungen in den sozialen Bereichen (Familie, Freizeit, Schule/Arbeit).

Symptome

Eine Schizophrenie entwickelt sich meist stufenweise. Zunächst haben erkrankte Personen keine Symptome. In der nächsten Phase folgen unspezifische (nichtpsychotische) Symptome, bevor dann die Psychose-Phase mit erkennbaren Psychose-Symptomen einsetzt.

Unbehandelt dauert eine Schizophrenie oft ein halbes bis 1 Jahr, bevor sie diagnostiziert wird. Eine skandinavische Studie hat gezeigt, dass es durch gezielte Früherkennung möglich ist, die Dauer einer unbehandelten Psychose auf bis zu 4 Wochen zu verkürzen.

Für die Diagnosestellung einer Schizophrenie müssen psychotische Symptome fast ständig für eine Dauer von mindestens 1 Monat deutlich vorhanden sein.

Symptome können sich folgendermaßen äußern:

  • Sog. Ich-Störungen (Störung im Erleben der Grenze zwischen Ich und Umwelt oder der Person als Einheit), dazu gehören:
    • Gedankenausbreitung und Gedankenlautwerden: Die an Schizophrenie erkrankte Person glaubt, dass andere Personen wissen was sie denkt oder dass diese sogar ihre Gedanken hören können.
    • Gedankeneingebung: Betroffene Personen erleben ihre Gedanken und Vorstellungen als beeinflusst, gemacht, gelenkt, gesteuert, eingegeben oder aufgedrängt.
    • Gedankenentzug: Gedanken werden von außen weggenommen oder „abgezogen“.
  • Kontroll- oder Beeinflussungswahn: Betroffene Personen haben das Gefühl, dass z. B. ihre  Körperbewegungen, Gedanken, Tätigkeiten oder Empfindungen von außen und speziell bei Ihnen gesteuert werden.
  • Wahnwahrnehmungen: Reale Sinneswahrnehmungen werden von betroffenen Personen meist auf sich bezogen fehlinterpretiert und erhalten eine abnorme Bedeutung (z. B. eine Bemerkung, ein Gespräch, eine Fernsehsendung wird als Zeichen oder Aufforderung bewertet).
  • Hören von Stimmen
    • Stimmen, die Kommentare abgeben.
    • Stimmen, die miteinander über die erkrankte Person diskutieren.
    • Stimmen, die von einem Körperteil ausgehen.
  • Anhaltende Halluzinationen
    • Stimmenhören, ohne dass tatsächlich jemand spricht.
    • Hören von Geräuschen, ohne dass diese in der Realität vorhanden sind (z. B. Musik, Stöhnen, Seufzen).
    • Optische Wahrnehmungen, ohne dass diese real vorliegen (z. B. Lichtblitze, Muster, Personen).
    • Wahrnehmung von Berührungen (z. B. eiskalte Hand auf der Haut) oder Körperbeeinflussungserlebnissen (z. B. elektrischer Strom, der durch den Körper fließt), ohne dass diese wirklich vorhanden sind.
  • Gedankenabreißen oder -einschiebungen in den Gedankenfluss, z. B.:
    • Neologismen (neue Wortschöpfungen)
    • Abbrechen der Rede und des Gedankengangs
    • unverständliche oder unzusammenhängende Rede.
  • Sog. katatone Symptome (ausgeprägte Störungen der Muskulatur, die Bewegungen steuert, die dem Willen unterworfen sind), z. B.:
    • Erregung, starke Unruhe
    • Verharren in bestimmten Haltungen, die durch außen nicht beeinflussbar sind (Katatonie).
    • Betroffene werden vollständig inaktiv und verharren wie versteinert in einer bestimmten Position (Stupor).
  • Sog. Negativsymptome, z. B.:
    • Apathie
    • Abflachen der Gefühle
    • Passivität, mangelnde Initiative und Interessen
    • sozialer Rückzug und Isolation
    • reduzierte sprachliche und nichtsprachliche Kommunikation (z. B. Gesten, Mimik).

Ursachen

Die Ursachen der Erkrankung sind bisher ungeklärt, wahrscheinlich beruht sie auf einem komplexen Zusammenspiel von erblichen Faktoren, Umweltfaktoren und Veränderungen im Hirnstoffwechsel. Die genetische Veranlagung spielt eine entscheidende Rolle. Wenn ein oder beide Elternteile oder (Zwillings-)Geschwister an Schizophrenie erkrankt sind, ist das Risiko, selbst an Schizophrenie zu erkranken, deutlich (15–40 %) erhöht; dies wird als Vulnerabilität oder Verletzlichkeit bezeichnet.

Um die Erkrankung aber tatsächlich zu entwickeln, muss zusätzlich ein gewisses Maß an Stress auf den Körper oder die Psyche der betroffenen Person einwirken. Stress kann in diesem Zusammenhang beispielsweise bedeuten: Schwangerschafts- und Geburtskomplikationen, Unter-/Mangelernährung, Drogenkonsum, sexueller Missbrauch.

Häufigkeit

Schizophrenie ist eine relativ seltene Erkrankung, von 100.000 Einw. erkranken jährlich im Durchschnitt etwa 15 Personen an einer Schizophrenie. Laut internationaler Studien wird bei ca. 3–5 Erwachsenen von 1.000 Einw. eine Schizophrenie und rund 1–2 von 100.000 Kindern/ Jugendlichen diagnostiziert.

Das Risiko einer bestimmten Person, im Laufe des Lebens an Schizophrenie zu erkranken, liegt in internationalen Studien bei 5–7 Personen pro 1.000 Einw.

In der Regel tritt die Erkrankung erstmals im Alter von 15–35 Jahren auf, das mittlere Erkrankungsalter liegt bei Männern bei ca. 22 Jahren und bei Frauen bei ca. 24 Jahren. Das Risiko, im Laufe eines Lebens an einer Schizophrenie zu erkranken, ist bei beiden Geschlechtern fast gleich, wobei bei Männern eine Schizophrenie im Schnitt 3–4 Jahre früher als bei Frauen diaganostiziert wird.

Untersuchungen

Anamnese

Anhand eines ausführlichen Gesprächs mit Betroffenen und ihren Angehörigen lassen sich Hinweise auf eine Schizophrenie-Erkrankung finden. Die behandelnden Ärzt*innen stellen u. U. folgende Fragen:

  • Haben Sie Dinge gehört oder gesehen, die Ihnen ungewöhnlich erscheinen oder die andere nicht sehen?
  • Hatten Sie seltsame Erlebnisse bezogen auf Ihren Körper: Sich gesteuert fühlen, elektrische Schläge bekommen oder Ähnliches?
  • Hatten Sie seltsame Geruchs- oder Geschmackserlebnisse?
  • Fühlen Sie sich überwacht, verfolgt oder gab es ungewöhnliche Ideen?
  • Haben Sie Probleme beim Denken?
  • Haben Sie gute Kontakte zu anderen Personen, sind Sie sozial integriert?
  • Gab es in der Vergangenheit Ereignisse, die Sie als besonders schwer beeinträchtigend (traumatisierend) empfunden haben?
  • Gibt es körperliche Erkrankungen?
  • Gibt es in der Familie Personen, die an Schizophrenie oder anderen psychischen Störungen erkrankt sind?

Körperliche Untersuchung

Um körperliche Ursachen (z. B. Drogenkonsum, Alkoholabhängigkeit, Hirntumor, Infektionen, Demenz), die zu einem Schizophrenie-ähnlichen Krankheitsbild führen können, auszuschließen, werden eine gründliche körperlich-neurologische Untersuchung sowie eine Blutuntersuchung (z. B. Blutbild, Entzündungswerte, Schilddrüsenwerte, Leberwerte, Drogen) und eine Urinuntersuchung vorgenommen.

Weitere Untersuchungen

Zusätzlich wird eine Magnetresonanztomografie (MRT) des Gehirns durchgeführt, dabei können beispielsweise ein Hirntumor oder Veränderungen, die für eine Demenz typisch sind, erkannt werden.

Zum Ausschluss einer Epilepsie und im Hinblick auf mögliche Medikamente kann ein EEG durchgeführt werden. Falls Medikamente eingesetzt werden sollen, wird zusätzlich ein EKG abgeleitet, da Antipsychotika häufig die Reizweiterleitung am Herzen verändern können.

Darüber hinaus kann in seltenen begründeten Fällen eine Untersuchung von Hirn- und Nervenwasser durchgeführt werden.

Überweisung zu Psychiater*innen

Bei Verdacht auf Schizophrenie/Psychose empfiehlt sich eine rasche Überweisung zur psychiatrischen Untersuchung und Behandlung bei Spezialist*innen (in der Regel Psychiater*innen). Dies ist umso bedeutender, je jünger erkrankte Personen sind.

Eine psychologische Testung kann sowohl zum Erheben eines aktuellen Befundes als auch zur weiteren Behandlungsplanung durchgeführt werden. Die Bereiche Aufmerksamkeit, Lernen/Gedächtnis, Handlungsfunktionen, soziale Fähigkeiten werden dabei oft unter Zuhilfenahme von Fragebögen untersucht.

Im höheren Lebensalter und bei einem entsprechenden Verdacht sollte auf eine möglicherweise bestehende oder sich entwickelnde Demenz untersucht werden.

Einweisung in ein Krankenhaus

Falls die Erkrankung so stark ausgeprägt ist, dass erkrankte Personen sich oder ihre Mitmenschen akut in Gefahr bringen, erfolgt eine freiwillige oder, wenn nötig, eine unfreiwillige Einweisung in ein psychiatrisches Krankenhaus zur weiteren Abklärung und Behandlung.

Behandlung

Allgemeines zur Behandlung

Die Behandlung einer Schizophrenie besteht immer aus mehreren Komponenten, die gemeinsam von Behandler*innen mit der betroffenen Person und möglichst einer nahestehenden Person zu einem Gesamtbehandlungsplan zusammengestellt werden sollten. Sie sollte möglichst frühzeitig begonnen werden. Der Therapieplan beinhaltet oft auch nichtmedizinische Ziele wie eine (betreute) Wohnung, Hygienemaßnahmen, eine sinnvolle Beschäftigung sowie ein soziales Netzwerk.

Medikamente

Ziele der medikamentösen Behandlung sind eine Reduktion der Symptome bei möglichst wenigen Nebenwirkungen und die Verhinderung eines Rückfalls. Nach einem ausführlichen Gespräch über mögliche Medikamente sollte sich die Entscheidung darüber vor allem an den individuellen Symptomen, Vorzügen und Erfahrungen der erkrankten Person orientieren. Wichtig ist dabei eine ausreichend lange Behandlung, da ein frühzeitiges Absetzen oft in einem Rückfall mündet und das Risiko, erneut zu erkranken, sogar längerfristig erhöht ist.

Neuroleptika

Zum Einsatz kommen sog. Antipsychotika (Neuroleptika) der 1. und 2. Generation. Sie unterscheiden sich kaum in ihrer antipsychotischen Wirkung und haben unterschiedliche Nebenwirkungen. Bei der Behandlung mit neueren Antipsychotika (der 2. Generation) besteht ein geringeres Risiko für neuromuskuläre Nebenwirkungen (z. B. Muskelkrämpfe) als bei den älteren Antipsychotika (der 1. Generation). Andere Nebenwirkungen (wie Gewichtszunahme, Stoffwechselstörungen, hormonelle Störungen und Herz-Kreislauf-Erkrankungen) können bei allen antipsychotischen Medikamenten auftreten. Daher werden regelmäßige Kontrolluntersuchungen empfohlen, um evtl. bestehende Symptome und Nebenwirkungen der Therapie zu überprüfen.

Benzodiazepine und Antidepressiva

Bei starker Erregung, Angst und innerer Unruhe können ergänzend zu Antipsychotika zeitlich befristet Benzodiazepine (z. B. Lorazepam) eingesetzt werden. Allerdings muss dies unter sorgfältiger Abwägung geschehen, da diese nach relativ kurzer Zeit abhängig machen können, vor allem wenn zusätzlich eine Suchterkrankung vorliegt.

Je nachdem, welche Symptome überwiegen (z. B. Passivität, mangelnde Initiative und Interessen), können ergänzend zur Behandlung mit Antipsychotika Antidepressiva eingesetzt werden.

Psychotherapie

Eine kognitive Verhaltenstherapie (KVT) wird meist parallel zu einer medikamentösen Behandlung eingesetzt. Die KVT bei Schizophrenie erfordert eine systematische Eins-zu-eins-Behandlung mit einer konstanten therapeutischen Beziehung über einen ausreichend langen Zeitraum.

Metakognitives Training

Das metakognitive Training, eine speziell auf die Psychose-Therapie ausgerichtete KVT-Variante, hat sich als wirksam erwiesen. Das Training zielt darauf ab, der betroffenen Person psychotische Denkverzerrungen bewusst zu machen und eine Verbindung zwischen ihren Gedanken, Gefühlen und Handlungen zu aktuellen oder früheren Symptomen herzustellen. Die Therapie zielt auch auf die Normalisierung und die Akzeptanz der Erkrankung ab.

Elektrokrampftherapie

Dieses Verfahren kann ergänzend zu einer medikamentösen Behandlung eingesetzt werden. Zunächst erfolgt eine sorgfältige Aufklärung über den zu erwartenden Nutzen sowie das Risiko von Komplikationen und Nebenwirkungen. Bei der EKT selbst wird das Gehirn in Kurznarkose durch Elektroden am Kopf einer Reihe von schnellen Stromimpulsen ausgesetzt. Dies sorgt für die Auslösung eines epilepsieähnlichen Zustandes und kann anschließend die Symptome einer Schizophrenie verbessern. Oft sind mehrere EKT-Sitzungen nötig, um dauerhaft eine Verbesserung zu erreichen.

Weitere mögliche Maßnahmen

  • Training sozialer Fertigkeiten
  • Ergotherapie
  • Physiotherapie
  • Körpertherapie und Sporttherapie
  • Künstlerische Therapien (z. B. Musiktherapie, Theatertherapie)
  • Rehabilitative und andere Integrationsmaßnahmen wie z. B. Wiedereingliederung am Arbeitsplatz.

Aufklärung betroffener Personen und ihrer Familie

Ein weiterer wichtiger Teil der Therapie ist die Aufklärung erkrankter Personen und ihrer Familien über die Krankheit und ihre Symptome sowie über den Umgang mit diesen und mit Rückfällen (Psychoedukation). Sinnvoll ist ebenso eine Schulung für verschiedene soziale Situationen. 

Was können Sie selbst tun?

  • Nehmen Sie Ihre Medikamente regelmäßig und dauerhaft ein und nehmen Sie bei auftretenden Nebenwirkungen rasch Kontakt zu Ihren Ärzt*innen auf.
  • Halten Sie die regelmäßig vereinbarten Arzttermine ein.
  • Erhöhen Sie Ihre Medikamente nicht eigenmächtig ohne ärztliche Rücksprache, es besteht die Gefahr, ein Malignes Neuroleptika-Syndrom zu entwickeln.
  • Setzen Sie Medikamente nicht eigenmächtig ab und reduzieren Sie nicht die Dosis, es besteht die Gefahr eines Rückfalls und einer dauerhaften Beeinträchtigung durch die Erkrankung.
  • Teilen Sie den Ärzt*innen Veränderungen Ihrer Lebensgewohnheiten mit (z. B. Änderung Ihres Kaffeekonsums/ beim Rauchen, besondere Stressfaktoren), diese können u. a. einen Einfluss auf die Wirksamkeit Ihrer Medikamente haben.
  • Versuchen Sie, sich gesund und ausgewogen zu ernähren, weil antipsychotische Medikamente tendenziell zu Gewichtszunahme und zu einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen führen.
  • Werden sie körperlich aktiv! Neben dem positiven Effekt auf Gewicht und Herz-Kreislauf-Funktion gibt es Anzeichen dafür, dass Sport und gesunde Ernährung die Symptome abmildern und die Lebensqualität bei Schizophrenie verbessern.

Prognose

Der Krankheitsverlauf variiert stark von Person zu Person, eine schwere chronische Erkrankung ist ebenso möglich wie vollständige Genesung. Etwa 25 % der erkrankten Menschen haben nur eine Krankheitsepisode mit guter Prognose, während es in 25 % der Fälle zu einem chronischen, lebenslangen Verlauf kommt. Die übrigen 50 % haben einen Verlauf, der zwischen diesen beiden Extremen liegt. 3/4 der erkrankten Personen erleben wiederkehrende Symptome und anhaltende Erwerbsunfähigkeit.

Es hat sich gezeigt, dass ein akuter Krankheitsbeginn eine bessere Prognose aufweist als eine allmählich einsetzende Erkrankung. Darüber hinaus ist es vermutlich ungünstig für die weitere Entwicklung, wenn der Zeitraum vom Beginn der psychotischen Symptome bis zur Behandlung sehr lange dauert.

Schizophrenie ist u. U. mit anderen Krankheiten verknüpft. So kann Drogenmissbrauch ein Problem sein, und die Betroffenen können andere psychische Störungen wie Angst, Depression und Schlaflosigkeit entwickeln. Das Risiko für Suizidversuch oder Suizid ist hoch, besonders zu Beginn der Erkrankung.

Wenn die Erkrankung unbehandelt bleibt, ist die Prognose ungünstig.

Selbsthilfegruppen

Weitere Informationen

Autorin

  • Catrin Grimm, Ärztin in Weiterbildung Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie, Klingenberg a. M.