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Mischkollagenose

Mischkollagenose wird im anglo-amerikanischen Sprachraum MCTD (Mixed Connective Tissue Disease) genannt. Es handelt sich dabei um eine Erkrankung des Bindegewebes (Kollagenose), die sich aus Elementen anderer Erkrankungen des Bindegewebes zusammensetzt, aber dennoch als eigene Krankheit gesehen werden muss.

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Was ist eine Mischkollagenose?

Definition

Die Erkrankung wird im anglo-amerikanischen Sprachraum Mixed Connective Tissue Disease genannt und ist eine Autoimmunerkrankung, die den ganzen Körper befällt. Nach dem Erstbeschreiber wird sie auch Sharp-Syndrom genannt.

Das Krankheitsbild zeigt klare Merkmale mehrerer bekannter entzündlich-rheumatischer Autoimmunkrankheiten: systemischer Lupus erythematodes (SLE), Polymyositis, systemische Sklerose (Sklerodermie) und rheumatoide Arthritis (Rheuma). Im Blut können außerdem bestimmte Antikörper nachgewiesen werden: U1-Ribonukleinprotein-Antikörpern (Anti-U1-RNP-AK).

Symptome

Die Zellen des Bindegewebes bilden viele neue kollagene Fasern, dadurch verliert das Bindegewebe an Elastizität und verhärtet sich. Daraus resultieren verschiedene Beschwerden.

Frühe Beschwerden umfassen Erschöpfung und Müdigkeit. Darüber hinaus erleben die meisten Patient*innen Schmerzen und Steifheit in Muskeln und Gelenken. Das Wachstum des Bindegewebes um die Blutgefäße führt zum Raynaud-Phänomen (schmerzhafte Reaktion mit Blaufärbung und danach Abblassen der Finger bei Kälte) bei fast allen Patient*innen.

Mit der Zeit entwickeln sich typischere Symptome wie Schwellungen der Hände und Entzündungen in verschiedenen Gelenken. Die Haut kann sich an den Fingern, im Gesicht und auf dem Oberkörper spannen. Kalkablagerungen in der Haut können als weiße Knötchen unter der Hautoberfläche sichtbar werden.

Es kann auch zu einem erhöhten Druck im Lungenkreislauf kommen, zu einer Beteiligung des Lungengewebes und zu einer Entzündung des Herzbeutels (Perikarditis).

Ursachen

Eine Mischkollagenose ist eine Autoimmunerkrankung mit unbekannter Ursache. Vermutlich ist eine bisher unbekannte Umweltbedingung Auslöser der Krankheit bei Personen, die eine genetische Veranlagung haben.

Häufigkeit

Die Erkrankung ist sehr selten. Es erkranken etwa 2–6 auf 100.000 Einw. Die Krankheit tritt ungefähr viermal häufiger bei Frauen als bei Männern auf. Eine Mischkollagenose kann in jedem Alter auftreten, in der Regel liegt der Krankheitsbeginn zwischen dem 15. und dem 35. Lebensjahr.

Untersuchungen

Die Schilderung der Krankengeschichte und eventuell der Familiengeschichte sowie die typischen körperlichen Befunde sind richtungsweisen für die Diagnose.

Blutuntersuchungen

Ein Kriterium ist ein hoher Gehalt des Antikörpers gegen U1-Ribonukleoproteine (U1-RNP-Antikörper). Darüber hinaus werden mehr als die Hälfte der Patient*innen positiv auf Rheuma getestet, und es werden beispielsweise Rheumafaktor (RF) und Antikörper gegen zyklisches zitrulliniertes Peptid (CCP-Antikörper) nachgewiesen.

Weitere Untersuchungen

Weitere wichtige Untersuchungen sind Röntgenaufnahmen oder Computertomografie der Lunge, Urintests, EKG und Ultraschall des Herzens, Spirometrie (Lungenfunktionsprüfung), MRT (Kernspin) oder Biopsie von Haut oder Muskel. Die Untersuchungen werden hauptsächlich von Rheumatolog*innen durchgeführt oder veranlasst.

Behandlung

Eine Mischkollagenose ist eine chronische Krankheit. Die Behandlung zielt darauf, die Krankheitsprozesse abzuschwächen, sodass sie nicht zu Komplikationen in den Organen führen. Es werden Medikamente für die Behandlung eingesetzt, die hemmend auf das Immunsystem wirken, wie Prednisolon, Azathioprin, Hydroxychloroquin.

Liegt ein Raynaud-Phänomen vor, können sog. Kalziumantagonisten verordnet werden, die gefäßerweiternd wirken. Bei einem erhöhten Blutdruck im Lungenkreislauf können verschiedene Medikamente eingesetzt werden (Endothelinatagonisten, Phosphodiesterase-5-Inhibitoren, Guanylatcyclase-Stimulatoren).

Prognose

Die Erkrankung verläuft oft milder als andere Kollagenosen. Die Prognose ist überwiegend günstig, die Lebenserwartung unterscheidet sich nicht wesentlich von der der Allgemeinbevölkerung.

Die Lebensqualität von Patient*innen, die an der Krankheit leiden, kann aufgrund von Schmerzen und verminderter Lebensenergie reduziert sein. Einige Patient*innen erleben auch Nebenwirkungen von Medikamenten, vor allem, wenn sie über einen langen Zeitraum hinweg eingenommen werden.

Die häufigsten Todesursachen als Folge der Krankheit sind schwere Komplikationen des Herzens und des Lungenkreislaufs.

Weitere Informationen

Autorin

  • Susanna Allahwerde, Fachärztin für Allgemeinmedizin, Berlin

Quellen

Literatur

Dieser Artikel basiert auf dem Fachartikel Sharp-Syndrom (MCTD). Nachfolgend finden Sie die Literaturliste aus diesem Dokument.

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