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Sommer, Hitze, Sonnenschein – was kann gefährlicher sein?

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Auch auf die Gefahr hin, dass ich mich wiederhole: Aus immer wieder aktuellem Anlass möchte ich erneut die gesundheitlichen Auswirkungen von Hitze zum Thema der Woche machen. Auch jetzt wird es in Deutschland phasenweise wieder sehr heiß. Im Deutschen Ärzteblatt  wurde eine Modellrechnung mit folgendem Ergebnis publiziert: In den Jahren 2018 bis 2020 sind Tausende ältere Menschen in Deutschland an den Folgen von Hitze verstorben. Im Jahr 2021 kam es nicht zu einer signifikanten hitzebedingten Übersterblichkeit. Dass das alles nichts Neues ist, können Sie unter anderem unserem Artikel Erkrankungen als Folge des Klimawandels und meinen Themen der Woche 2018-W31 Hitzewelle und Gesundheitsrisiken und 2020-W34 Gesundheitliche Risiken an heißen Tagen entnehmen. Trotzdem müssen wir weiterhin dringend darüber sprechen, wie gesundheitliche Risiken bei Hitze verringert werden können.

Bekanntermaßen sind ältere Menschen, Personen mit Vorerkrankungen, Schwangere, Säuglinge, Kleinkinder und Personen, die im Freien arbeiten oder Sport treiben bei Hitze besonders gefährdet. Was Sie Ihren Patient*innen zur Vorbeugung von Hitzeschäden während Hitzeperioden empfehlen können, steht in unserem Artikel Hitzeschäden: Lockere Kleidung fördert die Luftzirkulation. Helle Kleidung absorbiert weniger Wärme. Durch Nutzung eines Ventilators kann Verdunstung sowie Konvektion und dadurch Wärmeabgabe des Körpers unterstützen. Eine Anpassung der Medikation, z. B. Verringerung der Diuretika-Dosis, kann Flüssigkeitsverlust und Hitzeerkrankungen vorbeugen.

Außerdem ist empfehlenswert, für eine ausreichende Verdunkelung und Kühlung der Wohnung zu sorgen, lauwarme Fußbäder zu machen und/oder lauwarm zu duschen, natürlich ausreichend zu trinken und Salzverlust durch Verzehr salziger Lebensmittel auszugleichen, Aktivitäten im Freien auf eine kühlere Tageszeit zu verlegen und körperliche Anstrengungen zu vermeiden. Unser Artikel Hitzschlag, Akutbehandlung liefert wichtige Informationen zur Notfallbehandlung bei Hitzschlag.

Aber was ist mit uns? Wie können wir bei hohen Außentemperaturen unserer Arbeit nachgehen, und wie sollen sich unsere Kinder in der Schule konzentrieren? Alle Menschen, egal welchen Alters, sind bei Hitze weniger leistungsfähig. Es fällt schwer, sich zu konzentrieren, und es kommt schneller zur Ermüdung. Kinder, die jetzt schon Ferien haben, betrifft das momentan nicht, aber in einigen Bundesländern beginnen die Ferien erst Ende Juli. Am längsten müssen die Kinder in Bayern auf den Ferienbeginn am 1. August warten. Viele Kinder harren also noch ein paar Wochen in überhitzten Klassenzimmern aus. Die Diskussion über die Anschaffung von Ventilatoren für die Klassenzimmer an unserer Schule war jedenfalls noch frustrierender als die über die Bereitstellung von Luftfiltern gegen COVID-19. Über die Gewährung von „Hitzefrei“ entscheidet in vielen Bundesländern, auch in Bayern, die Schule. Verschiedene, zum Teil nicht ganz nachvollziehbare Gründe führen dazu, dass es trotz steigender Außentemperaturen sehr viel weniger Hitzefrei-Tage gibt als früher. Es bleibt also auch für Kinder nicht viel mehr, als die oben genannten Empfehlungen zur Vorbeugung von Hitzeschäden zu befolgen.

Wenn sie wirklich durchgesetzt werden, sind die Vorgaben zur Umgebungstemperatur für Berufstätige nach der Arbeitsstättenverordnung  klarer festgelegt als die Bedingungen für Schüler*innen. Bei einer Raumtemperatur über 26 Grad sollen Arbeitgeber*innen für Abkühlung sorgen, z. B. durch Jalousien. Bei über 30 Grad müssen die Belastungen durch Hitze weiter verringert werden, z. B. sollen Ventilatoren aufgestellt, kalte Getränke bereitgestellt und Gleitzeitregelungen ausgedehnt werden. In Räumen mit einer Temperatur über 35 Grad ist Arbeiten unzumutbar. Diese Regelungen gelten auch für Praxen. Ein grundsätzliches Recht auf „Hitzefrei“ bei bestimmten Temperaturen gibt es auch nicht für Arbeitnehmer*innen.

Welche Maßnahmen im Praxisalltag zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen bei Hitze beitragen können, habe ich im Thema der Woche 2021-W30 Was bedeutet eigentlich Klimaanpassung? dargestellt: Neben Kühlung der Räume und Bereitstellung von Getränken, kann beispielsweise der Tagesablauf angepasst und Sprechstunden in Morgen- und Abendstunden verlegt werden. Im Kleinen kann viel getan werden, um Hitze erträglicher und weniger schädlich zu machen. Was wir brauchen, ist aber auch eine Klimaanpassung im städtebaulichen Bereich: weniger Flächenversiegelung, mehr Grünflächen, mehr Bäume, mehr Kaltluftkorridore und mehr Wasserflächen.

Marlies Karsch, Chefredakteurin

 

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