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Souvenirs aus dem Schwimmbad

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Was kann man tun bei der Hitze? Natürlich: ins Schwimmbad gehen. Ich schwimme selbst fast jeden Tag in einem Münchner Schwimmbad. Es fällt mir auf, dass das Wasser an heißen Tagen, wenn viele Menschen schwimmen, besonders schmutzig ist. Die Verunreinigungen sind in Form von Schwebteilchen im Wasser sogar makroskopisch sichtbar, und das Wasser hat die gelbliche Farbe von sehr dünnem Kamillentee. Ich frage mich, was da im Wasser schwebt. Sind das zerfledderte Papiertaschentücher, Reste von gebrauchten Pflastern, kleine Haarknäuel oder gar Rotz? Möglicherweise ist von allem etwas dabei. Ich nehme meine Beobachtung zum Anlass, Ihnen unsere Artikel zu im Schwimmbad erworbenen Krankheitsbildern vorzustellen. Diese könnten derzeit nämlich gehäuft auftreten.

Am häufigsten ist die Tinea pedis, die 80 % der Bevölkerung betrifft. Menschen, die ohne Badeschlappen im Schwimmbad umherlaufen, sind dafür prädestiniert, sich oder andere anzustecken. Einige der Betroffenen suchen wegen einer Tinea pedis ihre Hausarztpraxis auf, obwohl Medikamente zur Lokalbehandlung frei verkäuflich sind. Offenbar herrscht oft Unkenntnis darüber, wie eine Fußpilzinfektion aussieht.

Ebenfalls ein häufiges Mitbringsel aus dem Schwimmbad sind Warzen an den Füßen. Verrucae vulgares werden durch verschiedene HPV-Genotypen verursacht. Ihre Therapie ist oft langwierig, und sie lassen sich ebenfalls durch das Tragen von Badelatschen im Schwimmbad verhindern. Dellwarzen oder Mollusca contagiosa treten bei Kindern, die oft schwimmen gehen, gehäuft auf. Für ihre Behandlung gibt es keine eindeutigen Empfehlungen. Kürettage, Anritzen und Exprimieren, Kryotherapie oder lokale Behandlung mit Kaliumhydroxid kommen in Betracht.

Als Schwimmbad-Konjunktivitis wird eine follikuläre Adenovirus-Konjunktivitis bezeichnet, die von Adenoviren vom Serotyp 3 verursacht wird. Diese virale Konjunktivitis ist häufig und hoch ansteckend. Strikte Händehygiene, Vermeidung von Hand-Augen-Kontakt sowie Isolierung Betroffener im Wartezimmer sind essenziell. Eine spezifische Therapie ist nicht möglich. Das Tragen einer Schwimmbrille im Schwimmbecken ist in jedem Fall empfehlenswert, um Kontakt mit Krankheitserregern im Wasser zu vermeiden. Besonders wichtig ist dies bei Kontaktlinsenträger*innen. Das Tragen von Kontaktlinsen im Schwimmbadwasser ist besonders ungünstig, weil sich gefährliche Erreger, wie Akanthamöben, im weichen Material von Kontaktlinsen ansiedeln könnten.

Eine Otitis externa heißt auch Badeotitis, da sie nach Schwimmbadbesuchen gehäuft auftritt. Sie ist in über 90 % der Fälle bakteriell bedingt, meist durch Staphylococcus aureus und Pseudomonas aeruginosa. Hier helfen antibiotikahaltige Ohrentropfen und in schweren Fällen mit Fieber und lokaler Ausbreitung eine systemische Antibiotikagabe. Auch Furunkel im Gehörgang können im Zusammenhang mit Schwimmbadbesuchen vorkommen. Diese sehr schmerzhafte Entzündung heilt meist spontan ab. Manchmal kann auch eine Stichinzision oder eine orale Antibiotikagabe erforderlich sein. Zur Prophylaxe von Ohrenentzündungen nach Kontakt mit Schwimmbeckenwasser ist es empfehlenswert, die Ohren trocken zu föhnen. Präventiv können essigsäurehaltige Ohrentropfen nach dem Schwimmen angewendet werden.

Lamblien können auch in Swimmingpools vorkommen, wenn eine Person, die Lamblien ausscheidet, ein Schwimmbecken benutzt. Lamblien werden durch Chlor nicht abgetötet. Diese Infektion kann sowohl aus dem Urlaub importiert als auch in Deutschland erworben werden. Das sogenannte Schwimmbadgranulom, eine atypische Mykobakteriose, die durch M. marinum verursacht wird, ist meist ein Urlaubsmitbringsel aus ungenügend gechlorten Pools. Sie äußert sich in kleineren Hautknoten, die in der Regel von selbst verschwinden. Normalerweise ist keine Behandlung erforderlich.

Viele Leute machen sich mehr Sorgen um eine Ansteckung mit COVID-19 bei einem Schwimmbadbesuch als um die oben aufgezählten Infektionen. Hier können wir die Patient*innen beruhigen: Eine Ansteckung mit COVID-19 ist unwahrscheinlich. Aber folgende Maßnahmen sind zu empfehlen: Badeschlappen tragen, Schwimmbrille benutzen (Kinder evtl. eine Taucherbrille), Ohren trocken halten oder föhnen, möglichst wenig Wasser schlucken und nach dem Baden duschen.

Marlies Karsch, Chefredakteurin

 

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