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FODMAP-arme Diäten – eine Modeerscheinung?

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„Ja, das hört man jetzt öfter. Das scheint eine neue Modeerscheinung zu sein“, bekam ich so oder ähnlich zu hören, als ich Bekannten oder Kolleg*innen vor Jahren von meiner neu diagnostizierten Laktoseintoleranz erzählte. Ich fand es damals eher nicht so schick und modisch, ständig von Bauchkrämpfen und Durchfällen geplagt zu sein, besonders wenn ich bei der Arbeit, im Restaurant, auf einem Konzert, einer Bergtour oder beim Elternabend war. Die Diagnose hat mich erleichtert und meine Lebensqualität erheblich verbessert.

So ging es auch zahlreichen Patient*innen, die sich mir mit unklaren Bauchschmerzen und Verdauungsbeschwerden vorstellten und denen die Diagnose „Laktoseintoleranz“ nach oft jahrelangem Leiden von einem Tag auf den anderen ein beschwerdefreies Leben ermöglichte. Ich erinnere mich dabei besonders an ein Mädchen, das mit Verdacht auf „Schulangst“ in die Sprechstunde kam. Jeden Morgen, bevor sie in die Schule gehen sollte, bekam sie starke Bauchkrämpfe und Durchfall. Die Frage nach dem Frühstück (unter der Woche Müsli, als Getränk ein Glas Milch) und ein Atemtest brachten die Lösung.

Unverträglichkeiten gegen Disaccharide oder Zuckeralkohole, wie Laktoseintoleranz, Fruktose-Malabsorption und Sorbit-Malabsorption, sind weit verbreitet und damit auch häufige Fragestellungen in der Hausarztpraxis. Bis zu 20 % der Menschen in Deutschland haben eine Laktoseintoleranz, bis zu 25 % eine Fruktose-Malabsorption und bis zu 12 % eine Sorbit-Unverträglichkeit. Überschneidungen und Kombinationen sind häufig. Bei unklaren chronischen abdominellen Beschwerden, sollte unbedingt auch an Unverträglichkeiten gedacht werden. Wir haben unsere Artikel Laktoseintoleranz sowie Fruktose- und Sorbitmalabsorption überarbeitet und aktualisiert.

Beim Reizdarmsyndrom empfehlen deutsche und internationale Leitlinienautor*innen eine FODMAP-arme Diät. FODMAP (= Fermentable Oligosaccharides, Disaccharides, Monosaccharides and Polyols) sind also durch Darmbakterien vergärbare Einfachzucker, Mehrfachzucker und Zuckeralkohole, die im Darm zusätzlich osmotisch wirksam sind. Laktose, Fruktose, Fruktane, Galaktane und Polyole gehören zu den FODMAP.

Laktose ist in Milch und nicht fermentierten Milchprodukten enthalten und Fruktose in Haushaltszucker, Süßgetränken, Fruchtsaft und vielen Obst- und Gemüsesorten. Reich an Fruktanen sind beispielsweise Weizen, Zwiebeln, Knoblauch, Gerste und verschiedene Kohlsorten. Galaktane sind vermehrt in Sojaprodukten und Hülsenfrüchten zu finden. Polyole, wie Xylit und Sorbit, kommen vor allem in zuckerfreien Lebensmitteln, Kern- und Steinobst, Trockenfrüchten sowie Zuckermais und Kaugummi vor.

Da eine Reduktion von FODMAP die Symptome bei Reizdarmsyndrom signifikant verbessern kann, stellen sich doch folgende Fragen: Leiden viele der Reizdarm-Betroffenen einfach nur an unterschiedlichen Kohlenhydratmalabsorptionen? Sind die bisherigen Überlegungen zu einer psychischen Ursache oder einer „Störung der Darm-Hirn-Achse“ neu zu überdenken?

Auch bei Fruchtzuckerunverträglichkeit wird von verschiedenen Autor*innen eine FODMAP-arme Diät empfohlen. Dies wird damit erklärt, dass FODMAP fermentierbar und osmotisch wirksam sind und so einen additiven Effekt auf die Beschwerden bei Fruktose-Malabsorption haben, die ebenfalls durch Vergärung, Gasbildung und osmotische Effekte ausgelöst sind. Betroffene mit Laktoseintoleranz und zusätzlichem Reizdarmsyndrom und/oder gleichzeitiger Fruktose-Malabsorption können ebenfalls von einer FODMAP-armen Ernährung profitieren.

Zur FODMAP-armen Ernährung kursieren unterschiedliche Listen im Internet. Auch die verschiedensten Bücher sind dazu erhältlich. Oft sind diese Quellen widersprüchlich und unvollständig. Es wird empfohlen, Ernährungsberater*innen hinzuzuziehen. Nach anfänglichem Verzicht auf FODMAP (Karenzphase), sollten vorsichtig nach und nach unterschiedliche FODMAP-haltige Nahrungsmittel wieder in den Speiseplan aufgenommen werden, um so die individuelle Verträglichkeit zu testen (Testphase). So kann einer Mangel- oder Fehlernährung vorgebeugt und eine vernünftige und im Alltag realisierbare Ernährung erreicht werden.

Marlies Karsch, Chefredakteurin

 

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