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Wer braucht schon verschiedene Asthma-Leitlinien?

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Unsere Artikel zum Thema Asthma basieren auf den gültigen Empfehlungen der Nationalen VersorgungsLeitlinie Asthma  (NVL) von 2020. Inzwischen gibt es einen neuen Pocket Guide  der Global Initiative for Asthma (GINA) von 2022 und eine neue Leitlinie  der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) von 2023. Die DGP-Leitlinie hat einen S2k-Status und bezieht sich in erster Linie auf die lungenfachärztliche Versorgung.

Wir haben die neuen Leitlinien in unseren Asthma-Artikeln berücksichtigt, damit unsere hausärztlich tätigen Leser*innen nachvollziehen können, warum Behandlungsempfehlungen aus pneumologischen Praxen zum Teil von dem abweichen, was in der NVL steht. Selbstverständlich ist für unseren hausärztlichen Bereich weiterhin die bis 2025 gültige NVL maßgeblich.

Im Wesentlichen gibt es keine großen Unterschiede zwischen den Kernempfehlungen von NVL, GINA und DGP. Wir haben Empfehlungen dieser Leitlinien, die von denen der NVL abweichen, in unseren Artikeln kursiv geschrieben und, wo nötig, mit Anmerkungen versehen. Das betrifft die Artikel Asthma, Asthmaanfall bei Erwachsenen, Akutbehandlung bei Asthmaanfall bei Erwachsenen, Asthma bei Kindern und Jugendlichen, Asthmaanfall bei Kindern und Jugendlichen und Akutbehandlung bei Asthmaanfall bei Kindern und Jugendlichen.

In der Leitlinie der DGP wird in der primären Asthmadiagnostik die in der Hausarztpraxis nicht verfügbare Messung des Stickstoffmonoxid in der Ausatemluft (FeNO) empfohlen, weil laut DGP so Betroffene identifiziert werden können, die besonders gut auf inhalative Kortikosteroide (ICS) ansprechen. In der NVL wird der Nutzen der FeNO-Messung als nicht ausreichend belegt angesehen. Außerdem empfiehlt die DGP-Leitlinie in der fachärztlichen Diagnostik, anders als die NVL, ein Thorax-Röntgen in zwei Ebenen und eine allergologische Stufendiagnostik bei jedem neu diagnostizierten Asthma. Laut NVL sind zur Diagnostik bei Asthma keine Laboruntersuchungen erforderlich. Die DGP dagegen hält die absolute Eosinophilenzahl für einen wichtigen Biomarker zur Einschätzung des Exazerbationsrisikos und des Ansprechens auf Biologika.

Von GINA und DGP heben bei der Therapie besonders hervor, dass Symptomprävention und Asthmaremission mit nachhaltigen und nebenwirkungsarmen Medikamenten einer Symptom-Bekämpfung mit kurzwirksamen und nebenwirkungsreichen Relievern vorzuziehen sei. Diese Empfehlung klingt sehr vernünftig.

Sowohl GINA als auch DGP empfehlen bei Erwachsenen in allen Therapiestufen bevorzugt den Einsatz einer Fixkombination aus inhalativem Kortikosteroid (ICS) und Formoterol als Bedarfsmedikation anstelle eines kurzwirksamen Beta-2-Sympathomimetikums (SABA). Die Fixkombination wird in der NVL als Alternative zu vorrangig genannten SABA empfohlen.

Die DGP legt den Schwerpunkt bei der pneumologisch-fachärztlichen Therapie von schwerem Asthma unter anderem auch auf Biologika: den Anti-IgE-Antikörper Omalizumab, den Anti-IL4-Rezeptor-Antikörper Dupilumab, die Anti-IL5-Antikörper Mepolizumab, Reslizumab und Benralizumab sowie den Anti-Thymus-Stroma-Lymphopoietin-Antikörper Tezepelumab.

Die Autor*innen der NVL empfehlen einen Therapieversuch mit Omalizumab bei schwerem IgE-vermitteltem Asthma. Die Behandlung ist sehr teuer und sollte von Pneumolog*innen verordnet werden. Eine Therapieversuch mit Dupilumab, Mepolizumab, Reslizumab oder Benralizumab sollte laut NVL bei schwerem eosinophilem Asthma erwogen werden. Tezepelumab war zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der NVL 2020 noch nicht auf dem Markt. In der atd Arzneimitteldatenbank  des arznei-telegramms wird Tezepelumab als „umstrittenes Therapieprinzip“ bewertet.

Die Diagnostik und Behandlung von Asthma sind komplex. Das Stufenschema in der NVL mit seinen unterschiedlichen Therapiealternativen ist schwer zu merken und gehört zu den Dingen, die die meisten von uns immer wieder nachschlagen müssen. Neuere und andere Leitlinien machen das Ganze nicht übersichtlicher. Wir hoffen, mit unserer Darstellung und der deutlichen Abgrenzung unterschiedlicher Leitlinieninhalte in den Asthmaartikeln dazu beizutragen, dass Sie auch bei diesem Thema den Überblick behalten.

Marlies Karsch (Chefredakteurin)

 

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