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Neues und Wissenswertes zu Kopfverletzungen

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Wir haben unsere Artikel Kopfverletzung, Kopfverletzung/Akutbehandlung, Schädel-Hirn-Trauma (SHT) und Glasgow Coma Scale (GCS) umfassend revidiert und aktualisiert. Dabei haben wir die aktuelle S3-Leitlinie Polytrauma/Schwerverletzten-Behandlung  sowie die aktuelle S2e-Leitlinie Schädel-Hirn-Trauma im Kindes- und Jugendalter  berücksichtigt. Unsere Artikel basieren auf aktueller Literatur und enthalten präzise Definitionen und Handlungsempfehlungen.

Zuerst stellen wir die Definitionen verschiedener Arten und Schweregrade von Kopfverletzungen klar: Ein SHT ist eine Funktionsstörung und/oder Verletzung des Gehirns als Folge von Gewalteinwirkung. Bei einer Schädelprellung dagegen kommt es zu keiner Funktionsstörung oder Verletzung des Gehirns.

Der Schweregrad eines SHT wird nach der GCS definiert. Ein leichtes SHT liegt bei einem Wert von 13–15 auf der GCS vor. Dies wurde früher als Gehirnerschütterung bezeichnet. Bei einem Wert von 9–12 auf der GCS handelt es sich um eine mittelschweres SHT und bei einem Wert von ≤ 8 um ein schweres SHT. Von einem geschlossenen SHT wird gesprochen, wenn die Hirnhäute nicht verletzt sind. Das heißt, auch bei einem Schädelbruch kann ein geschlossenes SHT bestehen. Bei einem offenen SHT liegt eine Verbindung zwischen dem Gehirn und der Außenseite des Schädels vor. Dies ist der Fall bei einer Verletzung von Schädelkalotte und Dura mater.

Das SHT ist die häufigste Todesursache in der Frühphase bei Polytrauma und die häufigste Todesursache bei Erwachsenen unter 45 Jahren. Von SHT jeder Schwere sind Männer doppelt so häufig betroffen wie Frauen. Der Häufigkeitsgipfel liegt bei Personen über 60 Jahren. Die Mortalität steigt mit dem Alter an. Bei Kindern unter 15 Jahren ist die Inzidenz eines SHT doppelt so hoch wie bei Erwachsenen. Die Verletzungen sind tendenziell leichter.

Primäre traumatische Hirnschädigungen umfassen, die direkte Verletzung von anatomischen Strukturen durch das Trauma, Coup und Contre-Coup (Akzelerations- und Dezelerationsverletzungen), diffuse axonale Schädigungen und Gefäßläsionen. Sekundäre traumatische Hirnschädigungen sind für einen Großteil der bleibenden Schäden verantwortlich und therapeutisch beeinflussbar. Dazu gehören beispielsweise Blutdruckabfall, Hypoxämie, eine gestörte vaskuläre Autoregulation sowie Mikrothrombosen.

Bei der (Fremd-) Anamnese soll unter anderem nach dem Unfallmechanismus und Risikofaktoren wie Antikoagulation gefragt werden. Bei der Erstuntersuchung sollen nicht nur die Vitalparameter kontrolliert werden, sondern auch ein Body-Check mit Suche nach Begleitverletzungen erfolgen. Bei Unfällen mit SHT sind Begleitverletzungen häufig. Wirbelsäulen- und Rückenmarksverletzungen liegen bei bis zu 22 % der SHT-Betroffenen vor, Verletzungen der oberen Extremitäten bei 23 % und Gesichtsverletzungen bei 18 %. Der Kopf soll vorsichtig auf Verletzungen untersucht werden, dabei ist besonders auf das Vorliegen einer Liquorrhö zu achten. Die Vigilanz wird anhand der GCS beurteilt. Wichtiges Einschätzungskriterium sind Form und Weite der Pupillen und die Pupillenreaktion. Klinische Befunde, Pupillenbefund und GCS sind im Verlauf wiederholt zu untersuchen und zu dokumentieren.

Zeichen einer lebensbedrohlichen Situation sind Pupillenerweiterung, gestörte Lichtreaktion, Hemiparese, Beuge- und Strecksynergismen sowie kardiopulmonale Instabilität. Eine notfallmäßige Klinikeinweisung ist indiziert bei Koma oder Bewusstseinstrübung, Amnesie, anderen neurologischen Störungen, Krampfanfall, Zeichen einer Schädelfraktur, V. a. penetrierende Verletzungen, V. a. Liquorfistel, Erbrechen, Gerinnungsstörung oder Antikoagulation. Bei Kindern kommen als Einweisungsindikationen noch starke andauernde Kopfschmerzen, ein V. a. Misshandlung und Verhaltensänderung hinzu.

Luftrettung soll bei Schwerverletzten als Transportmodus bevorzugt werden. Für den Transport soll die Halswirbelsäule immobilisiert werden, bis eine instabile Wirbelsäulenfraktur ausgeschlossen werden kann. Perforierende Objekte werden am Kopf belassen und herausgeschlagene Zähne feucht eingepackt und zur Replantation mitgenommen. Hier endet die Zuständigkeit der Primärversorgung, und Sie geben Ihre Patientin oder Ihren Patienten in kundige Hände ab.

Marlies Karsch (Chefredakteurin)

 

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