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DEGAM-Leitlinie „Erhöher TSH-Wert in der Hausarztpraxis“ – Was ist neu?

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Die DEGAM hat vor wenigen Wochen die neue Version ihrer S2k-Leitlinie „Erhöhter TSH-Wert in der Hausarztpraxis“  herausgegeben. Einige Empfehlung zu Diagnostik und Therapie wurden im Vergleich zur Vorversion relevant geändert oder spezifiziert. Wir haben die Änderungen in unserem Artikel Subklinische Hypothyreose und die in der Leitlinie angegebenen Grenzwerte für einen erhöhten TSH-Wert auch in unserem Laborartikel TSH berücksichtigt.

Bisher war laut Leitlinie ein TSH-Wert > 4,0 mU/l als erhöht definiert. Neuerdings wird der Grenzwert für ein erhöhtes TSH nach Altersgruppen festgelegt: In der Altersgruppe der 18- bis 70-Jährigen und für Schwangere liegt der Grenzwert weiterhin bei 4,0 mU/l. Bei Personen über 70 und bis 80 Jahre liegt ein erhöhter TSH-Wert erst bei > 5,0 mU/l vor, und bei über 80-Jährigen erst bei > 6,0 mU/l.

Grundsätzlich sollte laut Leitlinie bei asymptomatischen Erwachsenen und bei Frauen mit Kinderwunsch oder Schwangerschaft ohne bekannte Schilddrüsenerkrankung kein TSH-Screening erfolgen. Die Leitlinie verweist neuerdings darauf, dass nach einer Krankenhausentlassung der TSH-Wert vorübergehend erhöht sein kann, und empfiehlt in diesem Fall poststationär eine TSH-Kontrolle. Bei einer latenten Hypothyreose gibt die Leitlinie eine „kann“-Empfehlung für eine einmalige Bestimmung der TPO-Antikörper, auch bei Schwangeren. Eine Wiederholungsmessung sollte ebenso wenig erfolgen wie eine Messung der TPO-Antikörper bei normwertigem TSH. Von einer Routine-Sonografie der Schilddrüse bei erhöhtem TSH-Wert wird abgeraten.

Für die Indikation einer Hormonsubstitution bei latenter Hypothyreose bietet die Leitlinie nun differenziertere, vom Alter der Patient*innen und ihren Präferenzen abhängige Empfehlungen: Grundsätzlich sollte, unabhängig vom Alter, bei asymptomatischen Patient*innen mit einem TSH-Wert ≤ 10 mU/l keine Hormongabe erfolgen. Bei Patient*innen bis zu einem Alter von 75 Jahren sollte bei einem TSH-Wert > 10 mU/l eine Therapie eingeleitet werden. Bei einem TSH-Wert unter 20 mU/l kann bei entsprechendem Patientenwunsch und abhängig von der Symptomatik alternativ auf eine Therapie verzichtet werden. Hierzu ist selbstverständlich eine umfassende Aufklärung erforderlich. Bei über 75-Jährigen ist ein Therapieverzicht generell möglich bei einem TSH-Wert < 20 mU/l.

Zur Hormontherapie bei Schwangeren mit latenter Hypothyreose kann aufgrund der derzeitigen Datenlage keine Empfehlung gegeben werden, auch nicht bei einem bestimmten TPO-Antikörper-Wert. Schwangere mit vorbehandelter Hypothyreose sollen weiter substituiert werden. Während der Schwangerschaft soll eine durchgehend euthyreote Einstellung mit TSH-Werten zwischen 0,4 und 4,0 mU/l angestrebt werden. Während der Schwangerschaft sollte das TSH regelmäßig mindestens einmal pro Trimenon kontrolliert werden. 6 Wochen nach der Geburt sollte eine TSH-Kontrolle erfolgen.

Die übrigen Leitlinien-Empfehlungen haben sich nicht geändert. So sollte beispielsweise bei einem Erstbefund eines erhöhten TSH-Wertes ≤ 10,0 mU/l und unauffälliger Anamnese zunächst eine Wiederholungsmessung erfolgen. Eine weiterführende Diagnostik sollte bei Erstbefund eines erhöhten TSH-Wertes und auffälliger Anamnese unabhängig vom Ausmaß der TSH-Erhöhung erfolgen, bei unauffälliger Anamnese ab einem TSH > 10,0 mU/l. Zunächst sollte einmalig das fT4 bestimmt werden. In der Leitlinie wird lediglich von „auffälligen anamnestischen Befunden“ ohne weitere Spezifizierung gesprochen, da es keine spezifischen Symptome einer latenten Hypothyreose gibt. Bei manifester Hypothyreose sollte, auch bei Schwangeren, immer eine Therapie mit Levothyroxin als Mittel der Wahl erfolgen. Nach Beginn und jeder Veränderung der Levothyroxindosis sollte frühestens nach 8 Wochen eine Hormonkontrolle erfolgen. Bei etablierter Dosis reichen halbjährliche bis jährliche Kontrollen.

Viele Patient*innen mit latenter Hypothyreose, besonders auch Frauen mit Kinderwunsch sind verunsichert, weil sie widersprüchliche Angaben zur Schwere des Problems im Netz gelesen oder von Fachgebietsärzt*innen gehört haben. Mit den Empfehlungen diese Leitlinie haben Sie das Rüstzeug, um diese Patient*innen angemessen zu beraten, zu therapieren und vor Überdiagnostik zu schützen.

Marlies Karsch (Chefredakteurin)

 

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