Zum Hauptinhalt springen

Tiere, die keiner mag: Bettwanzen

Veröffentlicht:


Die Ausbreitung von Bettwanzen in Frankreich, aber auch in anderen Ländern, führte zu panikartigen Reaktionen und dramatisierender Berichterstattung in den Medien. Auf der anderen Seite war die Rede von einer „Bettwanzen-Hysterie“. Was ist dran an der ganzen Aufregung? Bestehen auch in Deutschland Gründe, sich vor einem Wanzenbefall zu fürchten? Damit Sie sich und Ihre Patient*innen gut informieren können, haben wir unseren Artikel Bettwanzen (Cimikose) aktualisiert.

Beim Googeln des Begriffs „Bettwanzen“ habe ich über 3 Millionen Treffer und stoße auf verschiedene Artikel von Herstellern von Insektiziden, mit Überschriften wie „Bettwanzen – die Checkliste“, „Spray gegen Bettwanzen“, „Bettwanzen – So bekämpfen Sie effektiv“ oder „Bettwanzen bekämpfen & loswerden“. Mit der neuen Angst vor Bettwanzen kann offenbar viel Geld verdient werden.

Zur angeblich übertriebenen Hysterie in Frankreich gibt es eine wirklich beunruhigende Zahl: Laut der französischen Agence nationale de sécurité sanitaire de l'alimentation, de l'environnement et du travail (Anses , Behörde für Ernährungs-, Umwelt- und Arbeitssicherheit) sind 11 % der französischen Wohnungen mit Bettwanzen befallen. Das Risiko, bei einem Übernachtungsbesuch der Kinder oder einer Einladung zum Abendessen bei Freunden in einer verwanzten Wohnung zu landen, liegt in Frankreich also bei über 1 : 10. Ich halte diese Zahl für enorm hoch und wäre vielleicht auch ein bisschen hysterisch, würde ich in Frankreich leben. Zum Befall in Hotels und Ferienwohnungen in Frankreich habe ich keine genauen Informationen gefunden. Es gibt wegen fehlender Meldepflicht zwar keine Zahlen für Deutschland, aber die dürften deutlich niedriger liegen. Laut Medienberichten  gibt es in Deutschland (noch) keine signifikante Zunahme von Bettwanzen.

Bettwanzen sind allerdings auch hierzulande keine Rarität. Sie können ein unerwünschtes Urlaubsmitbringsel sein oder auf Gebrauchtwaren in die Wohnung eingeschleppt werden. Deshalb ist eine gewisse Vorsicht zu empfehlen. Sind Bettwanzen erst einmal im eigenen Zuhause angekommen, ist es äußerst schwierig, sie wieder loszuwerden.

Bei Übernachtungen in Hotels und Ferienwohnungen ist es ratsam, eine kurze „Wanzensuche“ durchzuführen. Winzige schwarze punktförmige Kotspuren an Bett und Matratze, an Lichtschaltern, Wandverkleidungen oder Nachttischen können schnell entdeckt werden. In diesem Fall sollte ein anderes Zimmer verlangt werden. Da ein Wanzenbefall nicht sicher ausgeschlossen werden kann, sollten Gepäckstücke auf Reisen verschlossen und in größtmöglichem Abstand vom Bett aufbewahrt werden. Bei vermutetem Wanzenbefall einer Ferienunterkunft empfiehlt es sich, nach der Rückkehr das Gepäck in der Badewanne zu öffnen und auszupacken, damit fliehende Tiere entdeckt und mit Wasser weggespült werden können.

Gebrauchtwaren und Flohmarktkäufe sollten vor dem Kauf gründlich angesehen werden. Wird ein Befall erst in der eigenen Wohnung bemerkt, sollten die betroffenen Gegenstände fest verpackt und entsorgt werden. Kleinere Gegenstände, wie Bücher, können in fest geschlossenen Tüten im Gefrierfach bei –18 Grad für drei Tage aufbewahrt werden. Dadurch sterben die Wanzen ab.

Bei der Sanierung eines Bettwanzenbefalls soll eine professionelle Schädlingsbekämpfungsfirma hinzugezogen werden. Von einer Sanierung in Eigenregie mit im Internet frei verfügbaren Produkten rät das Umweltbundesamt  ab. Für die Entwesung können entweder Insektizide oder Wärme verwendet werden. Weil Wanzen in Verstecken überleben können und ihre Eier sehr widerstandsfähig sind, muss die Behandlung mehrmals durchgeführt werden. Sind bei einer Kontrolle nach zwei Wochen immer noch Wanzen nachweisbar, wird die Behandlung wiederholt. Sie wird erst beendet, wenn nach zwei Wochen keine Wanzen mehr nachweisbar sind.

Bettwanzen sind zwar unappetitlich und verursachen bei vielen Betroffenen stark juckende Hauteffloreszenzen. Aber sie übertragen keine Krankheitserreger und sind kein Zeichen mangelnder Hygiene. Sie kommen sozusagen „in den besten Familien“ vor. Wirklich unangenehm ist die Vorstellung, dass sie sich langfristig in der eigenen Wohnung einnisten, Schlafende in der Geborgenheit des eigenen Bettes attackieren und nur unter großem Aufwand bekämpft werden können. Ich verstehe das Unbehagen, das Reden, Lesen und Schreiben über Bettwanzen hervorruft, und verspüre jetzt einen unwiderstehlichen Drang, mich zu kratzen.

Marlies Karsch (Chefredakteurin)

 

Frühere Themen: